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Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752.

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Betrachtungen
lang an das Bett gehefftet, bis sie der Lut-
gardis
wieder zu speisen erlaubt. Ardias tr.
Catech. p.
3... Aus diesem müssen wir
schliessen, daß wir unserm liebwerthesten GOtt
nichts angenehmers erweisen können, als, wenn
wir ihne öffters nüssen; und, so wir uns aus
was immer vor einem Vorwand davon ent-
halten, geben wir Ursach, daß er billich mit
uns übel zufrieden seyn könne, und sich über so
undanckbare Unhöflichkeit gleichsam befremde.
Als einstens die Heil. Mechtildis von einer
sonst frommen Closter-Frau vernommen, daß
sie wegen der Nichtigkeit ihrer Person sich nicht
getraue, öffters zu dem Tisch des HErrn zu
gehen, batte Mechtildis für sie zu GOtt, er
möchte ihr doch diesen Irrwohn benehmen;
da vernahme sie dann, daß Christus diese Clo-
ster-Frau also anredete: Warum fliehest mich
Geliebte?
Diese Wort spricht er zu dir, o
Seel! wenn du dich lang von seinem Tisch
enthaltest: Warum fliehest du mich? Ich hät-
te zwar die gröste Ursach, dich wegen deinen
Fehlern zu verabscheuen; allein, ich thue es
nicht; und du bist hingegen so vermessen, daß
du mich fliehest, da ich doch dich einlade, und
dir nachfolge?

So ist es dann also eine ausgemachte Sach,
daß GOtt ein grosses Belieben ab jenen See-
len trage, welche sich öffters mit ihme durch-
und in seinem Allerheiligsten Leib vereinigen,
hingegen jene verabscheue, so sich so lang von

ihme

Betrachtungen
lang an das Bett gehefftet, bis ſie der Lut-
gardis
wieder zu ſpeiſen erlaubt. Ardias tr.
Catech. p.
3... Aus dieſem müſſen wir
ſchlieſſen, daß wir unſerm liebwertheſten GOtt
nichts angenehmers erweiſen können, als, wenn
wir ihne öffters nüſſen; und, ſo wir uns aus
was immer vor einem Vorwand davon ent-
halten, geben wir Urſach, daß er billich mit
uns übel zufrieden ſeyn könne, und ſich über ſo
undanckbare Unhöflichkeit gleichſam befremde.
Als einſtens die Heil. Mechtildis von einer
ſonſt frommen Cloſter-Frau vernommen, daß
ſie wegen der Nichtigkeit ihrer Perſon ſich nicht
getraue, öffters zu dem Tiſch des HErrn zu
gehen, batte Mechtildis für ſie zu GOtt, er
möchte ihr doch dieſen Irrwohn benehmen;
da vernahme ſie dann, daß Chriſtus dieſe Clo-
ſter-Frau alſo anredete: Warum flieheſt mich
Geliebte?
Dieſe Wort ſpricht er zu dir, o
Seel! wenn du dich lang von ſeinem Tiſch
enthalteſt: Warum flieheſt du mich? Ich hät-
te zwar die gröſte Urſach, dich wegen deinen
Fehlern zu verabſcheuen; allein, ich thue es
nicht; und du biſt hingegen ſo vermeſſen, daß
du mich flieheſt, da ich doch dich einlade, und
dir nachfolge?

So iſt es dann alſo eine ausgemachte Sach,
daß GOtt ein groſſes Belieben ab jenen See-
len trage, welche ſich öffters mit ihme durch-
und in ſeinem Allerheiligſten Leib vereinigen,
hingegen jene verabſcheue, ſo ſich ſo lang von

ihme
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[206/0243] Betrachtungen lang an das Bett gehefftet, bis ſie der Lut- gardis wieder zu ſpeiſen erlaubt. Ardias tr. Catech. p. 3... Aus dieſem müſſen wir ſchlieſſen, daß wir unſerm liebwertheſten GOtt nichts angenehmers erweiſen können, als, wenn wir ihne öffters nüſſen; und, ſo wir uns aus was immer vor einem Vorwand davon ent- halten, geben wir Urſach, daß er billich mit uns übel zufrieden ſeyn könne, und ſich über ſo undanckbare Unhöflichkeit gleichſam befremde. Als einſtens die Heil. Mechtildis von einer ſonſt frommen Cloſter-Frau vernommen, daß ſie wegen der Nichtigkeit ihrer Perſon ſich nicht getraue, öffters zu dem Tiſch des HErrn zu gehen, batte Mechtildis für ſie zu GOtt, er möchte ihr doch dieſen Irrwohn benehmen; da vernahme ſie dann, daß Chriſtus dieſe Clo- ſter-Frau alſo anredete: Warum flieheſt mich Geliebte? Dieſe Wort ſpricht er zu dir, o Seel! wenn du dich lang von ſeinem Tiſch enthalteſt: Warum flieheſt du mich? Ich hät- te zwar die gröſte Urſach, dich wegen deinen Fehlern zu verabſcheuen; allein, ich thue es nicht; und du biſt hingegen ſo vermeſſen, daß du mich flieheſt, da ich doch dich einlade, und dir nachfolge? So iſt es dann alſo eine ausgemachte Sach, daß GOtt ein groſſes Belieben ab jenen See- len trage, welche ſich öffters mit ihme durch- und in ſeinem Allerheiligſten Leib vereinigen, hingegen jene verabſcheue, ſo ſich ſo lang von ihme

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Zitationshilfe: Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/243>, abgerufen am 24.11.2024.