Sohn des Menschen wird in die Händ der Sünder übergeben werden.
II.
Begeht ein solcher gegen die Göttliche Güte die höchste Undanckbarkeit. Das letzte Zeichen, wohin eine teuflische Boßheit gelan- gen kan, ist, den Gutthäter in eben jenem Au- genblick beleydigen, in welchem er uns mit Gutthaten überhäufft. Die Undanckbarkeit wegen empfangen- und vergangenen Guttha- ten kan durch die Vergessenheit entschuldiget werden; jene wegen zukünfftigen durch die Un- wissenheit; allein die wegen gegenwärtigen kan nicht hinaus gebracht werden, und ist eine sol- che Boßheit, daß die Natur selbst nicht ge- wolt, daß die Kinder solche gegen ihre Müttern ausüben. Deßwegen sagt Philo, der Jud, wer- den die Kinder ohne Zähn gebohren; damit, da sie die Milch saugen, sie die Mutter-Brüst nicht verletzen, so sie nähren. Nun was grosse Gutthat erweißt GOtt jenen, die ihne empfan- gen? Er speißt sie mehr, als eine Mutter, mit seinem Fleisch, und träncket sie mit seinem Blut. Was noch mehr, er erhöht sie wegen der engen Vereinigung gleichsam zu was Gött- liches. Wie wird ihme aber diese Ehr-Bezeu- gung vergolten? der Mensch zeigt sich gegen diesem Gutthäter undanckbar; da er sich nicht scheut, selben GOtts-schänderischer Weis zu empfangen. Kan wohl eine gottlosere Boß- heit erdacht werden? Nur gar zu wahr ist der Spruch Eccles. am 49. Er wird bey uns
ein-
Von dem H. Altars-Sacrament.
Sohn des Menſchen wird in die Händ der Sünder übergeben werden.
II.
Begeht ein ſolcher gegen die Göttliche Güte die höchſte Undanckbarkeit. Das letzte Zeichen, wohin eine teufliſche Boßheit gelan- gen kan, iſt, den Gutthäter in eben jenem Au- genblick beleydigen, in welchem er uns mit Gutthaten überhäufft. Die Undanckbarkeit wegen empfangen- und vergangenen Guttha- ten kan durch die Vergeſſenheit entſchuldiget werden; jene wegen zukünfftigen durch die Un- wiſſenheit; allein die wegen gegenwärtigen kan nicht hinaus gebracht werden, und iſt eine ſol- che Boßheit, daß die Natur ſelbſt nicht ge- wolt, daß die Kinder ſolche gegen ihre Müttern ausüben. Deßwegen ſagt Philo, der Jud, wer- den die Kinder ohne Zähn gebohren; damit, da ſie die Milch ſaugen, ſie die Mutter-Brüſt nicht verletzen, ſo ſie nähren. Nun was groſſe Gutthat erweißt GOtt jenen, die ihne empfan- gen? Er ſpeißt ſie mehr, als eine Mutter, mit ſeinem Fleiſch, und träncket ſie mit ſeinem Blut. Was noch mehr, er erhöht ſie wegen der engen Vereinigung gleichſam zu was Gött- liches. Wie wird ihme aber dieſe Ehr-Bezeu- gung vergolten? der Menſch zeigt ſich gegen dieſem Gutthäter undanckbar; da er ſich nicht ſcheut, ſelben GOtts-ſchänderiſcher Weis zu empfangen. Kan wohl eine gottloſere Boß- heit erdacht werden? Nur gar zu wahr iſt der Spruch Eccleſ. am 49. Er wird bey uns
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Von dem H. Altars-Sacrament.
Sohn des Menſchen wird in die Händ der
Sünder übergeben werden.
II.
Begeht ein ſolcher gegen die Göttliche
Güte die höchſte Undanckbarkeit. Das letzte
Zeichen, wohin eine teufliſche Boßheit gelan-
gen kan, iſt, den Gutthäter in eben jenem Au-
genblick beleydigen, in welchem er uns mit
Gutthaten überhäufft. Die Undanckbarkeit
wegen empfangen- und vergangenen Guttha-
ten kan durch die Vergeſſenheit entſchuldiget
werden; jene wegen zukünfftigen durch die Un-
wiſſenheit; allein die wegen gegenwärtigen kan
nicht hinaus gebracht werden, und iſt eine ſol-
che Boßheit, daß die Natur ſelbſt nicht ge-
wolt, daß die Kinder ſolche gegen ihre Müttern
ausüben. Deßwegen ſagt Philo, der Jud, wer-
den die Kinder ohne Zähn gebohren; damit,
da ſie die Milch ſaugen, ſie die Mutter-Brüſt
nicht verletzen, ſo ſie nähren. Nun was groſſe
Gutthat erweißt GOtt jenen, die ihne empfan-
gen? Er ſpeißt ſie mehr, als eine Mutter, mit
ſeinem Fleiſch, und träncket ſie mit ſeinem
Blut. Was noch mehr, er erhöht ſie wegen
der engen Vereinigung gleichſam zu was Gött-
liches. Wie wird ihme aber dieſe Ehr-Bezeu-
gung vergolten? der Menſch zeigt ſich gegen
dieſem Gutthäter undanckbar; da er ſich nicht
ſcheut, ſelben GOtts-ſchänderiſcher Weis zu
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Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/228>, abgerufen am 24.11.2024.
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