seiner Erkenntnislehre in den Satz zusammengefasst: die Bedingungen der Erfahrung sind zugleich die Bedingungen der Gegenstände der Erfahrung -- womit er meinte, dass der Prozess, den wir Erfahrung nennen, und die Vorstellungen, die dessen Inhalte oder Gegenstände bilden, ebendenselben Gesetzen des Verstandes unterliegen. Die Gegenstände können deshalb in unsere Erfahrung eingehen, von uns erfahren werden, weil sie Vorstellungen in uns sind, und die gleiche Kraft, die die Erfahrung bildet und bestimmt, sich in der Bildung jener äussert. In demselben Sinne können wir hier sagen: die Möglichkeit der Wirtschaft ist zugleich die Möglichkeit der Gegen- stände der Wirtschaft. Eben der Vorgang zwischen zwei Eigentümern von Objekten (Substanzen, Arbeitskräften, Rechten, Mitteilbarkeiten jeder Art), der sie in die "Wirtschaft" genannte Beziehung bringt, nämlich die -- wechselseitige -- Hingabe, hebt zugleich jedes dieser Ob- jekte erst in die Kategorie des Wertes. Der Schwierigkeit, die von seiten der Logik drohte: dass die Werte doch erst dasein, als Werte dasein müssten, um in die Form und Bewegung der Wirtschaft einzu- treten, ist nun abgeholfen, und zwar durch die eingesehene Bedeutung jenes psychischen Verhältnisses, das wir als die Distanz zwischen uns und den Dingen bezeichneten; denn dieses differenziert den ursprüng- lichen subjektiven Gefühlszustand in das die Gefühle erst antizipierende, begehrende Subjekt und das ihm gegenüberstehende, nun in sich den Wert enthaltende Objekt -- während die Distanz ihrerseits auf dem Gebiete der Wirtschaft durch den Tausch, d. h. durch die zweiseitige Bewirkung von Schranken, Hemmung, Verzicht hergestellt wird. Die Werte der Wirtschaft erzeugen sich also in derselben Gegenseitigkeit und Relativität, in der die Wirtschaftlichkeit der Werte besteht.
Diese Überführung des wirtschaftlichen Wertbegriffes aus dem Charakter isolierender Substantialität in den lebendigen Prozess der Relation lässt sich weiterhin auf Grund derjenigen Momente erläutern, die man als die Konstituenten des Wertes anzusehen pflegt: Brauch- barkeit und Seltenheit. Die Brauchbarkeit erscheint hier als die erste, in der Verfassung der wirtschaftenden Subjekte begründete Bedingung, unter der allein ein Objekt für die Wirtschaft überhaupt in Frage kommen kann: gleichsam das Apriori derselben. Damit es zu einer konkreten Höhe des einzelnen Wertes komme, muss zu ihr die Selten- heit treten, als eine Bestimmtheit der Objektreihe selbst. Will man die Wirtschaftswerte durch Nachfrage und Angebot fixieren lassen, so entspräche die Nachfrage der Brauchbarkeit, das Angebot dem Selten- heitsmoment. Denn die Brauchbarkeit würde entscheiden, ob wir dem Gegenstande überhaupt nachfragen, die Seltenheit, welchen Preis wir
seiner Erkenntnislehre in den Satz zusammengefaſst: die Bedingungen der Erfahrung sind zugleich die Bedingungen der Gegenstände der Erfahrung — womit er meinte, daſs der Prozeſs, den wir Erfahrung nennen, und die Vorstellungen, die dessen Inhalte oder Gegenstände bilden, ebendenselben Gesetzen des Verstandes unterliegen. Die Gegenstände können deshalb in unsere Erfahrung eingehen, von uns erfahren werden, weil sie Vorstellungen in uns sind, und die gleiche Kraft, die die Erfahrung bildet und bestimmt, sich in der Bildung jener äuſsert. In demselben Sinne können wir hier sagen: die Möglichkeit der Wirtschaft ist zugleich die Möglichkeit der Gegen- stände der Wirtschaft. Eben der Vorgang zwischen zwei Eigentümern von Objekten (Substanzen, Arbeitskräften, Rechten, Mitteilbarkeiten jeder Art), der sie in die „Wirtschaft“ genannte Beziehung bringt, nämlich die — wechselseitige — Hingabe, hebt zugleich jedes dieser Ob- jekte erst in die Kategorie des Wertes. Der Schwierigkeit, die von seiten der Logik drohte: daſs die Werte doch erst dasein, als Werte dasein müſsten, um in die Form und Bewegung der Wirtschaft einzu- treten, ist nun abgeholfen, und zwar durch die eingesehene Bedeutung jenes psychischen Verhältnisses, das wir als die Distanz zwischen uns und den Dingen bezeichneten; denn dieses differenziert den ursprüng- lichen subjektiven Gefühlszustand in das die Gefühle erst antizipierende, begehrende Subjekt und das ihm gegenüberstehende, nun in sich den Wert enthaltende Objekt — während die Distanz ihrerseits auf dem Gebiete der Wirtschaft durch den Tausch, d. h. durch die zweiseitige Bewirkung von Schranken, Hemmung, Verzicht hergestellt wird. Die Werte der Wirtschaft erzeugen sich also in derselben Gegenseitigkeit und Relativität, in der die Wirtschaftlichkeit der Werte besteht.
Diese Überführung des wirtschaftlichen Wertbegriffes aus dem Charakter isolierender Substantialität in den lebendigen Prozeſs der Relation läſst sich weiterhin auf Grund derjenigen Momente erläutern, die man als die Konstituenten des Wertes anzusehen pflegt: Brauch- barkeit und Seltenheit. Die Brauchbarkeit erscheint hier als die erste, in der Verfassung der wirtschaftenden Subjekte begründete Bedingung, unter der allein ein Objekt für die Wirtschaft überhaupt in Frage kommen kann: gleichsam das Apriori derselben. Damit es zu einer konkreten Höhe des einzelnen Wertes komme, muſs zu ihr die Selten- heit treten, als eine Bestimmtheit der Objektreihe selbst. Will man die Wirtschaftswerte durch Nachfrage und Angebot fixieren lassen, so entspräche die Nachfrage der Brauchbarkeit, das Angebot dem Selten- heitsmoment. Denn die Brauchbarkeit würde entscheiden, ob wir dem Gegenstande überhaupt nachfragen, die Seltenheit, welchen Preis wir
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seiner Erkenntnislehre in den Satz zusammengefaſst: die Bedingungen
der Erfahrung sind zugleich die Bedingungen der Gegenstände der
Erfahrung — womit er meinte, daſs der Prozeſs, den wir Erfahrung
nennen, und die Vorstellungen, die dessen Inhalte oder Gegenstände
bilden, ebendenselben Gesetzen des Verstandes unterliegen. Die
Gegenstände können deshalb in unsere Erfahrung eingehen, von uns
erfahren werden, weil sie Vorstellungen in uns sind, und die gleiche
Kraft, die die Erfahrung bildet und bestimmt, sich in der Bildung
jener äuſsert. In demselben Sinne können wir hier sagen: die
Möglichkeit der Wirtschaft ist zugleich die Möglichkeit der Gegen-
stände der Wirtschaft. Eben der Vorgang zwischen zwei Eigentümern
von Objekten (Substanzen, Arbeitskräften, Rechten, Mitteilbarkeiten
jeder Art), der sie in die „Wirtschaft“ genannte Beziehung bringt,
nämlich die — wechselseitige — Hingabe, hebt zugleich jedes dieser Ob-
jekte erst in die Kategorie des Wertes. Der Schwierigkeit, die von
seiten der Logik drohte: daſs die Werte doch erst dasein, als Werte
dasein müſsten, um in die Form und Bewegung der Wirtschaft einzu-
treten, ist nun abgeholfen, und zwar durch die eingesehene Bedeutung
jenes psychischen Verhältnisses, das wir als die Distanz zwischen uns
und den Dingen bezeichneten; denn dieses differenziert den ursprüng-
lichen subjektiven Gefühlszustand in das die Gefühle erst antizipierende,
begehrende Subjekt und das ihm gegenüberstehende, nun in sich den
Wert enthaltende Objekt — während die Distanz ihrerseits auf dem
Gebiete der Wirtschaft durch den Tausch, d. h. durch die zweiseitige
Bewirkung von Schranken, Hemmung, Verzicht hergestellt wird. Die
Werte der Wirtschaft erzeugen sich also in derselben Gegenseitigkeit
und Relativität, in der die Wirtschaftlichkeit der Werte besteht.
Diese Überführung des wirtschaftlichen Wertbegriffes aus dem
Charakter isolierender Substantialität in den lebendigen Prozeſs der
Relation läſst sich weiterhin auf Grund derjenigen Momente erläutern,
die man als die Konstituenten des Wertes anzusehen pflegt: Brauch-
barkeit und Seltenheit. Die Brauchbarkeit erscheint hier als die erste,
in der Verfassung der wirtschaftenden Subjekte begründete Bedingung,
unter der allein ein Objekt für die Wirtschaft überhaupt in Frage
kommen kann: gleichsam das Apriori derselben. Damit es zu einer
konkreten Höhe des einzelnen Wertes komme, muſs zu ihr die Selten-
heit treten, als eine Bestimmtheit der Objektreihe selbst. Will man
die Wirtschaftswerte durch Nachfrage und Angebot fixieren lassen, so
entspräche die Nachfrage der Brauchbarkeit, das Angebot dem Selten-
heitsmoment. Denn die Brauchbarkeit würde entscheiden, ob wir dem
Gegenstande überhaupt nachfragen, die Seltenheit, welchen Preis wir
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/68>, abgerufen am 25.11.2024.
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