der Frauenkauf es zu sinnenfälligem und eindringlichem Ausdruck ge- bracht hat: die Frauen sind etwas wert -- und zwar in dem psycho- logischen Zusammenhange, dass man nicht nur für sie bezahlt, weil sie etwas wert sind, sondern dass sie etwas wert sind, weil man für sie be- zahlt hat. Deshalb ist es verständlich, wenn bei gewissen amerika- nischen Stämmen das Fortgeben eines Mädchens ohne Preis als eine starke Herabminderung ihrer und ihrer ganzen Familie angesehen wird, so dass selbst ihre Kinder für nichts Besseres als Bastarde gehalten werden.
Und wenn der Frauenkauf auch immer eine polygamische Ten- denz und schon insoweit eine Deklassierung der Frauen einschliesst, so steckt andrerseits doch grade die Notwendigkeit des Geldaufwandes jenen Neigungen meistenteils eine Grenze. Von dem heidnischen Dänenkönig Frotho wird berichtet, er habe den besiegten Ruthenen durch Gesetz jede andere Ehe, als die durch Kauf der Weiber ge- schlossene, verboten; damit habe er den herrschenden laxen Sitten einen Riegel vorschieben wollen, da er in dem Kaufe eine Bürgschaft der Beständigkeit erblickt habe. Auf dem Umwege also, dass er die polygynischen Instinkte, denen er prinzipiell nahesteht, dennoch not- gedrungen zurückdämmt, muss der Kauf zu einer Höherschätzung der einen Frau, die man besitzt, führen. Denn, wie es entsprechend die Folge des unmittelbaren Kostenaufwandes ist: die Beständig- keit ist nicht nur die Folge der Schätzung der Frau, sondern auch umgekehrt diese letztere die Folge einer auf irgend anderem Wege hervorgebrachten Beständigkeit. Es ist dabei von grösster Wichtigkeit, dass die Verschiedenheit der Preise -- sowohl der sozial fixierten, wie der durch individuellen Handel zustande kommenden -- zum Ausdruck bringt, dass die Frauen an Wert verschieden sind. Von den Kafferfrauen wird berichtet, dass sie ihr Verkauftwerden durch- aus nicht als Entwürdigung empfinden, das Mädchen sei im Gegenteile stolz darauf und je mehr Ochsen oder Kühe sie gekostet hat, um so mehr halte sie sich wert. Man wird vielfach bemerken, dass eine Kategorie von Objekten ein entschiedeneres Wertbewusstsein dann er- wirbt, wenn jedes einzelne besonders gewertet werden muss und starke Unterschiede des Preises die Thatsache des Wertes immer neu und scharf empfinden lassen; während allerdings auf anderen Wertungs- stufen, wie sich gelegentlich des Wergeldes ergab, grade die Gleich- heit der Entschädigung die objektive Bedeutung des Gegenwertes auf- wachsen lässt. So enthält der Frauenkauf ein erstes, freilich äusserst rohes Mittel, den individuellen Wert der einzelnen Frau und -- ver- möge jener psychologischen Regel der Werte -- auch den Wert der
der Frauenkauf es zu sinnenfälligem und eindringlichem Ausdruck ge- bracht hat: die Frauen sind etwas wert — und zwar in dem psycho- logischen Zusammenhange, daſs man nicht nur für sie bezahlt, weil sie etwas wert sind, sondern daſs sie etwas wert sind, weil man für sie be- zahlt hat. Deshalb ist es verständlich, wenn bei gewissen amerika- nischen Stämmen das Fortgeben eines Mädchens ohne Preis als eine starke Herabminderung ihrer und ihrer ganzen Familie angesehen wird, so daſs selbst ihre Kinder für nichts Besseres als Bastarde gehalten werden.
Und wenn der Frauenkauf auch immer eine polygamische Ten- denz und schon insoweit eine Deklassierung der Frauen einschlieſst, so steckt andrerseits doch grade die Notwendigkeit des Geldaufwandes jenen Neigungen meistenteils eine Grenze. Von dem heidnischen Dänenkönig Frotho wird berichtet, er habe den besiegten Ruthenen durch Gesetz jede andere Ehe, als die durch Kauf der Weiber ge- schlossene, verboten; damit habe er den herrschenden laxen Sitten einen Riegel vorschieben wollen, da er in dem Kaufe eine Bürgschaft der Beständigkeit erblickt habe. Auf dem Umwege also, daſs er die polygynischen Instinkte, denen er prinzipiell nahesteht, dennoch not- gedrungen zurückdämmt, muſs der Kauf zu einer Höherschätzung der einen Frau, die man besitzt, führen. Denn, wie es entsprechend die Folge des unmittelbaren Kostenaufwandes ist: die Beständig- keit ist nicht nur die Folge der Schätzung der Frau, sondern auch umgekehrt diese letztere die Folge einer auf irgend anderem Wege hervorgebrachten Beständigkeit. Es ist dabei von gröſster Wichtigkeit, daſs die Verschiedenheit der Preise — sowohl der sozial fixierten, wie der durch individuellen Handel zustande kommenden — zum Ausdruck bringt, daſs die Frauen an Wert verschieden sind. Von den Kafferfrauen wird berichtet, daſs sie ihr Verkauftwerden durch- aus nicht als Entwürdigung empfinden, das Mädchen sei im Gegenteile stolz darauf und je mehr Ochsen oder Kühe sie gekostet hat, um so mehr halte sie sich wert. Man wird vielfach bemerken, daſs eine Kategorie von Objekten ein entschiedeneres Wertbewuſstsein dann er- wirbt, wenn jedes einzelne besonders gewertet werden muſs und starke Unterschiede des Preises die Thatsache des Wertes immer neu und scharf empfinden lassen; während allerdings auf anderen Wertungs- stufen, wie sich gelegentlich des Wergeldes ergab, grade die Gleich- heit der Entschädigung die objektive Bedeutung des Gegenwertes auf- wachsen läſst. So enthält der Frauenkauf ein erstes, freilich äuſserst rohes Mittel, den individuellen Wert der einzelnen Frau und — ver- möge jener psychologischen Regel der Werte — auch den Wert der
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der Frauenkauf es zu sinnenfälligem und eindringlichem Ausdruck ge-
bracht hat: die Frauen sind etwas wert — und zwar in dem psycho-
logischen Zusammenhange, daſs man nicht nur für sie bezahlt, weil sie
etwas wert sind, sondern daſs sie etwas wert sind, weil man für sie be-
zahlt hat. Deshalb ist es verständlich, wenn bei gewissen amerika-
nischen Stämmen das Fortgeben eines Mädchens ohne Preis als eine
starke Herabminderung ihrer und ihrer ganzen Familie angesehen wird,
so daſs selbst ihre Kinder für nichts Besseres als Bastarde gehalten
werden.
Und wenn der Frauenkauf auch immer eine polygamische Ten-
denz und schon insoweit eine Deklassierung der Frauen einschlieſst,
so steckt andrerseits doch grade die Notwendigkeit des Geldaufwandes
jenen Neigungen meistenteils eine Grenze. Von dem heidnischen
Dänenkönig Frotho wird berichtet, er habe den besiegten Ruthenen
durch Gesetz jede andere Ehe, als die durch Kauf der Weiber ge-
schlossene, verboten; damit habe er den herrschenden laxen Sitten
einen Riegel vorschieben wollen, da er in dem Kaufe eine Bürgschaft
der Beständigkeit erblickt habe. Auf dem Umwege also, daſs er die
polygynischen Instinkte, denen er prinzipiell nahesteht, dennoch not-
gedrungen zurückdämmt, muſs der Kauf zu einer Höherschätzung
der einen Frau, die man besitzt, führen. Denn, wie es entsprechend
die Folge des unmittelbaren Kostenaufwandes ist: die Beständig-
keit ist nicht nur die Folge der Schätzung der Frau, sondern
auch umgekehrt diese letztere die Folge einer auf irgend anderem
Wege hervorgebrachten Beständigkeit. Es ist dabei von gröſster
Wichtigkeit, daſs die Verschiedenheit der Preise — sowohl der sozial
fixierten, wie der durch individuellen Handel zustande kommenden —
zum Ausdruck bringt, daſs die Frauen an Wert verschieden sind.
Von den Kafferfrauen wird berichtet, daſs sie ihr Verkauftwerden durch-
aus nicht als Entwürdigung empfinden, das Mädchen sei im Gegenteile
stolz darauf und je mehr Ochsen oder Kühe sie gekostet hat, um so
mehr halte sie sich wert. Man wird vielfach bemerken, daſs eine
Kategorie von Objekten ein entschiedeneres Wertbewuſstsein dann er-
wirbt, wenn jedes einzelne besonders gewertet werden muſs und starke
Unterschiede des Preises die Thatsache des Wertes immer neu und
scharf empfinden lassen; während allerdings auf anderen Wertungs-
stufen, wie sich gelegentlich des Wergeldes ergab, grade die Gleich-
heit der Entschädigung die objektive Bedeutung des Gegenwertes auf-
wachsen läſst. So enthält der Frauenkauf ein erstes, freilich äuſserst
rohes Mittel, den individuellen Wert der einzelnen Frau und — ver-
möge jener psychologischen Regel der Werte — auch den Wert der
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/410>, abgerufen am 22.11.2024.
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