sönlichkeit als völlig selbständige hervortreten lässt. In der Urzeit hatte die Personalität die dinglichen Beziehungen überdeckt und ver- schlungen, in der Patrimonialzeit diese umgekehrt jene. Die Geld- wirtschaft differenziert beides, Sachlichkeit bezw. Besitz und Persönlich- keit werden gegeneinander selbständig. Die Aufgipfelung, die dieser formale Prozess am Gelde selbst erlebt, kann nicht schärfer als durch den Ausdruck der ausgebildetsten Geldwirtschaft bezeichnet werden: dass das Geld "arbeitet", d. h. seine Funktionen nach Kräften und Normen übt, die mit denen seiner Besitzer keineswegs identisch, sondern von diesen relativ unabhängig sind. Wenn Freiheit bedeutet, nur den Gesetzen des eignen Wesens zu gehorchen, so giebt die durch die Geld- form des Ertrages ermöglichte Entfernung zwischen Besitz und Besitzer beiden eine sonst unerhörte Freiheit: die Arbeitsteilung zwischen der Sub- jektivität und den Normen der Sache wird eine vollkommene, jedes hat nun seine Aufgaben, wie sie sich aus seinem Wesen ergeben, für sich zu lösen, in Freiheit von der Bedingtheit durch das ihm innerlich fremde andere.
Diese Differenzierung durch das Geld und diese individuelle Freiheit durch die Differenzierung betrifft aber nicht nur den Rentenempfänger; das Arbeitsverhältnis entwickelt Ansätze, freilich schwerer erkennbare, in der gleichen Richtung. Die ökonomische Organisation der früheren Jahrhunderte, jetzt die zurückgebliebenen Formen derselben, Hand- werk und Kleinhandel, ruhen auf dem Verhältnis persönlicher Unter- ordnung des Gesellen unter den Meister, des Angestellten unter den Ladenbesitzer u. s. w. Auf diesen Stufen vollzieht sich die Wirtschaft durch ein Zusammenwirken von Faktoren, das durchaus persönlich- unmittelbarer Natur ist und in jedem einzelnen Fall im Geiste der leitenden Persönlichkeit und mit Unterordnung der übrigen unter deren Subjektivität verläuft. Dieses Verhältnis nimmt einen andern Charakter an durch das steigende Übergewicht der objektiven und technischen Elemente über die personalen. Der Leiter der Produktion und der niedrigere Arbeiter, der Direktor und der Verkäufer im grossen Magazin, sind nun gleichmässig einem objektiven Zweck unterthan, und erst innerhalb dieses gemeinsamen Verhältnisses besteht die Unterordnung fort als technische Notwendigkeit, in der die Anforderungen der Sache, der Produktion als eines objektiven Prozesses zum Ausdruck kommen. Wenn nun auch dieses Verhältnis nach manchen persönlich sehr empfind- lichen Seiten für den Arbeiter härter sein mag als das frühere, so enthält es doch ein Element der Freiheit, indem seine Unterordnung nicht mehr subjektiv-personaler, sondern technischer Natur ist. Zu- nächst wird klar, dass schon jene prinzipielle Befreiung, die im Über-
sönlichkeit als völlig selbständige hervortreten läſst. In der Urzeit hatte die Personalität die dinglichen Beziehungen überdeckt und ver- schlungen, in der Patrimonialzeit diese umgekehrt jene. Die Geld- wirtschaft differenziert beides, Sachlichkeit bezw. Besitz und Persönlich- keit werden gegeneinander selbständig. Die Aufgipfelung, die dieser formale Prozeſs am Gelde selbst erlebt, kann nicht schärfer als durch den Ausdruck der ausgebildetsten Geldwirtschaft bezeichnet werden: daſs das Geld „arbeitet“, d. h. seine Funktionen nach Kräften und Normen übt, die mit denen seiner Besitzer keineswegs identisch, sondern von diesen relativ unabhängig sind. Wenn Freiheit bedeutet, nur den Gesetzen des eignen Wesens zu gehorchen, so giebt die durch die Geld- form des Ertrages ermöglichte Entfernung zwischen Besitz und Besitzer beiden eine sonst unerhörte Freiheit: die Arbeitsteilung zwischen der Sub- jektivität und den Normen der Sache wird eine vollkommene, jedes hat nun seine Aufgaben, wie sie sich aus seinem Wesen ergeben, für sich zu lösen, in Freiheit von der Bedingtheit durch das ihm innerlich fremde andere.
Diese Differenzierung durch das Geld und diese individuelle Freiheit durch die Differenzierung betrifft aber nicht nur den Rentenempfänger; das Arbeitsverhältnis entwickelt Ansätze, freilich schwerer erkennbare, in der gleichen Richtung. Die ökonomische Organisation der früheren Jahrhunderte, jetzt die zurückgebliebenen Formen derselben, Hand- werk und Kleinhandel, ruhen auf dem Verhältnis persönlicher Unter- ordnung des Gesellen unter den Meister, des Angestellten unter den Ladenbesitzer u. s. w. Auf diesen Stufen vollzieht sich die Wirtschaft durch ein Zusammenwirken von Faktoren, das durchaus persönlich- unmittelbarer Natur ist und in jedem einzelnen Fall im Geiste der leitenden Persönlichkeit und mit Unterordnung der übrigen unter deren Subjektivität verläuft. Dieses Verhältnis nimmt einen andern Charakter an durch das steigende Übergewicht der objektiven und technischen Elemente über die personalen. Der Leiter der Produktion und der niedrigere Arbeiter, der Direktor und der Verkäufer im groſsen Magazin, sind nun gleichmäſsig einem objektiven Zweck unterthan, und erst innerhalb dieses gemeinsamen Verhältnisses besteht die Unterordnung fort als technische Notwendigkeit, in der die Anforderungen der Sache, der Produktion als eines objektiven Prozesses zum Ausdruck kommen. Wenn nun auch dieses Verhältnis nach manchen persönlich sehr empfind- lichen Seiten für den Arbeiter härter sein mag als das frühere, so enthält es doch ein Element der Freiheit, indem seine Unterordnung nicht mehr subjektiv-personaler, sondern technischer Natur ist. Zu- nächst wird klar, daſs schon jene prinzipielle Befreiung, die im Über-
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sönlichkeit als völlig selbständige hervortreten läſst. In der Urzeit
hatte die Personalität die dinglichen Beziehungen überdeckt und ver-
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wirtschaft differenziert beides, Sachlichkeit bezw. Besitz und Persönlich-
keit werden gegeneinander selbständig. Die Aufgipfelung, die dieser
formale Prozeſs am Gelde selbst erlebt, kann nicht schärfer als durch
den Ausdruck der ausgebildetsten Geldwirtschaft bezeichnet werden:
daſs das Geld „arbeitet“, d. h. seine Funktionen nach Kräften und
Normen übt, die mit denen seiner Besitzer keineswegs identisch, sondern
von diesen relativ unabhängig sind. Wenn Freiheit bedeutet, nur den
Gesetzen des eignen Wesens zu gehorchen, so giebt die durch die Geld-
form des Ertrages ermöglichte Entfernung zwischen Besitz und Besitzer
beiden eine sonst unerhörte Freiheit: die Arbeitsteilung zwischen der Sub-
jektivität und den Normen der Sache wird eine vollkommene, jedes hat
nun seine Aufgaben, wie sie sich aus seinem Wesen ergeben, für sich
zu lösen, in Freiheit von der Bedingtheit durch das ihm innerlich
fremde andere.
Diese Differenzierung durch das Geld und diese individuelle Freiheit
durch die Differenzierung betrifft aber nicht nur den Rentenempfänger;
das Arbeitsverhältnis entwickelt Ansätze, freilich schwerer erkennbare,
in der gleichen Richtung. Die ökonomische Organisation der früheren
Jahrhunderte, jetzt die zurückgebliebenen Formen derselben, Hand-
werk und Kleinhandel, ruhen auf dem Verhältnis persönlicher Unter-
ordnung des Gesellen unter den Meister, des Angestellten unter den
Ladenbesitzer u. s. w. Auf diesen Stufen vollzieht sich die Wirtschaft
durch ein Zusammenwirken von Faktoren, das durchaus persönlich-
unmittelbarer Natur ist und in jedem einzelnen Fall im Geiste der
leitenden Persönlichkeit und mit Unterordnung der übrigen unter deren
Subjektivität verläuft. Dieses Verhältnis nimmt einen andern Charakter
an durch das steigende Übergewicht der objektiven und technischen
Elemente über die personalen. Der Leiter der Produktion und der
niedrigere Arbeiter, der Direktor und der Verkäufer im groſsen Magazin,
sind nun gleichmäſsig einem objektiven Zweck unterthan, und erst
innerhalb dieses gemeinsamen Verhältnisses besteht die Unterordnung
fort als technische Notwendigkeit, in der die Anforderungen der Sache,
der Produktion als eines objektiven Prozesses zum Ausdruck kommen.
Wenn nun auch dieses Verhältnis nach manchen persönlich sehr empfind-
lichen Seiten für den Arbeiter härter sein mag als das frühere, so
enthält es doch ein Element der Freiheit, indem seine Unterordnung
nicht mehr subjektiv-personaler, sondern technischer Natur ist. Zu-
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/364>, abgerufen am 25.11.2024.
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