wird. So ist er die bisher vollendetste Form für die Lösung des grossen Kulturproblems, das sich über den einseitigen Vorteil des Besitzwechsels hinweg erhebt: das objektiv gegebene Wertquantum durch blossen Wechsel seiner Träger zu einem höheren Quantum subjektiv empfundener Werte zu gestalten. Dies ist, neben dem ursprünglichen Schaffen der Werte, für die soziale Zweckmässigkeit offenbar die Auf- gabe schlechthin, der von ihr zu lösende Teil der allgemein mensch- lichen: durch die Form, die man den Lebensinhalten giebt, ein Maxi- mum des in ihnen latenten Wertes zu entbinden. Die Fälle, in denen wir das Geld dieser Aufgabe dienen sehen, zeigen also die technische Rolle, die das Geld daraufhin spielt, dass der Tausch die wesentliche soziale Art ist, jene Aufgabe zu lösen, und dass der Tausch selbst im Gelde Körper geworden ist.
Grade nach der Seite der Freiheit im Sinne der Entlastung des Individuums zeigen auch sekundäre Erscheinungen der Geldwirtschaft diese Doppelseitigkeit ihrer Vorteile. Der gewöhnliche Warentausch, bei dem die Ware unmittelbar besichtigt und übergeben wird, ver- pflichtet den Käufer in seinem Interesse zu einer sehr genauen und sachkundigen Prüfung derselben, weil der Verkäufer, sobald er zu solcher die Gelegenheit gegeben hat, jede spätere Reklamation abweisen kann. Entwickelt sich der Handel dahin weiter, dass nach Proben gekauft wird, so geht die Last auf den Verkäufer über; er ist nicht nur für die genaue Übereinstimmung der Lieferung mit der Probe ver- antwortlich, sondern von jedem Irrtum, der ihm etwa zu seinen Un- gunsten in der Qualität der Probe begegnet ist, wird natürlich der Käufer rücksichtslos profitieren. Das Geschäft an unseren heutigen Produktenbörsen hat nun eine Form, die beide Teile von diesen Ver- antwortlichkeiten entlastet, indem es nicht nach Probe, sondern nach einem ein für allemal festgestellten, allgemein gültigen Standard er- folgt. Nun ist der Käufer nicht mehr an vorherige Prüfung des Ganzen oder der Probe mit all ihren Irrtums-Chancen gebunden, während auch der Verkäufer nicht mehr nach der individuellen, relativ zufälligen und allerhand Gefahren für ihn einschliessenden Probe zu liefern hat; beide wissen jetzt vielmehr genau, wenn sie über eine bestimmt benannte Qualität von Weizen oder Petroleum abschliessen, dass sie an eine objektiv fixierte, jenseits aller persönlichen Unsicherheiten und Un- zulänglichkeiten stehende Norm der Ware gebunden sind. So ist also auf dem Gipfel der Geldwirtschaft ein Handelsmodus möglich geworden, der, durch die Überführung des subjektiven Fundaments des Geschäfts in ein objektives, beiden Parteien ihre Verantwortlichkeiten erleichtert und dem Vorteil der einen keinerlei Nachteil der andern gegenüber-
wird. So ist er die bisher vollendetste Form für die Lösung des groſsen Kulturproblems, das sich über den einseitigen Vorteil des Besitzwechsels hinweg erhebt: das objektiv gegebene Wertquantum durch bloſsen Wechsel seiner Träger zu einem höheren Quantum subjektiv empfundener Werte zu gestalten. Dies ist, neben dem ursprünglichen Schaffen der Werte, für die soziale Zweckmäſsigkeit offenbar die Auf- gabe schlechthin, der von ihr zu lösende Teil der allgemein mensch- lichen: durch die Form, die man den Lebensinhalten giebt, ein Maxi- mum des in ihnen latenten Wertes zu entbinden. Die Fälle, in denen wir das Geld dieser Aufgabe dienen sehen, zeigen also die technische Rolle, die das Geld daraufhin spielt, daſs der Tausch die wesentliche soziale Art ist, jene Aufgabe zu lösen, und daſs der Tausch selbst im Gelde Körper geworden ist.
Grade nach der Seite der Freiheit im Sinne der Entlastung des Individuums zeigen auch sekundäre Erscheinungen der Geldwirtschaft diese Doppelseitigkeit ihrer Vorteile. Der gewöhnliche Warentausch, bei dem die Ware unmittelbar besichtigt und übergeben wird, ver- pflichtet den Käufer in seinem Interesse zu einer sehr genauen und sachkundigen Prüfung derselben, weil der Verkäufer, sobald er zu solcher die Gelegenheit gegeben hat, jede spätere Reklamation abweisen kann. Entwickelt sich der Handel dahin weiter, daſs nach Proben gekauft wird, so geht die Last auf den Verkäufer über; er ist nicht nur für die genaue Übereinstimmung der Lieferung mit der Probe ver- antwortlich, sondern von jedem Irrtum, der ihm etwa zu seinen Un- gunsten in der Qualität der Probe begegnet ist, wird natürlich der Käufer rücksichtslos profitieren. Das Geschäft an unseren heutigen Produktenbörsen hat nun eine Form, die beide Teile von diesen Ver- antwortlichkeiten entlastet, indem es nicht nach Probe, sondern nach einem ein für allemal festgestellten, allgemein gültigen Standard er- folgt. Nun ist der Käufer nicht mehr an vorherige Prüfung des Ganzen oder der Probe mit all ihren Irrtums-Chancen gebunden, während auch der Verkäufer nicht mehr nach der individuellen, relativ zufälligen und allerhand Gefahren für ihn einschlieſsenden Probe zu liefern hat; beide wissen jetzt vielmehr genau, wenn sie über eine bestimmt benannte Qualität von Weizen oder Petroleum abschlieſsen, daſs sie an eine objektiv fixierte, jenseits aller persönlichen Unsicherheiten und Un- zulänglichkeiten stehende Norm der Ware gebunden sind. So ist also auf dem Gipfel der Geldwirtschaft ein Handelsmodus möglich geworden, der, durch die Überführung des subjektiven Fundaments des Geschäfts in ein objektives, beiden Parteien ihre Verantwortlichkeiten erleichtert und dem Vorteil der einen keinerlei Nachteil der andern gegenüber-
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wird. So ist er die bisher vollendetste Form für die Lösung des
groſsen Kulturproblems, das sich über den einseitigen Vorteil des
Besitzwechsels hinweg erhebt: das objektiv gegebene Wertquantum durch
bloſsen Wechsel seiner Träger zu einem höheren Quantum subjektiv
empfundener Werte zu gestalten. Dies ist, neben dem ursprünglichen
Schaffen der Werte, für die soziale Zweckmäſsigkeit offenbar die Auf-
gabe schlechthin, der von ihr zu lösende Teil der allgemein mensch-
lichen: durch die Form, die man den Lebensinhalten giebt, ein Maxi-
mum des in ihnen latenten Wertes zu entbinden. Die Fälle, in denen
wir das Geld dieser Aufgabe dienen sehen, zeigen also die technische
Rolle, die das Geld daraufhin spielt, daſs der Tausch die wesentliche
soziale Art ist, jene Aufgabe zu lösen, und daſs der Tausch selbst im
Gelde Körper geworden ist.
Grade nach der Seite der Freiheit im Sinne der Entlastung des
Individuums zeigen auch sekundäre Erscheinungen der Geldwirtschaft
diese Doppelseitigkeit ihrer Vorteile. Der gewöhnliche Warentausch,
bei dem die Ware unmittelbar besichtigt und übergeben wird, ver-
pflichtet den Käufer in seinem Interesse zu einer sehr genauen und
sachkundigen Prüfung derselben, weil der Verkäufer, sobald er zu
solcher die Gelegenheit gegeben hat, jede spätere Reklamation abweisen
kann. Entwickelt sich der Handel dahin weiter, daſs nach Proben
gekauft wird, so geht die Last auf den Verkäufer über; er ist nicht
nur für die genaue Übereinstimmung der Lieferung mit der Probe ver-
antwortlich, sondern von jedem Irrtum, der ihm etwa zu seinen Un-
gunsten in der Qualität der Probe begegnet ist, wird natürlich der
Käufer rücksichtslos profitieren. Das Geschäft an unseren heutigen
Produktenbörsen hat nun eine Form, die beide Teile von diesen Ver-
antwortlichkeiten entlastet, indem es nicht nach Probe, sondern nach
einem ein für allemal festgestellten, allgemein gültigen Standard er-
folgt. Nun ist der Käufer nicht mehr an vorherige Prüfung des Ganzen
oder der Probe mit all ihren Irrtums-Chancen gebunden, während auch
der Verkäufer nicht mehr nach der individuellen, relativ zufälligen und
allerhand Gefahren für ihn einschlieſsenden Probe zu liefern hat; beide
wissen jetzt vielmehr genau, wenn sie über eine bestimmt benannte
Qualität von Weizen oder Petroleum abschlieſsen, daſs sie an eine
objektiv fixierte, jenseits aller persönlichen Unsicherheiten und Un-
zulänglichkeiten stehende Norm der Ware gebunden sind. So ist also
auf dem Gipfel der Geldwirtschaft ein Handelsmodus möglich geworden,
der, durch die Überführung des subjektiven Fundaments des Geschäfts
in ein objektives, beiden Parteien ihre Verantwortlichkeiten erleichtert
und dem Vorteil der einen keinerlei Nachteil der andern gegenüber-
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/314>, abgerufen am 22.11.2024.
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