ihre Flüssigkeit, wie die Leber die Galle. Diese: die Vorstellung sei nicht selbst materiell, aber eine Bewegungsform des Materiellen, der Ge- danke bestehe wie Licht, Wärme, Elektrizität, in einer besonderen Art von Schwingungen körperlicher Teile. Diesem Unterschiede der intellek- tuellen Standpunkte entspricht es, wenn einerseits der Fiskalismus das Interesse der Regierung darein verlegt, möglichst viel bares Geld zur unmittelbaren Verwendung der Fürsten oder für die Staatszwecke her- auszuschlagen, andrerseits der Merkantilismus zwar auch auf das bare Geld einen Hauptwert legt, aber nicht um es substanziell herauszu- ziehen, sondern um die wirtschaftlichen Bewegungen des Landes funk- tionell zu beleben. Innerhalb dieser materialistischen Richtungen der Geldpolitik selbst, die noch ganz tief in der Vorstellung steckten, dass die Geldsubstanz der Wert an und für sich wäre, -- macht sich also doch schon die Wendung von der grob äusserlichen zu der funktio- nellen Bedeutung dieser Substanz geltend. Dem entspricht die po- litische Verfassung der fraglichen Perioden. Der Fürst da, wo die mittelalterliche fiskalische Verfassung herrschte, in einem bloss äusser- lichen Verhältnis zu seinem Lande, oft in einem völlig unorga- nischen, durch Erheiratung oder Eroberung hergestellten, so dass es sich in der Tendenz, nur möglichst viel Geld aus dem Lande zu ziehen, völlig adäquat ausdrückte -- wovon der häufige Verkauf ganzer Territorien gegen Geld der konsequente Abschluss war; indem das starre, bloss substanzielle Geldinteresse Herrscher und Beherrschte verband, zeigte es, wie unverbunden sie waren. Für dieses soziologi- sche Verhältnis zwischen den beiden Parteien ist die im Mittelalter so häufige Münzpolitik der Herrscher, die in einer fortwährenden Ver- schlechterung der Münze bestand, die nächstliegende Technik; nur bei einem völlig unorganischen Zusammen sind derartige Politiken möglich, die auf der Seite des einen allen Nutzen, auf der der anderen allen Schaden lassen. Die Freude am baren Gelde, die den Orientalen an- geboren scheint, hat man auf den Fiskalismus der Fürsten zurückgeführt, die das Münzregal als Steuerquelle benutzen, ohne sich um die Folgen der Valutaverschlechterung zu sorgen: das notwendige Gegenstück dazu sei die Leidenschaft des Unterthanen für die Aufhäufung von barem Gold und Silber. Der aufkommende zentralistisch-despotische Staat bedeutete ein viel engeres und lebendigeres Verhältnis zwischen den politischen Faktoren: die Vorstellung ihrer organischen Einheit bildet das Gemeinsame der Fürstenideale, vom l'etat c'est moi bis zum Könige als dem ersten Diener seines Volkes. Wenn nun auch hier das Inter- esse der Regierung noch an dem Hereinbringen möglichst reichlicher Geldsubstanz haftet, so entspricht es doch der regeren Wechselwirkung
ihre Flüssigkeit, wie die Leber die Galle. Diese: die Vorstellung sei nicht selbst materiell, aber eine Bewegungsform des Materiellen, der Ge- danke bestehe wie Licht, Wärme, Elektrizität, in einer besonderen Art von Schwingungen körperlicher Teile. Diesem Unterschiede der intellek- tuellen Standpunkte entspricht es, wenn einerseits der Fiskalismus das Interesse der Regierung darein verlegt, möglichst viel bares Geld zur unmittelbaren Verwendung der Fürsten oder für die Staatszwecke her- auszuschlagen, andrerseits der Merkantilismus zwar auch auf das bare Geld einen Hauptwert legt, aber nicht um es substanziell herauszu- ziehen, sondern um die wirtschaftlichen Bewegungen des Landes funk- tionell zu beleben. Innerhalb dieser materialistischen Richtungen der Geldpolitik selbst, die noch ganz tief in der Vorstellung steckten, daſs die Geldsubstanz der Wert an und für sich wäre, — macht sich also doch schon die Wendung von der grob äuſserlichen zu der funktio- nellen Bedeutung dieser Substanz geltend. Dem entspricht die po- litische Verfassung der fraglichen Perioden. Der Fürst da, wo die mittelalterliche fiskalische Verfassung herrschte, in einem bloſs äuſser- lichen Verhältnis zu seinem Lande, oft in einem völlig unorga- nischen, durch Erheiratung oder Eroberung hergestellten, so daſs es sich in der Tendenz, nur möglichst viel Geld aus dem Lande zu ziehen, völlig adäquat ausdrückte — wovon der häufige Verkauf ganzer Territorien gegen Geld der konsequente Abschluſs war; indem das starre, bloſs substanzielle Geldinteresse Herrscher und Beherrschte verband, zeigte es, wie unverbunden sie waren. Für dieses soziologi- sche Verhältnis zwischen den beiden Parteien ist die im Mittelalter so häufige Münzpolitik der Herrscher, die in einer fortwährenden Ver- schlechterung der Münze bestand, die nächstliegende Technik; nur bei einem völlig unorganischen Zusammen sind derartige Politiken möglich, die auf der Seite des einen allen Nutzen, auf der der anderen allen Schaden lassen. Die Freude am baren Gelde, die den Orientalen an- geboren scheint, hat man auf den Fiskalismus der Fürsten zurückgeführt, die das Münzregal als Steuerquelle benutzen, ohne sich um die Folgen der Valutaverschlechterung zu sorgen: das notwendige Gegenstück dazu sei die Leidenschaft des Unterthanen für die Aufhäufung von barem Gold und Silber. Der aufkommende zentralistisch-despotische Staat bedeutete ein viel engeres und lebendigeres Verhältnis zwischen den politischen Faktoren: die Vorstellung ihrer organischen Einheit bildet das Gemeinsame der Fürstenideale, vom l’état c’est moi bis zum Könige als dem ersten Diener seines Volkes. Wenn nun auch hier das Inter- esse der Regierung noch an dem Hereinbringen möglichst reichlicher Geldsubstanz haftet, so entspricht es doch der regeren Wechselwirkung
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ihre Flüssigkeit, wie die Leber die Galle. Diese: die Vorstellung sei
nicht selbst materiell, aber eine Bewegungsform des Materiellen, der Ge-
danke bestehe wie Licht, Wärme, Elektrizität, in einer besonderen Art
von Schwingungen körperlicher Teile. Diesem Unterschiede der intellek-
tuellen Standpunkte entspricht es, wenn einerseits der Fiskalismus das
Interesse der Regierung darein verlegt, möglichst viel bares Geld zur
unmittelbaren Verwendung der Fürsten oder für die Staatszwecke her-
auszuschlagen, andrerseits der Merkantilismus zwar auch auf das bare
Geld einen Hauptwert legt, aber nicht um es substanziell herauszu-
ziehen, sondern um die wirtschaftlichen Bewegungen des Landes funk-
tionell zu beleben. Innerhalb dieser materialistischen Richtungen der
Geldpolitik selbst, die noch ganz tief in der Vorstellung steckten, daſs
die Geldsubstanz der Wert an und für sich wäre, — macht sich also
doch schon die Wendung von der grob äuſserlichen zu der funktio-
nellen Bedeutung dieser Substanz geltend. Dem entspricht die po-
litische Verfassung der fraglichen Perioden. Der Fürst da, wo die
mittelalterliche fiskalische Verfassung herrschte, in einem bloſs äuſser-
lichen Verhältnis zu seinem Lande, oft in einem völlig unorga-
nischen, durch Erheiratung oder Eroberung hergestellten, so daſs es
sich in der Tendenz, nur möglichst viel Geld aus dem Lande zu
ziehen, völlig adäquat ausdrückte — wovon der häufige Verkauf
ganzer Territorien gegen Geld der konsequente Abschluſs war; indem
das starre, bloſs substanzielle Geldinteresse Herrscher und Beherrschte
verband, zeigte es, wie unverbunden sie waren. Für dieses soziologi-
sche Verhältnis zwischen den beiden Parteien ist die im Mittelalter so
häufige Münzpolitik der Herrscher, die in einer fortwährenden Ver-
schlechterung der Münze bestand, die nächstliegende Technik; nur bei
einem völlig unorganischen Zusammen sind derartige Politiken möglich,
die auf der Seite des einen allen Nutzen, auf der der anderen allen
Schaden lassen. Die Freude am baren Gelde, die den Orientalen an-
geboren scheint, hat man auf den Fiskalismus der Fürsten zurückgeführt,
die das Münzregal als Steuerquelle benutzen, ohne sich um die Folgen
der Valutaverschlechterung zu sorgen: das notwendige Gegenstück dazu
sei die Leidenschaft des Unterthanen für die Aufhäufung von barem
Gold und Silber. Der aufkommende zentralistisch-despotische Staat
bedeutete ein viel engeres und lebendigeres Verhältnis zwischen den
politischen Faktoren: die Vorstellung ihrer organischen Einheit bildet
das Gemeinsame der Fürstenideale, vom l’état c’est moi bis zum Könige
als dem ersten Diener seines Volkes. Wenn nun auch hier das Inter-
esse der Regierung noch an dem Hereinbringen möglichst reichlicher
Geldsubstanz haftet, so entspricht es doch der regeren Wechselwirkung
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/166>, abgerufen am 28.11.2024.
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