gültigung seines Materialwertes, mit dem Papiergeld auf einer Stufe steht. Man darf die materiale Wertlosigkeit dieses letzteren nicht des- halb als irrelevant erklären, weil es nur eine Anweisung auf Metall wäre. Dagegen spricht schon die Thatsache, dass selbst ein völlig ungedecktes Papiergeld doch immer als Geld gewertet wird. Denn wenn man auch auf den politischen Zwang hinweisen wollte, der allein solchem Papiergeld seinen Kurs verschaffte, so heisst das ja grade, dass andere Gründe als der der unmittelbaren und materialen Ver- wertung einem bestimmten Stoff den Geldwert verleihen können und jetzt thatsächlich verleihen. Der steigende Ersatz des baren Metall- geldes durch Papiergeld und die mannigfaltigen Formen des Kredits wirken unvermeidlich auf den Charakter jenes selbst zurück -- un- gefähr wie im Persönlichen jemand, der sich fortwährend durch Andere vertreten lässt, schliesslich keine andere Schätzung erfährt, als die seinen Vertretern gebührende. Zu je ausgedehnteren und mannigfaltigeren Diensten das Geld berufen ist und je schneller das einzelne Quantum zirkuliert, desto mehr muss sein Funktionswert über seinen Substanz- wert hinauswachsen. Der modern entwickelte Verkehr strebt offenbar dahin, das Geld als substanziellen Wertträger mehr und mehr aus- zuschalten, und er muss dahin streben, weil auch die gesteigertste Edel- metallproduktion nicht ausreichen würde, alle Umsätze in bar zu begleichen. Der Giroverkehr einerseits, der internationale Wechsel- versand andrerseits sind nur hervortretende Punkte dieser allgemeinen Tendenz, deren schon frühe und charakteristische Erscheinungen der letzte Abschnitt dieses Kapitels behandeln wird.
Im ganzen wird, je primitiver die wirtschaftlichen Vorstellungen sind, um so mehr auch das Messen ein sinnlich-unmittelbares Verhältnis zwischen den verglichenen Werten voraussetzen. Die eben geschilderte Auffassung: dass die Wertgleichung zwischen einer Ware und einer Geld- summe die Gleichheit des Bruches bedeute, welcher zwischen diesen beiden als Zählern und den ökonomisch in Betracht kommenden Gesamt- quanten aller Waren und alles Geldes als Nennern bestehe -- ist offen- bar der Thatsache nach überall wirksam, weil sie erst die eine Objekt- art wirklich zum Gelde macht; allein da das Geld als solches eben nur allmählich entsteht, wird auch dieser Modus sich aus dem primitiveren einer unmittelbaren Vergleichung der auszutauschenden Objekte ent- wickeln. Die niedrigste Stufe bezeichnet vielleicht ein Fall, der von den neu-britannischen Inseln gemeldet wird. Die Eingeborenen be- nutzen dort als Geld schnurweise aufgereihte Kaurimuscheln, welche sie Dewarra nennen. Dies Geld wird nach Längenmassen: Armlängen u. s. w. zum Einkauf verwandt; für Fische wird in der Regel so viel in De-
gültigung seines Materialwertes, mit dem Papiergeld auf einer Stufe steht. Man darf die materiale Wertlosigkeit dieses letzteren nicht des- halb als irrelevant erklären, weil es nur eine Anweisung auf Metall wäre. Dagegen spricht schon die Thatsache, daſs selbst ein völlig ungedecktes Papiergeld doch immer als Geld gewertet wird. Denn wenn man auch auf den politischen Zwang hinweisen wollte, der allein solchem Papiergeld seinen Kurs verschaffte, so heiſst das ja grade, daſs andere Gründe als der der unmittelbaren und materialen Ver- wertung einem bestimmten Stoff den Geldwert verleihen können und jetzt thatsächlich verleihen. Der steigende Ersatz des baren Metall- geldes durch Papiergeld und die mannigfaltigen Formen des Kredits wirken unvermeidlich auf den Charakter jenes selbst zurück — un- gefähr wie im Persönlichen jemand, der sich fortwährend durch Andere vertreten läſst, schlieſslich keine andere Schätzung erfährt, als die seinen Vertretern gebührende. Zu je ausgedehnteren und mannigfaltigeren Diensten das Geld berufen ist und je schneller das einzelne Quantum zirkuliert, desto mehr muſs sein Funktionswert über seinen Substanz- wert hinauswachsen. Der modern entwickelte Verkehr strebt offenbar dahin, das Geld als substanziellen Wertträger mehr und mehr aus- zuschalten, und er muſs dahin streben, weil auch die gesteigertste Edel- metallproduktion nicht ausreichen würde, alle Umsätze in bar zu begleichen. Der Giroverkehr einerseits, der internationale Wechsel- versand andrerseits sind nur hervortretende Punkte dieser allgemeinen Tendenz, deren schon frühe und charakteristische Erscheinungen der letzte Abschnitt dieses Kapitels behandeln wird.
Im ganzen wird, je primitiver die wirtschaftlichen Vorstellungen sind, um so mehr auch das Messen ein sinnlich-unmittelbares Verhältnis zwischen den verglichenen Werten voraussetzen. Die eben geschilderte Auffassung: daſs die Wertgleichung zwischen einer Ware und einer Geld- summe die Gleichheit des Bruches bedeute, welcher zwischen diesen beiden als Zählern und den ökonomisch in Betracht kommenden Gesamt- quanten aller Waren und alles Geldes als Nennern bestehe — ist offen- bar der Thatsache nach überall wirksam, weil sie erst die eine Objekt- art wirklich zum Gelde macht; allein da das Geld als solches eben nur allmählich entsteht, wird auch dieser Modus sich aus dem primitiveren einer unmittelbaren Vergleichung der auszutauschenden Objekte ent- wickeln. Die niedrigste Stufe bezeichnet vielleicht ein Fall, der von den neu-britannischen Inseln gemeldet wird. Die Eingeborenen be- nutzen dort als Geld schnurweise aufgereihte Kaurimuscheln, welche sie Dewarra nennen. Dies Geld wird nach Längenmaſsen: Armlängen u. s. w. zum Einkauf verwandt; für Fische wird in der Regel so viel in De-
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gültigung seines Materialwertes, mit dem Papiergeld auf einer Stufe
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wäre. Dagegen spricht schon die Thatsache, daſs selbst ein völlig
ungedecktes Papiergeld doch immer als Geld gewertet wird. Denn
wenn man auch auf den politischen Zwang hinweisen wollte, der allein
solchem Papiergeld seinen Kurs verschaffte, so heiſst das ja grade,
daſs andere Gründe als der der unmittelbaren und materialen Ver-
wertung einem bestimmten Stoff den Geldwert verleihen können und
jetzt thatsächlich verleihen. Der steigende Ersatz des baren Metall-
geldes durch Papiergeld und die mannigfaltigen Formen des Kredits
wirken unvermeidlich auf den Charakter jenes selbst zurück — un-
gefähr wie im Persönlichen jemand, der sich fortwährend durch Andere
vertreten läſst, schlieſslich keine andere Schätzung erfährt, als die seinen
Vertretern gebührende. Zu je ausgedehnteren und mannigfaltigeren
Diensten das Geld berufen ist und je schneller das einzelne Quantum
zirkuliert, desto mehr muſs sein Funktionswert über seinen Substanz-
wert hinauswachsen. Der modern entwickelte Verkehr strebt offenbar
dahin, das Geld als substanziellen Wertträger mehr und mehr aus-
zuschalten, und er muſs dahin streben, weil auch die gesteigertste Edel-
metallproduktion nicht ausreichen würde, alle Umsätze in bar zu
begleichen. Der Giroverkehr einerseits, der internationale Wechsel-
versand andrerseits sind nur hervortretende Punkte dieser allgemeinen
Tendenz, deren schon frühe und charakteristische Erscheinungen der
letzte Abschnitt dieses Kapitels behandeln wird.
Im ganzen wird, je primitiver die wirtschaftlichen Vorstellungen
sind, um so mehr auch das Messen ein sinnlich-unmittelbares Verhältnis
zwischen den verglichenen Werten voraussetzen. Die eben geschilderte
Auffassung: daſs die Wertgleichung zwischen einer Ware und einer Geld-
summe die Gleichheit des Bruches bedeute, welcher zwischen diesen
beiden als Zählern und den ökonomisch in Betracht kommenden Gesamt-
quanten aller Waren und alles Geldes als Nennern bestehe — ist offen-
bar der Thatsache nach überall wirksam, weil sie erst die eine Objekt-
art wirklich zum Gelde macht; allein da das Geld als solches eben nur
allmählich entsteht, wird auch dieser Modus sich aus dem primitiveren
einer unmittelbaren Vergleichung der auszutauschenden Objekte ent-
wickeln. Die niedrigste Stufe bezeichnet vielleicht ein Fall, der von
den neu-britannischen Inseln gemeldet wird. Die Eingeborenen be-
nutzen dort als Geld schnurweise aufgereihte Kaurimuscheln, welche sie
Dewarra nennen. Dies Geld wird nach Längenmaſsen: Armlängen u. s. w.
zum Einkauf verwandt; für Fische wird in der Regel so viel in De-
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/128>, abgerufen am 23.11.2024.
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