Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.Joh: Angeli andertes Buch 197. Verlängnung seiner selbst. HErr nihm die Krone hin; Jch weiß ja nichts vomMein: Wie kan sie dann mit recht mein' und nicht deine seyn? 198. GOtt spielt mit dem Geschöpffe. Diß alles ist ein Spiel/ das Jhr die GOttheit macht:Sie hat die Creatur umb Jhret willn erdacht. 199. Auch GOtt verlaugnet sich. Wenn Gott zum Heilgen spricht: du du hast mich erzihlt:Sag/ ob er nicht mit jhm recht der Verlaugnung spielt?* Matth. 25. * Weil GOtt jhm Gnade und Kraht darzu gegeben; oder es selbst durch seinen Geist in jhm dem Menschen gethan. 200. Die Aufgegebenheit. Wer seine Seele hat verlohren und vergeben/Der kan gantz seeliglich mit GOtt die wette leben. 201. Der Mensch der andre GOtt. Sag zwischen mir und GOtt den eingen Unterscheid?Es ist mit einem Wort/ nichts als die Anderheit. 202. Alleine seyn gleicht GOtt. Wer stäts alleine lebt/ und niemand wird gemein:Der muß/ ist er nicht GOtt/ gewiß Vergöttet seyn. 203. Die Demut steigt am Höchsten. Wer in der Demut GOtts am tieffsten ist versunken/Der ist der höchste Glantz auß allen Himmelsfunken. 204. Der
Joh: Angeli andertes Buch 197. Verlaͤngnung ſeiner ſelbſt. HErꝛ nihm die Krone hin; Jch weiß ja nichts vomMein: Wie kan ſie dan̄ mit recht mein’ und nicht deine ſeyn? 198. GOtt ſpielt mit dem Geſchoͤpffe. Diß alles iſt ein Spiel/ das Jhr die GOttheit macht:Sie hat die Creatur umb Jhret willn erdacht. 199. Auch GOtt verlaugnet ſich. Wenn Gott zum Heilgen ſpricht: du du haſt mich erzihlt:Sag/ ob er nicht mit jhm recht der Verlaugnung ſpielt?* Matth. 25. * Weil GOtt jhm Gnade und Kraht darzu gegeben; oder es ſelbſt durch ſeinen Geiſt in jhm dem Menſchen gethan. 200. Die Aufgegebenheit. Wer ſeine Seele hat verlohren und vergeben/Der kan gantz ſeeliglich mit GOtt die wette leben. 201. Der Menſch der andre GOtt. Sag zwiſchen mir und GOtt den eingen Unterſcheid?Es iſt mit einem Wort/ nichts als die Anderheit. 202. Alleine ſeyn gleicht GOtt. Wer ſtaͤts alleine lebt/ und niemand wird gemein:Der muß/ iſt er nicht GOtt/ gewiß Vergoͤttet ſeyn. 203. Die Demut ſteigt am Hoͤchſten. Wer in der Demut GOtts am tieffſten iſt verſunken/Der iſt der hoͤchſte Glantz auß allen Himmelsfunken. 204. Der
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Wie kan ſie dan̄ mit recht mein’ und nicht deine ſeyn?
198. GOtt ſpielt mit dem Geſchoͤpffe.
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Sie hat die Creatur umb Jhret willn erdacht.
199. Auch GOtt verlaugnet ſich.
Wenn Gott zum Heilgen ſpricht: du du haſt mich erzihlt:
Sag/ ob er nicht mit jhm recht der Verlaugnung ſpielt?
*
Matth. 25.
* Weil GOtt jhm Gnade
und Kraht darzu gegeben; oder es ſelbſt durch
ſeinen Geiſt in jhm dem Menſchen gethan.
200. Die Aufgegebenheit.
Wer ſeine Seele hat verlohren und vergeben/
Der kan gantz ſeeliglich mit GOtt die wette leben.
201. Der Menſch der andre GOtt.
Sag zwiſchen mir und GOtt den eingen Unterſcheid?
Es iſt mit einem Wort/ nichts als die Anderheit.
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Wer ſtaͤts alleine lebt/ und niemand wird gemein:
Der muß/ iſt er nicht GOtt/ gewiß Vergoͤttet ſeyn.
203. Die Demut ſteigt am Hoͤchſten.
Wer in der Demut GOtts am tieffſten iſt verſunken/
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Zitationshilfe: | Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/92>, abgerufen am 20.07.2024. |