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Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.

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Geistr. Sinn- und schlußr.
39. Die Unvollkommne gelassenheit.
Wer in der Hölle nicht kan ohne Hölle leben/
Der hat sich noch nicht gantz dem Höchsten übergeben.
40. GOtt ist das was Er wil.
GOtt ist ein Wunderding; Er ist das was Er wil/
Und wil das was Er ist ohn alle maß und Ziehl.
41. GOtt weiß jhm selbst kein Ende.
GOTT ist unendlich Hoch/ (Mensch glaube diß be-
hände)/
Er selbst findt Ewiglich nicht seiner GOttheit Ende.
42. Wie gründt sich GOtt?
GOtt gründt sich ohne grund/ und mist sich ohne maß:
Bistu ein Geist mit jhm/ Mensch so verstehstu das.
43. Man liebt auch ohn erkennen.
Jch Lieb ein eintzig Ding/ und weiß nicht was es ist:
Und weil ich es nicht weiß/ drumb hab ich es erkist.
44. Das etwas muß man lassen.
Mensch so du etwas liebst/ so liebstu nichts fürwahr:
GOtt ist nicht diß und das/ drumb laß das Etwas gar.
45. Das Vermögende Unvermögen.
Wer nichts begehrt/ nichts hat/ nichts weiß/ nichts liebt/
nichts wil;
Der hat/ der weiß/ begehrt/ und liebt noch jmmer vil.
46. Das seelige Unding.
Jch bin ein seeligs Ding/ mag ich ein Unding seyn/
Das allem was da ist/ nicht kundt wird/ noch gemein.
47. Die
B 3
Geiſtr. Sinn- und ſchlußr.
39. Die Unvollkom̄ne gelaſſenheit.
Wer in der Hoͤlle nicht kan ohne Hoͤlle leben/
Der hat ſich noch nicht gantz dem Hoͤchſten uͤbergeben.
40. GOtt iſt das was Er wil.
GOtt iſt ein Wunderding; Er iſt das was Er wil/
Und wil das was Er iſt ohn alle maß und Ziehl.
41. GOtt weiß jhm ſelbſt kein Ende.
GOTT iſt unendlich Hoch/ (Menſch glaube diß be-
haͤnde)/
Er ſelbſt findt Ewiglich nicht ſeiner GOttheit Ende.
42. Wie gruͤndt ſich GOtt?
GOtt gruͤndt ſich ohne grund/ und miſt ſich ohne maß:
Biſtu ein Geiſt mit jhm/ Menſch ſo verſtehſtu das.
43. Man liebt auch ohn erkennen.
Jch Lieb ein eintzig Ding/ und weiß nicht was es iſt:
Und weil ich es nicht weiß/ drumb hab ich es erkiſt.
44. Das etwas muß man laſſen.
Menſch ſo du etwas liebſt/ ſo liebſtu nichts fuͤrwahr:
GOtt iſt nicht diß und das/ drumb laß das Etwas gar.
45. Das Vermoͤgende Unvermoͤgen.
Wer nichts begehrt/ nichts hat/ nichts weiß/ nichts liebt/
nichts wil;
Der hat/ der weiß/ begehrt/ und liebt noch jmmer vil.
46. Das ſeelige Unding.
Jch bin ein ſeeligs Ding/ mag ich ein Unding ſeyn/
Das allem was da iſt/ nicht kundt wird/ noch gemein.
47. Die
B 3
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[27/0033] Geiſtr. Sinn-und ſchlußr. 39. Die Unvollkom̄ne gelaſſenheit. Wer in der Hoͤlle nicht kan ohne Hoͤlle leben/ Der hat ſich noch nicht gantz dem Hoͤchſten uͤbergeben. 40. GOtt iſt das was Er wil. GOtt iſt ein Wunderding; Er iſt das was Er wil/ Und wil das was Er iſt ohn alle maß und Ziehl. 41. GOtt weiß jhm ſelbſt kein Ende. GOTT iſt unendlich Hoch/ (Menſch glaube diß be- haͤnde)/ Er ſelbſt findt Ewiglich nicht ſeiner GOttheit Ende. 42. Wie gruͤndt ſich GOtt? GOtt gruͤndt ſich ohne grund/ und miſt ſich ohne maß: Biſtu ein Geiſt mit jhm/ Menſch ſo verſtehſtu das. 43. Man liebt auch ohn erkennen. Jch Lieb ein eintzig Ding/ und weiß nicht was es iſt: Und weil ich es nicht weiß/ drumb hab ich es erkiſt. 44. Das etwas muß man laſſen. Menſch ſo du etwas liebſt/ ſo liebſtu nichts fuͤrwahr: GOtt iſt nicht diß und das/ drumb laß das Etwas gar. 45. Das Vermoͤgende Unvermoͤgen. Wer nichts begehrt/ nichts hat/ nichts weiß/ nichts liebt/ nichts wil; Der hat/ der weiß/ begehrt/ und liebt noch jmmer vil. 46. Das ſeelige Unding. Jch bin ein ſeeligs Ding/ mag ich ein Unding ſeyn/ Das allem was da iſt/ nicht kundt wird/ noch gemein. 47. Die B 3

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Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/33>, abgerufen am 16.04.2024.