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Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.

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Joh: Angeli fünfftes Buch
282. Gott ist wie die Sonne.
Gott ist der Sonne gleich: wer sich zu Jhme kehrt/
Der wird erleucht/ und straks seins Angesichts gewehrt.
283. Warumb Gott ruh und Freude hat.
Weil Gott Dreyeinig ist/ so hat Er ruh und Lust:
Ruh komt von Einheit her/ Lust von der Dreyheit
Brust.
284. Gott komt eh du jhn begehrest.
Wenn dich nach Gott verlangt/ und wüntschst sein
Kind zu seyn/
Jst Er schon vor in dir/ und giebt dir solches ein.
285. Die Geistliche Turteldaube.
Jch bin die Turteldaub/ die Welt ist meine Wüste/
Gott mein Gemahl ist weg: drumb sitz ich ohn geniste.
286. Die Einfalt muß witzig seyn.
Die Einfalt schätz' ich hoch der Gott hat Witz beschert.
Die aber den nicht hat/ ist nicht deß Nahmens wehrt.
287. Der Einfalt Eigenschafft.
Der Einfalt eigenschafft ist nichts von Schalkheit wissen
Aufs gutte Bloß allein in Demutt seyn beflissen.
288. Der Weltlichen unnd Göttlichen Lie-
be Natur.
Die Welt-Lieb hat die Art daß sie sich abwerts neigt:
Der Göttlichen Natur ist daß sie aufwerts steigt.
289. Die Tugend ohne Liebe gilt nichts.
Die Tugend nakt und bloß kan nicht für Gott bestehn:
Sie muß mit Liebe seyn geschmükt/ Dann ist sie schön.
290. Die
Joh: Angeli fuͤnfftes Buch
282. Gott iſt wie die Sonne.
Gott iſt der Sonne gleich: wer ſich zu Jhme kehrt/
Der wird erleucht/ und ſtraks ſeins Angeſichts gewehrt.
283. Warumb Gott ruh und Freude hat.
Weil Gott Dreyeinig iſt/ ſo hat Er ruh und Luſt:
Ruh komt von Einheit her/ Luſt von der Dreyheit
Bruſt.
284. Gott komt eh du jhn begehreſt.
Wenn dich nach Gott verlangt/ und wuͤntſchſt ſein
Kind zu ſeyn/
Jſt Er ſchon vor in dir/ und giebt dir ſolches ein.
285. Die Geiſtliche Turteldaube.
Jch bin die Turteldaub/ die Welt iſt meine Wuͤſte/
Gott mein Gemahl iſt weg: drumb ſitz ich ohn geniſte.
286. Die Einfalt muß witzig ſeyn.
Die Einfalt ſchaͤtz’ ich hoch der Gott hat Witz beſchert.
Die aber den nicht hat/ iſt nicht deß Nahmens wehrt.
287. Der Einfalt Eigenſchafft.
Der Einfalt eigenſchafft iſt nichts von Schalkheit wiſſen
Aufs gutte Bloß allein in Demutt ſeyn befliſſen.
288. Der Weltlichen unnd Goͤttlichen Lie-
be Natur.
Die Welt-Lieb hat die Art daß ſie ſich abwerts neigt:
Der Goͤttlichen Natur iſt daß ſie aufwerts ſteigt.
289. Die Tugend ohne Liebe gilt nichts.
Die Tugend nakt und bloß kan nicht fuͤr Gott beſtehn:
Sie muß mit Liebe ſeyn geſchmuͤkt/ Dann iſt ſie ſchoͤn.
290. Die
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[215[200]/0206] Joh: Angeli fuͤnfftes Buch 282. Gott iſt wie die Sonne. Gott iſt der Sonne gleich: wer ſich zu Jhme kehrt/ Der wird erleucht/ und ſtraks ſeins Angeſichts gewehrt. 283. Warumb Gott ruh und Freude hat. Weil Gott Dreyeinig iſt/ ſo hat Er ruh und Luſt: Ruh komt von Einheit her/ Luſt von der Dreyheit Bruſt. 284. Gott komt eh du jhn begehreſt. Wenn dich nach Gott verlangt/ und wuͤntſchſt ſein Kind zu ſeyn/ Jſt Er ſchon vor in dir/ und giebt dir ſolches ein. 285. Die Geiſtliche Turteldaube. Jch bin die Turteldaub/ die Welt iſt meine Wuͤſte/ Gott mein Gemahl iſt weg: drumb ſitz ich ohn geniſte. 286. Die Einfalt muß witzig ſeyn. Die Einfalt ſchaͤtz’ ich hoch der Gott hat Witz beſchert. Die aber den nicht hat/ iſt nicht deß Nahmens wehrt. 287. Der Einfalt Eigenſchafft. Der Einfalt eigenſchafft iſt nichts von Schalkheit wiſſen Aufs gutte Bloß allein in Demutt ſeyn befliſſen. 288. Der Weltlichen unnd Goͤttlichen Lie- be Natur. Die Welt-Lieb hat die Art daß ſie ſich abwerts neigt: Der Goͤttlichen Natur iſt daß ſie aufwerts ſteigt. 289. Die Tugend ohne Liebe gilt nichts. Die Tugend nakt und bloß kan nicht fuͤr Gott beſtehn: Sie muß mit Liebe ſeyn geſchmuͤkt/ Dann iſt ſie ſchoͤn. 290. Die

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Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 215[200]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/206>, abgerufen am 09.11.2024.