Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.

Bild:
<< vorherige Seite
Geistr. Sinn- und schlußr.
92. GOtt siht nichts zuvor.
*GOtt sihetnichts zuvor: Drumb leugstu wenn du jhn
Mit der Vorsehung mißt nach deinem blöden Sjnn.
* Jn GOtt ist kein vor oder darnach sehen: sondern Er
siehet von Ewigkeit alles gegenwertig für jhm/ wie es ge-
schiehet/ nicht wie es geschehen wirdt oder geschehen ist.
93. GOtt kan nicht zörnen.
GOtt zörnet nie mit unß/ wir dichtens jhm nur an:
Unmöglich ist es jhm daß er je zörnen kan.
94. GOtt ist nicht beweglich.
Wer saget daß sich GOtt vom Sünder abewendt/
Der giebet klar ann Tag daß er GOtt noch nicht kennt.
Merk. GOtt wendet sich nicht ab/ sondern der Sünder
wendt sich von GOtt.
95. Was GOtt den Seeligen und Ver-
dambten ist.
GOtt ist den Seeligen ein ewger freuden Gast/
Und den Verdammeten ein'ewge überlast.
96. Das Höllische brennt nur.
Die Hölle schadt mir nichts/ wär' ich gleich stäts in jhr:
Daß dich jhr Feuer brennt/ das lieget nur an dir.
97. Der weise klagt nur Sünde.
Der Weise wann er sol von Pein und Unglük sagen/
Wird dir sonst über nichts als über Sünde klagen.
98. GOtt kan dem Willn nicht steuren.
Nichts stärkers ist als GOtt: doch kan er nicht verweh-
ren/*
Daß ich nicht was ich wil sol wollen und begehren.
* Durch
H 5
Geiſtr. Sinn- und ſchlußr.
92. GOtt ſiht nichts zuvor.
*GOtt ſihetnichts zuvor: Drumb leugſtu wenn du jhn
Mit der Vorſehung mißt nach deinem bloͤden Sjnn.
* Jn GOtt iſt kein vor oder darnach ſehen: ſondern Er
ſiehet von Ewigkeit alles gegenwertig fuͤr jhm/ wie es ge-
ſchiehet/ nicht wie es geſchehen wirdt oder geſchehen iſt.
93. GOtt kan nicht zoͤrnen.
GOtt zoͤrnet nie mit unß/ wir dichtens jhm nur an:
Unmoͤglich iſt es jhm daß er je zoͤrnen kan.
94. GOtt iſt nicht beweglich.
Wer ſaget daß ſich GOtt vom Suͤnder abewendt/
Der giebet klar ann Tag daß er GOtt noch nicht kennt.
Merk. GOtt wendet ſich nicht ab/ ſondern der Suͤnder
wendt ſich von GOtt.
95. Was GOtt den Seeligen und Ver-
dambten iſt.
GOtt iſt den Seeligen ein ewger freuden Gaſt/
Und den Verdammeten ein’ewge uͤberlaſt.
96. Das Hoͤlliſche brennt nur.
Die Hoͤlle ſchadt mir nichts/ waͤr’ ich gleich ſtaͤts in jhr:
Daß dich jhr Feuer brennt/ das lieget nur an dir.
97. Der weiſe klagt nur Suͤnde.
Der Weiſe wann er ſol von Pein und Ungluͤk ſagen/
Wird dir ſonſt uͤber nichts als uͤber Suͤnde klagen.
98. GOtt kan dem Willn nicht ſteuren.
Nichts ſtaͤrkers iſt als GOtt: doch kan er nicht verweh-
ren/*
Daß ich nicht was ich wil ſol wollen und begehren.
* Durch
H 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0181" n="186[175]"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Gei&#x017F;tr. <choice><orig>Sinn-und</orig><reg>Sinn- und</reg></choice> &#x017F;chlußr.</hi> </fw><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>92. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">GOtt &#x017F;iht nichts zuvor.</hi></hi></head><lb/>
          <l><note place="end" n="*"/>GOtt &#x017F;ihetnichts zuvor: Drumb leug&#x017F;tu wenn du jhn</l><lb/>
          <l>Mit der Vor&#x017F;ehung mißt nach deinem blo&#x0364;den Sjnn.</l>
        </lg><lb/>
        <note place="end" n="*">Jn GOtt i&#x017F;t kein vor oder darnach &#x017F;ehen: &#x017F;ondern Er<lb/>
&#x017F;iehet von Ewigkeit alles gegenwertig fu&#x0364;r jhm/ wie es ge-<lb/>
&#x017F;chiehet/ nicht wie es ge&#x017F;chehen wirdt oder ge&#x017F;chehen i&#x017F;t.</note><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>93. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">GOtt kan nicht zo&#x0364;rnen.</hi></hi></head><lb/>
          <l>GOtt zo&#x0364;rnet nie mit unß/ wir dichtens jhm nur an:</l><lb/>
          <l>Unmo&#x0364;glich i&#x017F;t es jhm daß er je zo&#x0364;rnen kan.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>94. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">GOtt i&#x017F;t nicht beweglich.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Wer &#x017F;aget daß &#x017F;ich GOtt vom Su&#x0364;nder abewendt/</l><lb/>
          <l>Der giebet klar ann Tag daß er GOtt noch nicht kennt.</l><lb/>
          <l>Merk. GOtt wendet &#x017F;ich nicht ab/ &#x017F;ondern der Su&#x0364;nder</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">wendt &#x017F;ich von GOtt.</hi> </l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>95. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Was GOtt den Seeligen und Ver-<lb/>
dambten i&#x017F;t.</hi></hi></head><lb/>
          <l>GOtt i&#x017F;t den Seeligen ein ewger freuden Ga&#x017F;t/</l><lb/>
          <l>Und den Verdammeten ein&#x2019;ewge u&#x0364;berla&#x017F;t.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>96. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Das Ho&#x0364;lli&#x017F;che brennt nur.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Die Ho&#x0364;lle &#x017F;chadt mir nichts/ wa&#x0364;r&#x2019; ich gleich &#x017F;ta&#x0364;ts in jhr:</l><lb/>
          <l>Daß dich jhr Feuer brennt/ das lieget nur an dir.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>97. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Der wei&#x017F;e klagt nur Su&#x0364;nde.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Der Wei&#x017F;e wann er &#x017F;ol von Pein und Unglu&#x0364;k &#x017F;agen/</l><lb/>
          <l>Wird dir &#x017F;on&#x017F;t u&#x0364;ber nichts als u&#x0364;ber Su&#x0364;nde klagen.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>98. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">GOtt kan dem Willn nicht &#x017F;teuren.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Nichts &#x017F;ta&#x0364;rkers i&#x017F;t als GOtt: doch kan er nicht verweh-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">ren/<note place="end" n="*"/></hi> </l><lb/>
          <l>Daß ich nicht was ich wil &#x017F;ol wollen und begehren.</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">H 5</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">
          <note place="end" n="*"/> <hi rendition="#fr">Durch</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186[175]/0181] Geiſtr. Sinn-und ſchlußr. 92. GOtt ſiht nichts zuvor. * GOtt ſihetnichts zuvor: Drumb leugſtu wenn du jhn Mit der Vorſehung mißt nach deinem bloͤden Sjnn. * Jn GOtt iſt kein vor oder darnach ſehen: ſondern Er ſiehet von Ewigkeit alles gegenwertig fuͤr jhm/ wie es ge- ſchiehet/ nicht wie es geſchehen wirdt oder geſchehen iſt. 93. GOtt kan nicht zoͤrnen. GOtt zoͤrnet nie mit unß/ wir dichtens jhm nur an: Unmoͤglich iſt es jhm daß er je zoͤrnen kan. 94. GOtt iſt nicht beweglich. Wer ſaget daß ſich GOtt vom Suͤnder abewendt/ Der giebet klar ann Tag daß er GOtt noch nicht kennt. Merk. GOtt wendet ſich nicht ab/ ſondern der Suͤnder wendt ſich von GOtt. 95. Was GOtt den Seeligen und Ver- dambten iſt. GOtt iſt den Seeligen ein ewger freuden Gaſt/ Und den Verdammeten ein’ewge uͤberlaſt. 96. Das Hoͤlliſche brennt nur. Die Hoͤlle ſchadt mir nichts/ waͤr’ ich gleich ſtaͤts in jhr: Daß dich jhr Feuer brennt/ das lieget nur an dir. 97. Der weiſe klagt nur Suͤnde. Der Weiſe wann er ſol von Pein und Ungluͤk ſagen/ Wird dir ſonſt uͤber nichts als uͤber Suͤnde klagen. 98. GOtt kan dem Willn nicht ſteuren. Nichts ſtaͤrkers iſt als GOtt: doch kan er nicht verweh- ren/ * Daß ich nicht was ich wil ſol wollen und begehren. * Durch H 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Erstauflage dieses Werkes erschien 1657 unter… [mehr]

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

GREPECT GmbH: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T14:19:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Deutsches Textarchiv: Konvertierung in das DTA-Basisformat. (2013-08-21T14:19:32Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/181
Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 186[175]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/181>, abgerufen am 28.04.2024.