Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.

Bild:
<< vorherige Seite
Geistr. Sinn- und schlußr.
45. Die Laster scheinen nur.
Die Laster gehn bekleidt/ die Tugend stehet Bloß/
Die ist warhafftiglich/ ien' aber scheinen groß.
46. Du bist der erste Sünder.
Schweig Sünder/ schreyhe nicht dir Ev' und Adaman:
Wärn sie nicht vorgefallnn/ du hättest's selbst gethan.
47. Der Geistliche Fenerzeug.
Mein Hertz ists Feuerzeug/ der Zunder gutter Wille:
Schlägt GOtt ein Fünklein drein/ so brennts und leuchts
die völle.
48. Eins kans nicht ohn das andre.
Zwey mussen es vollziehn: ich kans nicht ohne GOtt/
Und GOtt nicht ohne mich: das ich entgeh dem Tod.
49. Die schönste Weißheit.
Mensch steig nicht allzu hoch/ bild dir nichts übrigs ein:
Die schönste Weißheit ist nicht gar zu weise seyn.
50. GOtt ist nicht tugendhafft.
GOtt ist nicht tugendhafft: Auß jhm kombt tugend her/
Wie auß der Sonn die Strahln/ und Wasser auß dem
Meer.
51. Nach GOtt ist alles gebilldet.
GOtt ist von anbegin der Bildner aller dinge/
Und auch jhr Muster selbst. Drumb ist ja keins geringe.
52. Du must der Himmel seyn.
Jnn Himmel komst du nicht/ (laß nur von dem getüm-
mel)
Du seyst dann selbst zuvor ein lebendiger Himmel.
53. Die
H 2
Geiſtr. Sinn- und ſchlußr.
45. Die Laſter ſcheinen nur.
Die Laſter gehn bekleidt/ die Tugend ſtehet Bloß/
Die iſt warhafftiglich/ ien’ aber ſcheinen groß.
46. Du biſt der erſte Suͤnder.
Schweig Suͤnder/ ſchreyhe nicht dir Ev’ und Adaman:
Waͤrn ſie nicht vorgefalln̄/ du haͤtteſt’s ſelbſt gethan.
47. Der Geiſtliche Fenerzeug.
Mein Hertz iſts Feuerzeug/ der Zunder gutter Wille:
Schlaͤgt GOtt ein Fuͤnklein drein/ ſo bren̄ts und leuchts
die voͤlle.
48. Eins kans nicht ohn das andre.
Zwey muſſen es vollziehn: ich kans nicht ohne GOtt/
Und GOtt nicht ohne mich: das ich entgeh dem Tod.
49. Die ſchoͤnſte Weißheit.
Menſch ſteig nicht allzu hoch/ bild dir nichts uͤbrigs ein:
Die ſchoͤnſte Weißheit iſt nicht gar zu weiſe ſeyn.
50. GOtt iſt nicht tugendhafft.
GOtt iſt nicht tugendhafft: Auß jhm kombt tugend her/
Wie auß der Sonn die Strahln/ und Waſſer auß dem
Meer.
51. Nach GOtt iſt alles gebilldet.
GOtt iſt von anbegin der Bildner aller dinge/
Und auch jhr Muſter ſelbſt. Drumb iſt ja keins geringe.
52. Du muſt der Himmel ſeyn.
Jnn Himmel komſt du nicht/ (laß nur von dem getuͤm-
mel)
Du ſeyſt dann ſelbſt zuvor ein lebendiger Himmel.
53. Die
H 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0175" n="180[169]"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Gei&#x017F;tr. <choice><orig>Sinn-und</orig><reg>Sinn- und</reg></choice> &#x017F;chlußr.</hi> </fw><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>45. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Die La&#x017F;ter &#x017F;cheinen nur.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Die La&#x017F;ter gehn bekleidt/ die Tugend &#x017F;tehet Bloß/</l><lb/>
          <l>Die i&#x017F;t warhafftiglich/ ien&#x2019; aber &#x017F;cheinen groß.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>46. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Du bi&#x017F;t der er&#x017F;te Su&#x0364;nder.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Schweig Su&#x0364;nder/ &#x017F;chreyhe nicht dir Ev&#x2019; und Adaman:</l><lb/>
          <l>Wa&#x0364;rn &#x017F;ie nicht vorgefalln&#x0304;/ du ha&#x0364;tte&#x017F;t&#x2019;s &#x017F;elb&#x017F;t gethan.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>47. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Der Gei&#x017F;tliche Fenerzeug.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Mein Hertz i&#x017F;ts Feuerzeug/ der Zunder gutter Wille:</l><lb/>
          <l>Schla&#x0364;gt GOtt ein Fu&#x0364;nklein drein/ &#x017F;o bren&#x0304;ts und leuchts</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">die vo&#x0364;lle.</hi> </l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>48. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Eins kans nicht ohn das andre.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Zwey mu&#x017F;&#x017F;en es vollziehn: ich kans nicht ohne GOtt/</l><lb/>
          <l>Und GOtt nicht ohne mich: das ich entgeh dem Tod.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>49. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Weißheit.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Men&#x017F;ch &#x017F;teig nicht allzu hoch/ bild dir nichts u&#x0364;brigs ein:</l><lb/>
          <l>Die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Weißheit i&#x017F;t nicht gar zu wei&#x017F;e &#x017F;eyn.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>50. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">GOtt i&#x017F;t nicht tugendhafft.</hi></hi></head><lb/>
          <l>GOtt i&#x017F;t nicht tugendhafft: Auß jhm kombt tugend her/</l><lb/>
          <l>Wie auß der Sonn die Strahln/ und Wa&#x017F;&#x017F;er auß dem</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">Meer.</hi> </l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>51. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Nach GOtt i&#x017F;t alles gebilldet.</hi></hi></head><lb/>
          <l>GOtt i&#x017F;t von anbegin der Bildner aller dinge/</l><lb/>
          <l>Und auch jhr Mu&#x017F;ter &#x017F;elb&#x017F;t. Drumb i&#x017F;t ja keins geringe.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>52. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Du mu&#x017F;t der Himmel &#x017F;eyn.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Jnn Himmel kom&#x017F;t du nicht/ (laß nur von dem getu&#x0364;m-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">mel)</hi> </l><lb/>
          <l>Du &#x017F;ey&#x017F;t dann &#x017F;elb&#x017F;t zuvor ein lebendiger Himmel.</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">H 2</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">53. <hi rendition="#fr">Die</hi></fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180[169]/0175] Geiſtr. Sinn-und ſchlußr. 45. Die Laſter ſcheinen nur. Die Laſter gehn bekleidt/ die Tugend ſtehet Bloß/ Die iſt warhafftiglich/ ien’ aber ſcheinen groß. 46. Du biſt der erſte Suͤnder. Schweig Suͤnder/ ſchreyhe nicht dir Ev’ und Adaman: Waͤrn ſie nicht vorgefalln̄/ du haͤtteſt’s ſelbſt gethan. 47. Der Geiſtliche Fenerzeug. Mein Hertz iſts Feuerzeug/ der Zunder gutter Wille: Schlaͤgt GOtt ein Fuͤnklein drein/ ſo bren̄ts und leuchts die voͤlle. 48. Eins kans nicht ohn das andre. Zwey muſſen es vollziehn: ich kans nicht ohne GOtt/ Und GOtt nicht ohne mich: das ich entgeh dem Tod. 49. Die ſchoͤnſte Weißheit. Menſch ſteig nicht allzu hoch/ bild dir nichts uͤbrigs ein: Die ſchoͤnſte Weißheit iſt nicht gar zu weiſe ſeyn. 50. GOtt iſt nicht tugendhafft. GOtt iſt nicht tugendhafft: Auß jhm kombt tugend her/ Wie auß der Sonn die Strahln/ und Waſſer auß dem Meer. 51. Nach GOtt iſt alles gebilldet. GOtt iſt von anbegin der Bildner aller dinge/ Und auch jhr Muſter ſelbſt. Drumb iſt ja keins geringe. 52. Du muſt der Himmel ſeyn. Jnn Himmel komſt du nicht/ (laß nur von dem getuͤm- mel) Du ſeyſt dann ſelbſt zuvor ein lebendiger Himmel. 53. Die H 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Erstauflage dieses Werkes erschien 1657 unter… [mehr]

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

GREPECT GmbH: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T14:19:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Deutsches Textarchiv: Konvertierung in das DTA-Basisformat. (2013-08-21T14:19:32Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/175
Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 180[169]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/175>, abgerufen am 27.11.2024.