Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.

Bild:
<< vorherige Seite
Geistr. Sinn- und schlußr
91. Die geheimbe Rose.
Die Ros' ist meine Seel/ der Dorn deß Fleischeslust/
Der Frühling Gottes gunst/ sein Zorn ist Kält und Frost:
Jhr blühn ist guttes thun/ den Dorn jhr Fleisch nicht ach-
ten/
Mit Tugenden sich ziehrn/ und nach dem Himmel trachten:
Nimmt sie die Zeit wol wahr/ und blüht weils Frühling ist/
So wird sie ewiglich für GOttes Ros' erkiest.
92. Das edleste und schnödeste.
Nichts Edlers ist nach GOtt als meine Seel allein:
Wendt sie sich von jhm ab/ so kan nichts schnöders seyn.
93. Das gröste Heiligthum.
Kein grösser Heiligthum kan man auf Erden finden/
Als einen keuschen Leib mit einer Seel ohn Sünden.
94. Das wehrteste.
Kein ding ist auf der Welt so hoch und wehrt zuachten/
Als Menschen die mit fleiß nach keiner Hochheit trachten.
95. Das Schädlichste.
Die Sünde weil sie GOtt erzörnt/ und dich verletzt/
Wird billich schädlicher als Satan selbst geschätzt.
96. An den Sünder.
Der reichste Teuffel hat nicht einen Kieselstein:
Du bist des ärmbsten Sclav: ka auch was ärmers seyn?
97. Die glükseelige Sünden.
Glükseelig preiß ich dich und alle deine Sünden/
Wo sie nur endlich das/ was Magdalene finden.
98. Sich
Geiſtr. Sinn- und ſchlußr
91. Die geheimbe Roſe.
Die Roſ’ iſt meine Seel/ der Dorn deß Fleiſchesluſt/
Der Fruͤhling Gottes gunſt/ ſein Zorn iſt Kaͤlt und Froſt:
Jhr bluͤhn iſt guttes thun/ den Dorn jhr Fleiſch nicht ach-
ten/
Mit Tugenden ſich ziehrn/ und nach dem Him̄el trachten:
Nim̄t ſie die Zeit wol wahr/ und bluͤht weils Fruͤhling iſt/
So wird ſie ewiglich fuͤr GOttes Roſ’ erkieſt.
92. Das edleſte und ſchnoͤdeſte.
Nichts Edlers iſt nach GOtt als meine Seel allein:
Wendt ſie ſich von jhm ab/ ſo kan nichts ſchnoͤders ſeyn.
93. Das groͤſte Heiligthum.
Kein groͤſſer Heiligthum kan man auf Erden finden/
Als einen keuſchen Leib mit einer Seel ohn Suͤnden.
94. Das wehrteſte.
Kein ding iſt auf der Welt ſo hoch und wehrt zuachten/
Als Menſchen die mit fleiß nach keiner Hochheit trachtẽ.
95. Das Schaͤdlichſte.
Die Suͤnde weil ſie GOtt erzoͤrnt/ und dich verletzt/
Wird billich ſchaͤdlicher als Satan ſelbſt geſchaͤtzt.
96. An den Suͤnder.
Der reichſte Teuffel hat nicht einen Kieſelſtein:
Du biſt des aͤrmbſten Sclav: kã auch was aͤrmers ſeyn?
97. Die gluͤkſeelige Suͤnden.
Gluͤkſeelig preiß ich dich und alle deine Suͤnden/
Wo ſie nur endlich das/ was Magdalene finden.
98. Sich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0115" n="108[109]"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Gei&#x017F;tr. <choice><orig>Sinn-und</orig><reg>Sinn- und</reg></choice> &#x017F;chlußr</hi> </fw><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>91. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Die geheimbe Ro&#x017F;e.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Die Ro&#x017F;&#x2019; i&#x017F;t meine Seel/ der Dorn deß Flei&#x017F;cheslu&#x017F;t/</l><lb/>
          <l>Der Fru&#x0364;hling Gottes gun&#x017F;t/ &#x017F;ein Zorn i&#x017F;t Ka&#x0364;lt und Fro&#x017F;t:</l><lb/>
          <l>Jhr blu&#x0364;hn i&#x017F;t guttes thun/ den Dorn jhr Flei&#x017F;ch nicht ach-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">ten/</hi> </l><lb/>
          <l>Mit Tugenden &#x017F;ich ziehrn/ und nach dem Him&#x0304;el trachten:</l><lb/>
          <l>Nim&#x0304;t &#x017F;ie die Zeit wol wahr/ und blu&#x0364;ht weils Fru&#x0364;hling i&#x017F;t/</l><lb/>
          <l>So wird &#x017F;ie ewiglich fu&#x0364;r GOttes Ro&#x017F;&#x2019; erkie&#x017F;t.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>92. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Das edle&#x017F;te und &#x017F;chno&#x0364;de&#x017F;te.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Nichts Edlers i&#x017F;t nach GOtt als meine Seel allein:</l><lb/>
          <l>Wendt &#x017F;ie &#x017F;ich von jhm ab/ &#x017F;o kan nichts &#x017F;chno&#x0364;ders &#x017F;eyn.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>93. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Das gro&#x0364;&#x017F;te Heiligthum.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Kein gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Heiligthum kan man auf Erden finden/</l><lb/>
          <l>Als einen keu&#x017F;chen Leib mit einer Seel ohn Su&#x0364;nden.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>94. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Das wehrte&#x017F;te.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Kein ding i&#x017F;t auf der Welt &#x017F;o hoch und wehrt zuachten/</l><lb/>
          <l>Als Men&#x017F;chen die mit fleiß nach keiner Hochheit tracht&#x1EBD;.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>95. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Das Scha&#x0364;dlich&#x017F;te.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Die Su&#x0364;nde weil &#x017F;ie GOtt erzo&#x0364;rnt/ und dich verletzt/</l><lb/>
          <l>Wird billich &#x017F;cha&#x0364;dlicher als <hi rendition="#fr">Satan</hi> &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;cha&#x0364;tzt.</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>96. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">An den Su&#x0364;nder.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Der reich&#x017F;te Teuffel hat nicht einen Kie&#x017F;el&#x017F;tein:</l><lb/>
          <l>Du bi&#x017F;t des a&#x0364;rmb&#x017F;ten <hi rendition="#fr">Sclav</hi>: kã auch was a&#x0364;rmers &#x017F;eyn?</l>
        </lg><lb/>
        <lg type="poem">
          <head>97. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Die glu&#x0364;k&#x017F;eelige Su&#x0364;nden.</hi></hi></head><lb/>
          <l>Glu&#x0364;k&#x017F;eelig preiß ich dich und alle deine Su&#x0364;nden/</l><lb/>
          <l>Wo &#x017F;ie nur endlich das/ was Magdalene finden.</l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">98. <hi rendition="#fr">Sich</hi></fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108[109]/0115] Geiſtr. Sinn-und ſchlußr 91. Die geheimbe Roſe. Die Roſ’ iſt meine Seel/ der Dorn deß Fleiſchesluſt/ Der Fruͤhling Gottes gunſt/ ſein Zorn iſt Kaͤlt und Froſt: Jhr bluͤhn iſt guttes thun/ den Dorn jhr Fleiſch nicht ach- ten/ Mit Tugenden ſich ziehrn/ und nach dem Him̄el trachten: Nim̄t ſie die Zeit wol wahr/ und bluͤht weils Fruͤhling iſt/ So wird ſie ewiglich fuͤr GOttes Roſ’ erkieſt. 92. Das edleſte und ſchnoͤdeſte. Nichts Edlers iſt nach GOtt als meine Seel allein: Wendt ſie ſich von jhm ab/ ſo kan nichts ſchnoͤders ſeyn. 93. Das groͤſte Heiligthum. Kein groͤſſer Heiligthum kan man auf Erden finden/ Als einen keuſchen Leib mit einer Seel ohn Suͤnden. 94. Das wehrteſte. Kein ding iſt auf der Welt ſo hoch und wehrt zuachten/ Als Menſchen die mit fleiß nach keiner Hochheit trachtẽ. 95. Das Schaͤdlichſte. Die Suͤnde weil ſie GOtt erzoͤrnt/ und dich verletzt/ Wird billich ſchaͤdlicher als Satan ſelbſt geſchaͤtzt. 96. An den Suͤnder. Der reichſte Teuffel hat nicht einen Kieſelſtein: Du biſt des aͤrmbſten Sclav: kã auch was aͤrmers ſeyn? 97. Die gluͤkſeelige Suͤnden. Gluͤkſeelig preiß ich dich und alle deine Suͤnden/ Wo ſie nur endlich das/ was Magdalene finden. 98. Sich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Erstauflage dieses Werkes erschien 1657 unter… [mehr]

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

GREPECT GmbH: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T14:19:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Deutsches Textarchiv: Konvertierung in das DTA-Basisformat. (2013-08-21T14:19:32Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/115
Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 108[109]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/115>, abgerufen am 27.11.2024.