Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796.aus Sibirien. migern mit Granit-Grand, der aus Quarz, Glimmerund Feldspat bestand, angefüllten Boden, und war der Sonne ganz ausgesezt, daher dann auch seine Tempera- tur 17° Reaumur war. Fast beständig stiegen häufige große Luftblasen aus dem hin und wieder mit conferva bullosa bedeckten Boden auf, die nichts anders wie at- mosphärische Luft zu seyn schienen. Jm Schlamm la- gen einige rußische Kupfermünzen, die grün angelaufen waren, welches ich aber von der phlogistischen Sumpf- luft herleite, die nun aus dem Schlamm ausstieg, als meine Geldbegierige Casaken anfiengen alles durch- einander zu wühlen. Zwey Stunden brauchte das Was- ser, ehe es sich wieder abhellte. Silber legte ich 4 Stun- den lang hinein, es blieb aber rein wie vor. Bey erst- erwähnter Quelle war ein langer hölzerner Badetrog an- gebracht, auf dessen Rande, an einem Ellenhohen Sto- cke eine solche kleine Windmühle sich drehete, wie bey uns die Kinder öfters aus dünnen Breterchen zum Spie- len zu machen pflegen; auf die Brettchen war in tan- gutischer Sprache das Gebet: Om-ma-ni-bad-me- chum geschrieben, hieraus und aus der Kupfermünze, die dem Wassergott, als ein Opfer gebracht worden, sah ich gleich daß alle diese erwähnte Anstalten und Einfas- sung von unsern Mongolen, die hierher zum Baden kommen, gemacht waren. So oft die kleine Windmühle vom Winde umgedrehet wird, bedeutet jede Umdrehung die Hersagung des Gebets. Jn einem Umfange von 10 bis 15 Faden fand ich hier folgende Pflanzen: Ru- bus chamaemorus, Holcus odoratus; Viola uniflora, biflora, D 3
aus Sibirien. migern mit Granit-Grand, der aus Quarz, Glimmerund Feldſpat beſtand, angefuͤllten Boden, und war der Sonne ganz ausgeſezt, daher dann auch ſeine Tempera- tur 17° Reaumur war. Faſt beſtaͤndig ſtiegen haͤufige große Luftblaſen aus dem hin und wieder mit conferva bulloſa bedeckten Boden auf, die nichts anders wie at- mosphaͤriſche Luft zu ſeyn ſchienen. Jm Schlamm la- gen einige rußiſche Kupfermuͤnzen, die gruͤn angelaufen waren, welches ich aber von der phlogiſtiſchen Sumpf- luft herleite, die nun aus dem Schlamm ausſtieg, als meine Geldbegierige Caſaken anfiengen alles durch- einander zu wuͤhlen. Zwey Stunden brauchte das Waſ- ſer, ehe es ſich wieder abhellte. Silber legte ich 4 Stun- den lang hinein, es blieb aber rein wie vor. Bey erſt- erwaͤhnter Quelle war ein langer hoͤlzerner Badetrog an- gebracht, auf deſſen Rande, an einem Ellenhohen Sto- cke eine ſolche kleine Windmuͤhle ſich drehete, wie bey uns die Kinder oͤfters aus duͤnnen Breterchen zum Spie- len zu machen pflegen; auf die Brettchen war in tan- gutiſcher Sprache das Gebet: Om-ma-ni-bad-me- chum geſchrieben, hieraus und aus der Kupfermuͤnze, die dem Waſſergott, als ein Opfer gebracht worden, ſah ich gleich daß alle dieſe erwaͤhnte Anſtalten und Einfaſ- ſung von unſern Mongolen, die hierher zum Baden kommen, gemacht waren. So oft die kleine Windmuͤhle vom Winde umgedrehet wird, bedeutet jede Umdrehung die Herſagung des Gebets. Jn einem Umfange von 10 bis 15 Faden fand ich hier folgende Pflanzen: Ru- bus chamaemorus, Holcus odoratus; Viola uniflora, biflora, D 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0061" n="53"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">aus Sibirien.</hi></fw><lb/> migern mit Granit-Grand, der aus Quarz, Glimmer<lb/> und Feldſpat beſtand, angefuͤllten Boden, und war der<lb/> Sonne ganz ausgeſezt, daher dann auch ſeine Tempera-<lb/> tur 17° Reaumur war. Faſt beſtaͤndig ſtiegen haͤufige<lb/> große Luftblaſen aus dem hin und wieder mit <hi rendition="#aq">conferva<lb/> bulloſa</hi> bedeckten Boden auf, die nichts anders wie at-<lb/> mosphaͤriſche Luft zu ſeyn ſchienen. Jm Schlamm la-<lb/> gen einige rußiſche Kupfermuͤnzen, die gruͤn angelaufen<lb/> waren, welches ich aber von der <hi rendition="#fr">phlogiſtiſchen</hi> Sumpf-<lb/> luft herleite, die nun aus dem Schlamm ausſtieg, als<lb/> meine Geldbegierige Caſaken anfiengen alles durch-<lb/> einander zu wuͤhlen. Zwey Stunden brauchte das Waſ-<lb/> ſer, ehe es ſich wieder abhellte. Silber legte ich 4 Stun-<lb/> den lang hinein, es blieb aber rein wie vor. Bey erſt-<lb/> erwaͤhnter Quelle war ein langer hoͤlzerner Badetrog an-<lb/> gebracht, auf deſſen Rande, an einem Ellenhohen Sto-<lb/> cke eine ſolche kleine Windmuͤhle ſich drehete, wie bey<lb/> uns die Kinder oͤfters aus duͤnnen Breterchen zum Spie-<lb/> len zu machen pflegen; auf die Brettchen war in tan-<lb/> gutiſcher Sprache das Gebet: <hi rendition="#fr">Om-ma-ni-bad-me-<lb/> chum</hi> geſchrieben, hieraus und aus der Kupfermuͤnze,<lb/> die dem Waſſergott, als ein Opfer gebracht worden, ſah<lb/> ich gleich daß alle dieſe erwaͤhnte Anſtalten und Einfaſ-<lb/> ſung von unſern Mongolen, die hierher zum Baden<lb/> kommen, gemacht waren. So oft die kleine Windmuͤhle<lb/> vom Winde umgedrehet wird, bedeutet jede Umdrehung<lb/> die Herſagung des Gebets. Jn einem Umfange von<lb/> 10 bis 15 Faden fand ich hier folgende Pflanzen: <hi rendition="#aq">Ru-<lb/> bus chamaemorus, Holcus odoratus; Viola uniflora,</hi><lb/> <fw place="bottom" type="sig">D 3</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">biflora,</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0061]
aus Sibirien.
migern mit Granit-Grand, der aus Quarz, Glimmer
und Feldſpat beſtand, angefuͤllten Boden, und war der
Sonne ganz ausgeſezt, daher dann auch ſeine Tempera-
tur 17° Reaumur war. Faſt beſtaͤndig ſtiegen haͤufige
große Luftblaſen aus dem hin und wieder mit conferva
bulloſa bedeckten Boden auf, die nichts anders wie at-
mosphaͤriſche Luft zu ſeyn ſchienen. Jm Schlamm la-
gen einige rußiſche Kupfermuͤnzen, die gruͤn angelaufen
waren, welches ich aber von der phlogiſtiſchen Sumpf-
luft herleite, die nun aus dem Schlamm ausſtieg, als
meine Geldbegierige Caſaken anfiengen alles durch-
einander zu wuͤhlen. Zwey Stunden brauchte das Waſ-
ſer, ehe es ſich wieder abhellte. Silber legte ich 4 Stun-
den lang hinein, es blieb aber rein wie vor. Bey erſt-
erwaͤhnter Quelle war ein langer hoͤlzerner Badetrog an-
gebracht, auf deſſen Rande, an einem Ellenhohen Sto-
cke eine ſolche kleine Windmuͤhle ſich drehete, wie bey
uns die Kinder oͤfters aus duͤnnen Breterchen zum Spie-
len zu machen pflegen; auf die Brettchen war in tan-
gutiſcher Sprache das Gebet: Om-ma-ni-bad-me-
chum geſchrieben, hieraus und aus der Kupfermuͤnze,
die dem Waſſergott, als ein Opfer gebracht worden, ſah
ich gleich daß alle dieſe erwaͤhnte Anſtalten und Einfaſ-
ſung von unſern Mongolen, die hierher zum Baden
kommen, gemacht waren. So oft die kleine Windmuͤhle
vom Winde umgedrehet wird, bedeutet jede Umdrehung
die Herſagung des Gebets. Jn einem Umfange von
10 bis 15 Faden fand ich hier folgende Pflanzen: Ru-
bus chamaemorus, Holcus odoratus; Viola uniflora,
biflora,
D 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |