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Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796.

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Sievers Briefe
habenden Leuten. Ueberhaupt werden sie mit der
Zeit fürs Reich sehr nutzbar werden. Bis auf ihre
Verzeihung reubten sie die Weibsleute aus den
Dörfern, die dann gemeinschaftlich waren; aber
nunmehro sind durch gehörige Gesetze und gute Einrich-
tungen alle Unordnungen gehoben. Von Taufen und an-
dern Christlichen Ceremonien war damals nicht die Rede.

Schade daß hier eine so ungeheure Menge Moschki
und Mücken ist. Gleichfalls fehlt es an den sogenann-
ten Ohrwürmern nicht, die besonders des Abends und
Nachts sich häufig bey der Tafel und im Bette einfinden.
So auch sind die Flöhe hier ein einheimisches Jnsekt,
welche sich im Sande sehr häufig generiren. Ein ähnli-
ches habe ich auf einer Sandreichen Jnsel in der balti-
schen See, mit Namen Seskar, während eines 10 wö-
chentlichen Aufenthalts, zu bemerken Gelegenheit gehabt.
An gutem Bier wird es mit der Zeit diesen Bergbewoh-
nern nicht fehlen, denn Hopfen wächst am Buchtorma
häufig wild. Jch nahm den 6. August Abschied von
meinen freundlichen Wirthen, und kehrte auf demselben
Wege wieder nach der Festung Ustkamenogorsk,
ohne weitere Unbequemlichkeiten auf der Reise gehabt zu
haben, als von den Mücken weidlich geplagt zu werden,
und daß eins von meinen Pferden von den sogenannten
Nokket befallen wurde (einer Krankheit, die einer Epi-
lepsie ähnlich ist, und die wahrscheinlich von Jnsekten
herrührt, welche sich etwa, wann das Thier seine Excre-
mente von sich giebt, in den Mastdarm hineinschleichen.)
Dergleichen Zufälle sind hier häufig und öfters tödtlich,

welches

Sievers Briefe
habenden Leuten. Ueberhaupt werden ſie mit der
Zeit fuͤrs Reich ſehr nutzbar werden. Bis auf ihre
Verzeihung reubten ſie die Weibsleute aus den
Doͤrfern, die dann gemeinſchaftlich waren; aber
nunmehro ſind durch gehoͤrige Geſetze und gute Einrich-
tungen alle Unordnungen gehoben. Von Taufen und an-
dern Chriſtlichen Ceremonien war damals nicht die Rede.

Schade daß hier eine ſo ungeheure Menge Moſchki
und Muͤcken iſt. Gleichfalls fehlt es an den ſogenann-
ten Ohrwuͤrmern nicht, die beſonders des Abends und
Nachts ſich haͤufig bey der Tafel und im Bette einfinden.
So auch ſind die Floͤhe hier ein einheimiſches Jnſekt,
welche ſich im Sande ſehr haͤufig generiren. Ein aͤhnli-
ches habe ich auf einer Sandreichen Jnſel in der balti-
ſchen See, mit Namen Seskar, waͤhrend eines 10 woͤ-
chentlichen Aufenthalts, zu bemerken Gelegenheit gehabt.
An gutem Bier wird es mit der Zeit dieſen Bergbewoh-
nern nicht fehlen, denn Hopfen waͤchſt am Buchtorma
haͤufig wild. Jch nahm den 6. Auguſt Abſchied von
meinen freundlichen Wirthen, und kehrte auf demſelben
Wege wieder nach der Feſtung Uſtkamenogorsk,
ohne weitere Unbequemlichkeiten auf der Reiſe gehabt zu
haben, als von den Muͤcken weidlich geplagt zu werden,
und daß eins von meinen Pferden von den ſogenannten
Nokket befallen wurde (einer Krankheit, die einer Epi-
lepſie aͤhnlich iſt, und die wahrſcheinlich von Jnſekten
herruͤhrt, welche ſich etwa, wann das Thier ſeine Excre-
mente von ſich giebt, in den Maſtdarm hineinſchleichen.)
Dergleichen Zufaͤlle ſind hier haͤufig und oͤfters toͤdtlich,

welches
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[108/0116] Sievers Briefe habenden Leuten. Ueberhaupt werden ſie mit der Zeit fuͤrs Reich ſehr nutzbar werden. Bis auf ihre Verzeihung reubten ſie die Weibsleute aus den Doͤrfern, die dann gemeinſchaftlich waren; aber nunmehro ſind durch gehoͤrige Geſetze und gute Einrich- tungen alle Unordnungen gehoben. Von Taufen und an- dern Chriſtlichen Ceremonien war damals nicht die Rede. Schade daß hier eine ſo ungeheure Menge Moſchki und Muͤcken iſt. Gleichfalls fehlt es an den ſogenann- ten Ohrwuͤrmern nicht, die beſonders des Abends und Nachts ſich haͤufig bey der Tafel und im Bette einfinden. So auch ſind die Floͤhe hier ein einheimiſches Jnſekt, welche ſich im Sande ſehr haͤufig generiren. Ein aͤhnli- ches habe ich auf einer Sandreichen Jnſel in der balti- ſchen See, mit Namen Seskar, waͤhrend eines 10 woͤ- chentlichen Aufenthalts, zu bemerken Gelegenheit gehabt. An gutem Bier wird es mit der Zeit dieſen Bergbewoh- nern nicht fehlen, denn Hopfen waͤchſt am Buchtorma haͤufig wild. Jch nahm den 6. Auguſt Abſchied von meinen freundlichen Wirthen, und kehrte auf demſelben Wege wieder nach der Feſtung Uſtkamenogorsk, ohne weitere Unbequemlichkeiten auf der Reiſe gehabt zu haben, als von den Muͤcken weidlich geplagt zu werden, und daß eins von meinen Pferden von den ſogenannten Nokket befallen wurde (einer Krankheit, die einer Epi- lepſie aͤhnlich iſt, und die wahrſcheinlich von Jnſekten herruͤhrt, welche ſich etwa, wann das Thier ſeine Excre- mente von ſich giebt, in den Maſtdarm hineinſchleichen.) Dergleichen Zufaͤlle ſind hier haͤufig und oͤfters toͤdtlich, welches

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Zitationshilfe: Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siever_briefe_1796/116>, abgerufen am 27.11.2024.