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Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866.

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des Leitungsdrahtes eingeschalteten Magnetes. Dieser zog sei¬
nen Anker an und es begann auf dem durch das Laufwerk fort¬
gezogenen Papierstreifen ein Strich, welcher sich so lange fort¬
setzte, bis der Strom durch Loslassen des durch eine Feder zu¬
rückgezogenen Drückers wieder unterbrochen wurde.

Der Telegraphist konnte mithin nach Belieben Punkte und
Striche auf dem Papierstreifen erzeugen und dieselben durch
beliebig lange Zwischenräume von einander trennen. Hatte er
nun ein aus zwei Elementarzeichen -- hier also aus Punkten
und Strichen -- combinirtes Alphabet, wie Schweigger es
vorschlug, im Kopfe, so konnte er sich seinem Korrespondenten
leicht und sicher verständlich machen.

Der Morse'sche Telegraph unterschied sich vom Stein¬
heil'schen also wesentlich dadurch, daß ersterer Electromagnete
anstatt der Magnetnadeln benutzte und seine auf dem Papier¬
streifen verzeichneten Buchstaben und sonstigen Zeichen aus Punk¬
ten und Strichen, anstatt aus Punkten in zwei Linien zusam¬
mensetzte. Man nennt daher daher alle Telegraphenapparate,
welche diese Eigenschaften haben, Morse'sche Telegraphen, wie
verschieden sie auch sonst vom ursprünglichen Morse'schen Tele¬
graphen sein mögen.

Da der electrische Strom dadurch sehr geschwächt wird,
daß er lange und dünne Drähte zu durchlaufen hat, so be¬
durfte man sehr starker Batterien, um dem Electromagnete die
zur Eindrückung des Papierstreifens nothwendige Kraft mitzu¬
theilen. Dieser Uebelstand ward dadurch beseitigt, daß man
ein sogenanntes relais oder Uebertrager mit dem Schreib-Appa¬
rate verband. Dies relais besteht aus einem kleinen Electro¬
magnet, welcher in die Leitung eingeschaltet wird. Ueber den
Polen dieses Magnetes befindet sich ein Anker, welcher sich
leicht um eine seitlich angebrachte Axe dreht. Die Bewegung
des Ankers wird durch zwei Anschläge, von denen der eine

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des Leitungsdrahtes eingeſchalteten Magnetes. Dieſer zog ſei¬
nen Anker an und es begann auf dem durch das Laufwerk fort¬
gezogenen Papierſtreifen ein Strich, welcher ſich ſo lange fort¬
ſetzte, bis der Strom durch Loslaſſen des durch eine Feder zu¬
rückgezogenen Drückers wieder unterbrochen wurde.

Der Telegraphiſt konnte mithin nach Belieben Punkte und
Striche auf dem Papierſtreifen erzeugen und dieſelben durch
beliebig lange Zwiſchenräume von einander trennen. Hatte er
nun ein aus zwei Elementarzeichen — hier alſo aus Punkten
und Strichen — combinirtes Alphabet, wie Schweigger es
vorſchlug, im Kopfe, ſo konnte er ſich ſeinem Korreſpondenten
leicht und ſicher verſtändlich machen.

Der Morſe'ſche Telegraph unterſchied ſich vom Stein¬
heil'ſchen alſo weſentlich dadurch, daß erſterer Electromagnete
anſtatt der Magnetnadeln benutzte und ſeine auf dem Papier¬
ſtreifen verzeichneten Buchſtaben und ſonſtigen Zeichen aus Punk¬
ten und Strichen, anſtatt aus Punkten in zwei Linien zuſam¬
menſetzte. Man nennt daher daher alle Telegraphenapparate,
welche dieſe Eigenſchaften haben, Morſe'ſche Telegraphen, wie
verſchieden ſie auch ſonſt vom urſprünglichen Morſe'ſchen Tele¬
graphen ſein mögen.

Da der electriſche Strom dadurch ſehr geſchwächt wird,
daß er lange und dünne Drähte zu durchlaufen hat, ſo be¬
durfte man ſehr ſtarker Batterien, um dem Electromagnete die
zur Eindrückung des Papierſtreifens nothwendige Kraft mitzu¬
theilen. Dieſer Uebelſtand ward dadurch beſeitigt, daß man
ein ſogenanntes relais oder Uebertrager mit dem Schreib-Appa¬
rate verband. Dies relais beſteht aus einem kleinen Electro¬
magnet, welcher in die Leitung eingeſchaltet wird. Ueber den
Polen dieſes Magnetes befindet ſich ein Anker, welcher ſich
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[17/0023] des Leitungsdrahtes eingeſchalteten Magnetes. Dieſer zog ſei¬ nen Anker an und es begann auf dem durch das Laufwerk fort¬ gezogenen Papierſtreifen ein Strich, welcher ſich ſo lange fort¬ ſetzte, bis der Strom durch Loslaſſen des durch eine Feder zu¬ rückgezogenen Drückers wieder unterbrochen wurde. Der Telegraphiſt konnte mithin nach Belieben Punkte und Striche auf dem Papierſtreifen erzeugen und dieſelben durch beliebig lange Zwiſchenräume von einander trennen. Hatte er nun ein aus zwei Elementarzeichen — hier alſo aus Punkten und Strichen — combinirtes Alphabet, wie Schweigger es vorſchlug, im Kopfe, ſo konnte er ſich ſeinem Korreſpondenten leicht und ſicher verſtändlich machen. Der Morſe'ſche Telegraph unterſchied ſich vom Stein¬ heil'ſchen alſo weſentlich dadurch, daß erſterer Electromagnete anſtatt der Magnetnadeln benutzte und ſeine auf dem Papier¬ ſtreifen verzeichneten Buchſtaben und ſonſtigen Zeichen aus Punk¬ ten und Strichen, anſtatt aus Punkten in zwei Linien zuſam¬ menſetzte. Man nennt daher daher alle Telegraphenapparate, welche dieſe Eigenſchaften haben, Morſe'ſche Telegraphen, wie verſchieden ſie auch ſonſt vom urſprünglichen Morſe'ſchen Tele¬ graphen ſein mögen. Da der electriſche Strom dadurch ſehr geſchwächt wird, daß er lange und dünne Drähte zu durchlaufen hat, ſo be¬ durfte man ſehr ſtarker Batterien, um dem Electromagnete die zur Eindrückung des Papierſtreifens nothwendige Kraft mitzu¬ theilen. Dieſer Uebelſtand ward dadurch beſeitigt, daß man ein ſogenanntes relais oder Uebertrager mit dem Schreib-Appa¬ rate verband. Dies relais beſteht aus einem kleinen Electro¬ magnet, welcher in die Leitung eingeſchaltet wird. Ueber den Polen dieſes Magnetes befindet ſich ein Anker, welcher ſich leicht um eine ſeitlich angebrachte Axe dreht. Die Bewegung des Ankers wird durch zwei Anſchläge, von denen der eine 22. 2

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866/23>, abgerufen am 28.03.2024.