Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

pfindlichen Galvanometers geprüft und derselbe nur dann zur
weiteren Verwendung genommen, wenn das zwischen dem Draht
und das ihn umgebende Wasser mit einer Säule von 8 Daniell'-
Elementen eingeschaltete Galvanometer keine Spur von Ablenkung
zeigte. Zu grösserer Sicherheit ward der Draht beim Einlegen
in den 2' tiefen Graben auf dem Planum der Eisenbahn noch
mit einer Mischung von Marineleim, Steinkohlentheer und Colo-
phonium überzogen. Die Drahtenden wurden mit Zinn zusammen-
gelöthet und die Löthstellen durch Umkleben mit erwärmten
Guttapercha-Platten ebenfalls isolirt. Der zweite Ueberzug des
Drahtes schien nöthig, weil Versuche gezeigt hatten, dass die reine
Guttapercha bei längerem Liegen im Wasser an der Oberfläche
eine Rückbildung in weisses Hydrat erleidet und hierdurch die
Gefahr entstand, dass die Isolation sich mit der Zeit vermindern
würde. Diese Eigenschaft der Guttapercha tritt besonders bei
längerem Liegen im Meerwasser hervor. Bei einer Minenanlage,
die ich im Sommer 1848 im Kieler Hafen in Gemeinschaft mit
Prof. Himly in Kiel ausführte, waren die mit reiner Guttapercha
bekleideten Drähte, welche zur Entzündung der auf dem Grunde
des Fahrwassers liegenden Pulvermassen dienen sollten, nach
circa 6 Monaten mit einer dünnen Lage weisser Guttapercha be-
kleidet. Die weisse Farbe verschwand wieder, wenn die Drähte
einige Tage der Luft ausgesetzt waren. Es wurde aus diesem
Grunde und der grösseren Härte der Masse wegen bei sämmt-
lichen später angefertigten Drähten geschwefelte Guttapercha in
Anwendung gebracht.

Mehrfache Untersuchungen der oben erwähnten Leitung von
Berlin nach Gr. Beeren im Frühjahr und Sommer des Jahres
1848 ergaben, dass die Isolation der Leitung in unveränderter
Güte blieb, und dass auch die Guttapercha sich unverändert er-
hielt. In Folge dessen erklärte sich die Commission für die
Anwendung dieser Leitungen zu den vom Preussischen Staate
beabsichtigen Telegraphen-Anlagen, und es ward nun ein bis-
heriges Mitglied derselben, der Regierungs- und Bau-Rath Notte-
bohm, mit der Oberleitung des Baues derselben betraut.

Die bisherigen Erfahrungen hatten gezeigt, dass die bis dahin
angewandte Methode der Bekleidung der Drähte mit Guttapercha
noch sehr mangelhaft war. Die in Form zweier schmaler Riemen

pfindlichen Galvanometers geprüft und derselbe nur dann zur
weiteren Verwendung genommen, wenn das zwischen dem Draht
und das ihn umgebende Wasser mit einer Säule von 8 Daniell’-
Elementen eingeschaltete Galvanometer keine Spur von Ablenkung
zeigte. Zu grösserer Sicherheit ward der Draht beim Einlegen
in den 2' tiefen Graben auf dem Planum der Eisenbahn noch
mit einer Mischung von Marineleim, Steinkohlentheer und Colo-
phonium überzogen. Die Drahtenden wurden mit Zinn zusammen-
gelöthet und die Löthstellen durch Umkleben mit erwärmten
Guttapercha-Platten ebenfalls isolirt. Der zweite Ueberzug des
Drahtes schien nöthig, weil Versuche gezeigt hatten, dass die reine
Guttapercha bei längerem Liegen im Wasser an der Oberfläche
eine Rückbildung in weisses Hydrat erleidet und hierdurch die
Gefahr entstand, dass die Isolation sich mit der Zeit vermindern
würde. Diese Eigenschaft der Guttapercha tritt besonders bei
längerem Liegen im Meerwasser hervor. Bei einer Minenanlage,
die ich im Sommer 1848 im Kieler Hafen in Gemeinschaft mit
Prof. Himly in Kiel ausführte, waren die mit reiner Guttapercha
bekleideten Drähte, welche zur Entzündung der auf dem Grunde
des Fahrwassers liegenden Pulvermassen dienen sollten, nach
circa 6 Monaten mit einer dünnen Lage weisser Guttapercha be-
kleidet. Die weisse Farbe verschwand wieder, wenn die Drähte
einige Tage der Luft ausgesetzt waren. Es wurde aus diesem
Grunde und der grösseren Härte der Masse wegen bei sämmt-
lichen später angefertigten Drähten geschwefelte Guttapercha in
Anwendung gebracht.

Mehrfache Untersuchungen der oben erwähnten Leitung von
Berlin nach Gr. Beeren im Frühjahr und Sommer des Jahres
1848 ergaben, dass die Isolation der Leitung in unveränderter
Güte blieb, und dass auch die Guttapercha sich unverändert er-
hielt. In Folge dessen erklärte sich die Commission für die
Anwendung dieser Leitungen zu den vom Preussischen Staate
beabsichtigen Telegraphen-Anlagen, und es ward nun ein bis-
heriges Mitglied derselben, der Regierungs- und Bau-Rath Notte-
bohm, mit der Oberleitung des Baues derselben betraut.

Die bisherigen Erfahrungen hatten gezeigt, dass die bis dahin
angewandte Methode der Bekleidung der Drähte mit Guttapercha
noch sehr mangelhaft war. Die in Form zweier schmaler Riemen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0058" n="40"/>
pfindlichen Galvanometers geprüft und derselbe nur dann zur<lb/>
weiteren Verwendung genommen, wenn das zwischen dem Draht<lb/>
und das ihn umgebende Wasser mit einer Säule von 8 Daniell&#x2019;-<lb/>
Elementen eingeschaltete Galvanometer keine Spur von Ablenkung<lb/>
zeigte. Zu grösserer Sicherheit ward der Draht beim Einlegen<lb/>
in den 2' tiefen Graben auf dem Planum der Eisenbahn noch<lb/>
mit einer Mischung von Marineleim, Steinkohlentheer und Colo-<lb/>
phonium überzogen. Die Drahtenden wurden mit Zinn zusammen-<lb/>
gelöthet und die Löthstellen durch Umkleben mit erwärmten<lb/>
Guttapercha-Platten ebenfalls isolirt. Der zweite Ueberzug des<lb/>
Drahtes schien nöthig, weil Versuche gezeigt hatten, dass die reine<lb/>
Guttapercha bei längerem Liegen im Wasser an der Oberfläche<lb/>
eine Rückbildung in weisses Hydrat erleidet und hierdurch die<lb/>
Gefahr entstand, dass die Isolation sich mit der Zeit vermindern<lb/>
würde. Diese Eigenschaft der Guttapercha tritt besonders bei<lb/>
längerem Liegen im Meerwasser hervor. Bei einer Minenanlage,<lb/>
die ich im Sommer 1848 im Kieler Hafen in Gemeinschaft mit<lb/>
Prof. Himly in Kiel ausführte, waren die mit reiner Guttapercha<lb/>
bekleideten Drähte, welche zur Entzündung der auf dem Grunde<lb/>
des Fahrwassers liegenden Pulvermassen dienen sollten, nach<lb/>
circa 6 Monaten mit einer dünnen Lage weisser Guttapercha be-<lb/>
kleidet. Die weisse Farbe verschwand wieder, wenn die Drähte<lb/>
einige Tage der Luft ausgesetzt waren. Es wurde aus diesem<lb/>
Grunde und der grösseren Härte der Masse wegen bei sämmt-<lb/>
lichen später angefertigten Drähten geschwefelte Guttapercha in<lb/>
Anwendung gebracht.</p><lb/>
        <p>Mehrfache Untersuchungen der oben erwähnten Leitung von<lb/>
Berlin nach Gr. Beeren im Frühjahr und Sommer des Jahres<lb/>
1848 ergaben, dass die Isolation der Leitung in unveränderter<lb/>
Güte blieb, und dass auch die Guttapercha sich unverändert er-<lb/>
hielt. In Folge dessen erklärte sich die Commission für die<lb/>
Anwendung dieser Leitungen zu den vom Preussischen Staate<lb/>
beabsichtigen Telegraphen-Anlagen, und es ward nun ein bis-<lb/>
heriges Mitglied derselben, der Regierungs- und Bau-Rath Notte-<lb/>
bohm, mit der Oberleitung des Baues derselben betraut.</p><lb/>
        <p>Die bisherigen Erfahrungen hatten gezeigt, dass die bis dahin<lb/>
angewandte Methode der Bekleidung der Drähte mit Guttapercha<lb/>
noch sehr mangelhaft war. Die in Form zweier schmaler Riemen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0058] pfindlichen Galvanometers geprüft und derselbe nur dann zur weiteren Verwendung genommen, wenn das zwischen dem Draht und das ihn umgebende Wasser mit einer Säule von 8 Daniell’- Elementen eingeschaltete Galvanometer keine Spur von Ablenkung zeigte. Zu grösserer Sicherheit ward der Draht beim Einlegen in den 2' tiefen Graben auf dem Planum der Eisenbahn noch mit einer Mischung von Marineleim, Steinkohlentheer und Colo- phonium überzogen. Die Drahtenden wurden mit Zinn zusammen- gelöthet und die Löthstellen durch Umkleben mit erwärmten Guttapercha-Platten ebenfalls isolirt. Der zweite Ueberzug des Drahtes schien nöthig, weil Versuche gezeigt hatten, dass die reine Guttapercha bei längerem Liegen im Wasser an der Oberfläche eine Rückbildung in weisses Hydrat erleidet und hierdurch die Gefahr entstand, dass die Isolation sich mit der Zeit vermindern würde. Diese Eigenschaft der Guttapercha tritt besonders bei längerem Liegen im Meerwasser hervor. Bei einer Minenanlage, die ich im Sommer 1848 im Kieler Hafen in Gemeinschaft mit Prof. Himly in Kiel ausführte, waren die mit reiner Guttapercha bekleideten Drähte, welche zur Entzündung der auf dem Grunde des Fahrwassers liegenden Pulvermassen dienen sollten, nach circa 6 Monaten mit einer dünnen Lage weisser Guttapercha be- kleidet. Die weisse Farbe verschwand wieder, wenn die Drähte einige Tage der Luft ausgesetzt waren. Es wurde aus diesem Grunde und der grösseren Härte der Masse wegen bei sämmt- lichen später angefertigten Drähten geschwefelte Guttapercha in Anwendung gebracht. Mehrfache Untersuchungen der oben erwähnten Leitung von Berlin nach Gr. Beeren im Frühjahr und Sommer des Jahres 1848 ergaben, dass die Isolation der Leitung in unveränderter Güte blieb, und dass auch die Guttapercha sich unverändert er- hielt. In Folge dessen erklärte sich die Commission für die Anwendung dieser Leitungen zu den vom Preussischen Staate beabsichtigen Telegraphen-Anlagen, und es ward nun ein bis- heriges Mitglied derselben, der Regierungs- und Bau-Rath Notte- bohm, mit der Oberleitung des Baues derselben betraut. Die bisherigen Erfahrungen hatten gezeigt, dass die bis dahin angewandte Methode der Bekleidung der Drähte mit Guttapercha noch sehr mangelhaft war. Die in Form zweier schmaler Riemen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/58
Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/58>, abgerufen am 22.11.2024.