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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

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halten bleiben. Die Erklärung, welche Beetz für die Erschei-
nung der Zunahme der Leitungsfähigkeit der Kohle bei steigen-
der Temperatur gegeben hat, würde nur auf Kohlenpulver oder
lose zusammenhängende Kohle anwendbar sein, welche von festen,
sich weniger wie die Kohle ausdehnenden Wänden umschlossen
war. Da das Gesammtvolumen des Körpers in demselben Ver-
hältniss wächst wie das seiner Theile, so kann eine vergrösserte
Pressung der Theile bei gleichmässiger Temperaturerhöhung bei
nicht eingeschlossenen Körpern auch nicht eintreten. Beetz führt
zur Unterstützung seiner Hypothese einige Versuche an, die er
mit Metallspähnen angestellt hat. Sowohl durch äussere Com-
pression als durch Erhitzung verminderte sich der Leitungs-
widerstand derselben. Dass dies eintreten muss, wenn wirk-
lich eine Compression des Pulvers auftritt, ist wohl unzweifel-
haft und auch durch Versuche vielfach bestätigt. Wenn das
Pulver von Gefässwänden theilweise umschlossen war, konnte da-
her sehr wohl eine Verminderung des Widerstandes eintreten.
Wahrscheinlich ist aber auch die auf der Oberfläche der Theil-
chen des Pulvers condensirte Luft von Einfluss gewesen. Der
Rückschluss vom Pulver auf eine zusammenhängende Masse ohne
umschliessende Wände, wie die geformte Kohle, kann aber nicht
zugestanden werden. Dass selbst ein starker Druck die Lei-
tungsfähigkeit der geformten Kohle nicht ändert, ist durch einen
einfachen Versuch nachzuweisen. Versieht man die Enden eines
Kohlencylinders durch galvanische Verkupferung mit sicheren,
angelötheten Zuleitungen, und setzt dann den Kohlenstab in
der Richtung seiner Axe einer starken Pressung aus, so verän-
dert sich der Leitungswiderstand desselben nicht im mindesten,
wenn man selbst den Druck bis zur Zertrümmerung der Kohle
steigert. Es zeigt dies, dass die gut imprägnirte und gebrannte
geformte Kohle als fester, wenn auch noch poröser Körper und
nicht mehr als nur lose zusammenhängendes, verschiebbares Pul-
ver zu betrachten ist. In noch viel höherem Grade gilt dies
von der ungepulverten, festen Gasretortenkohle. Der Bildungs-
process dieser Kohle geht in ähnlicher Weise vor sich, wie die
galvanische Abscheidung der Metalle, da, wie schon hervorge-
hoben wurde, die Kohle in unmittelbarer Berührung mit der
Fläche der Retortenwand frei wird und sieh durch Molekular-

halten bleiben. Die Erklärung, welche Beetz für die Erschei-
nung der Zunahme der Leitungsfähigkeit der Kohle bei steigen-
der Temperatur gegeben hat, würde nur auf Kohlenpulver oder
lose zusammenhängende Kohle anwendbar sein, welche von festen,
sich weniger wie die Kohle ausdehnenden Wänden umschlossen
war. Da das Gesammtvolumen des Körpers in demselben Ver-
hältniss wächst wie das seiner Theile, so kann eine vergrösserte
Pressung der Theile bei gleichmässiger Temperaturerhöhung bei
nicht eingeschlossenen Körpern auch nicht eintreten. Beetz führt
zur Unterstützung seiner Hypothese einige Versuche an, die er
mit Metallspähnen angestellt hat. Sowohl durch äussere Com-
pression als durch Erhitzung verminderte sich der Leitungs-
widerstand derselben. Dass dies eintreten muss, wenn wirk-
lich eine Compression des Pulvers auftritt, ist wohl unzweifel-
haft und auch durch Versuche vielfach bestätigt. Wenn das
Pulver von Gefässwänden theilweise umschlossen war, konnte da-
her sehr wohl eine Verminderung des Widerstandes eintreten.
Wahrscheinlich ist aber auch die auf der Oberfläche der Theil-
chen des Pulvers condensirte Luft von Einfluss gewesen. Der
Rückschluss vom Pulver auf eine zusammenhängende Masse ohne
umschliessende Wände, wie die geformte Kohle, kann aber nicht
zugestanden werden. Dass selbst ein starker Druck die Lei-
tungsfähigkeit der geformten Kohle nicht ändert, ist durch einen
einfachen Versuch nachzuweisen. Versieht man die Enden eines
Kohlencylinders durch galvanische Verkupferung mit sicheren,
angelötheten Zuleitungen, und setzt dann den Kohlenstab in
der Richtung seiner Axe einer starken Pressung aus, so verän-
dert sich der Leitungswiderstand desselben nicht im mindesten,
wenn man selbst den Druck bis zur Zertrümmerung der Kohle
steigert. Es zeigt dies, dass die gut imprägnirte und gebrannte
geformte Kohle als fester, wenn auch noch poröser Körper und
nicht mehr als nur lose zusammenhängendes, verschiebbares Pul-
ver zu betrachten ist. In noch viel höherem Grade gilt dies
von der ungepulverten, festen Gasretortenkohle. Der Bildungs-
process dieser Kohle geht in ähnlicher Weise vor sich, wie die
galvanische Abscheidung der Metalle, da, wie schon hervorge-
hoben wurde, die Kohle in unmittelbarer Berührung mit der
Fläche der Retortenwand frei wird und sieh durch Molekular-

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[521/0547] halten bleiben. Die Erklärung, welche Beetz für die Erschei- nung der Zunahme der Leitungsfähigkeit der Kohle bei steigen- der Temperatur gegeben hat, würde nur auf Kohlenpulver oder lose zusammenhängende Kohle anwendbar sein, welche von festen, sich weniger wie die Kohle ausdehnenden Wänden umschlossen war. Da das Gesammtvolumen des Körpers in demselben Ver- hältniss wächst wie das seiner Theile, so kann eine vergrösserte Pressung der Theile bei gleichmässiger Temperaturerhöhung bei nicht eingeschlossenen Körpern auch nicht eintreten. Beetz führt zur Unterstützung seiner Hypothese einige Versuche an, die er mit Metallspähnen angestellt hat. Sowohl durch äussere Com- pression als durch Erhitzung verminderte sich der Leitungs- widerstand derselben. Dass dies eintreten muss, wenn wirk- lich eine Compression des Pulvers auftritt, ist wohl unzweifel- haft und auch durch Versuche vielfach bestätigt. Wenn das Pulver von Gefässwänden theilweise umschlossen war, konnte da- her sehr wohl eine Verminderung des Widerstandes eintreten. Wahrscheinlich ist aber auch die auf der Oberfläche der Theil- chen des Pulvers condensirte Luft von Einfluss gewesen. Der Rückschluss vom Pulver auf eine zusammenhängende Masse ohne umschliessende Wände, wie die geformte Kohle, kann aber nicht zugestanden werden. Dass selbst ein starker Druck die Lei- tungsfähigkeit der geformten Kohle nicht ändert, ist durch einen einfachen Versuch nachzuweisen. Versieht man die Enden eines Kohlencylinders durch galvanische Verkupferung mit sicheren, angelötheten Zuleitungen, und setzt dann den Kohlenstab in der Richtung seiner Axe einer starken Pressung aus, so verän- dert sich der Leitungswiderstand desselben nicht im mindesten, wenn man selbst den Druck bis zur Zertrümmerung der Kohle steigert. Es zeigt dies, dass die gut imprägnirte und gebrannte geformte Kohle als fester, wenn auch noch poröser Körper und nicht mehr als nur lose zusammenhängendes, verschiebbares Pul- ver zu betrachten ist. In noch viel höherem Grade gilt dies von der ungepulverten, festen Gasretortenkohle. Der Bildungs- process dieser Kohle geht in ähnlicher Weise vor sich, wie die galvanische Abscheidung der Metalle, da, wie schon hervorge- hoben wurde, die Kohle in unmittelbarer Berührung mit der Fläche der Retortenwand frei wird und sieh durch Molekular-

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 521. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/547>, abgerufen am 22.11.2024.