spiralen zur Erde nimmt und hierdurch den regelmässigen Strom der Säule am einen Ende schwächt, am anderen dagegen ver- stärkt. In gebirgigen Gegenden ist namentlich die freie Elektri- cität der Luft eine Quelle steter Störungen.
Bei der oben erwähnten Leitung zwischen Eisenach und Kassel, welche der Eisenbahn folgend aus dem Werra- ins Fulda- Thal übergeht, deren Wasserscheide gleichzeitig die Wasserscheide für die dortige Gegend bildet, zeigt ein ohne Batterie in die Leitung eingeschaltetes Galvanometer fast zu jeder Zeit ziemlich heftige Ströme von veränderlicher Stärke und Richtung an, die im Sommer, während der Mittagszeit, häufig so heftig und veränderlich werden, dass der Dienst der Linie auf mehrere Stunden dadurch unter- brochen wird. Sind beide Enden des Leitungsdrahts isolirt, so zeigt er immer eine beträchtliche Ladung freier Elektricität. Diese La- dungen werden noch bedeutend stärker, wenn an einer Stelle der Leitung Regen oder Schnee fällt. Namentlich im letzteren Falle ist die Ladung des Drahts so stark, dass man demselben Funken von 1 bis 2 mm Länge entziehen kann, die dann in schneller Reihen- folge hinter einander überspringen und jedesmal den Anker des Elektromagnets zur Anziehung bringen. Noch intensiver sind die in den Drähten durch Gewitterwolken erzeugten Ströme. In den Sommermonaten hört in der Regel bei längeren Linien der regelmässige Gang der correspondirenden Apparate schon auf, wenn sich Gewitterwolken am Himmel zeigen. Auch diese Er- scheinungen sind in bergigen Gegenden viel heftiger wie in der Ebene. Besonders auffallend stark sind die bei Entladungen der Wolken auch in kurzen Leitungen sich zeigenden Ströme. Die- selben scheinen nicht durch Freiwerden der durch die Wolken im Draht durch Vertheilung angesammelten Elektricität erklärt werden zu können, da selbst dann, wenn das Gewitter schon mehrere Meilen weit von der Drahtleitung entfernt ist, noch bei jedem Blitze ein sehr heftiger Strom sich zeigt. Es scheint ein Theil des durch die Entladung im Erdboden selbst hervorge- rufenen Stromes seinen Weg durch den schneller leitenden Draht zu nehmen.
Bei einer längeren überirdischen Leitung vergeht fast kein Sommer, ohne dass der Blitz in sie einschlägt, die Instrumente beschädigt und die Leitung theilweise zerstört. Bei der oben
spiralen zur Erde nimmt und hierdurch den regelmässigen Strom der Säule am einen Ende schwächt, am anderen dagegen ver- stärkt. In gebirgigen Gegenden ist namentlich die freie Elektri- cität der Luft eine Quelle steter Störungen.
Bei der oben erwähnten Leitung zwischen Eisenach und Kassel, welche der Eisenbahn folgend aus dem Werra- ins Fulda- Thal übergeht, deren Wasserscheide gleichzeitig die Wasserscheide für die dortige Gegend bildet, zeigt ein ohne Batterie in die Leitung eingeschaltetes Galvanometer fast zu jeder Zeit ziemlich heftige Ströme von veränderlicher Stärke und Richtung an, die im Sommer, während der Mittagszeit, häufig so heftig und veränderlich werden, dass der Dienst der Linie auf mehrere Stunden dadurch unter- brochen wird. Sind beide Enden des Leitungsdrahts isolirt, so zeigt er immer eine beträchtliche Ladung freier Elektricität. Diese La- dungen werden noch bedeutend stärker, wenn an einer Stelle der Leitung Regen oder Schnee fällt. Namentlich im letzteren Falle ist die Ladung des Drahts so stark, dass man demselben Funken von 1 bis 2 mm Länge entziehen kann, die dann in schneller Reihen- folge hinter einander überspringen und jedesmal den Anker des Elektromagnets zur Anziehung bringen. Noch intensiver sind die in den Drähten durch Gewitterwolken erzeugten Ströme. In den Sommermonaten hört in der Regel bei längeren Linien der regelmässige Gang der correspondirenden Apparate schon auf, wenn sich Gewitterwolken am Himmel zeigen. Auch diese Er- scheinungen sind in bergigen Gegenden viel heftiger wie in der Ebene. Besonders auffallend stark sind die bei Entladungen der Wolken auch in kurzen Leitungen sich zeigenden Ströme. Die- selben scheinen nicht durch Freiwerden der durch die Wolken im Draht durch Vertheilung angesammelten Elektricität erklärt werden zu können, da selbst dann, wenn das Gewitter schon mehrere Meilen weit von der Drahtleitung entfernt ist, noch bei jedem Blitze ein sehr heftiger Strom sich zeigt. Es scheint ein Theil des durch die Entladung im Erdboden selbst hervorge- rufenen Stromes seinen Weg durch den schneller leitenden Draht zu nehmen.
Bei einer längeren überirdischen Leitung vergeht fast kein Sommer, ohne dass der Blitz in sie einschlägt, die Instrumente beschädigt und die Leitung theilweise zerstört. Bei der oben
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0054"n="36"/>
spiralen zur Erde nimmt und hierdurch den regelmässigen Strom<lb/>
der Säule am einen Ende schwächt, am anderen dagegen ver-<lb/>
stärkt. In gebirgigen Gegenden ist namentlich die freie Elektri-<lb/>
cität der Luft eine Quelle steter Störungen.</p><lb/><p>Bei der oben erwähnten Leitung zwischen Eisenach und<lb/>
Kassel, welche der Eisenbahn folgend aus dem Werra- ins Fulda-<lb/>
Thal übergeht, deren Wasserscheide gleichzeitig die Wasserscheide<lb/>
für die dortige Gegend bildet, zeigt ein ohne Batterie in die Leitung<lb/>
eingeschaltetes Galvanometer fast zu jeder Zeit ziemlich heftige<lb/>
Ströme von veränderlicher Stärke und Richtung an, die im Sommer,<lb/>
während der Mittagszeit, häufig so heftig und veränderlich werden,<lb/>
dass der Dienst der Linie auf mehrere Stunden dadurch unter-<lb/>
brochen wird. Sind beide Enden des Leitungsdrahts isolirt, so zeigt<lb/>
er immer eine beträchtliche Ladung freier Elektricität. Diese La-<lb/>
dungen werden noch bedeutend stärker, wenn an einer Stelle der<lb/>
Leitung Regen oder Schnee fällt. Namentlich im letzteren Falle ist<lb/>
die Ladung des Drahts so stark, dass man demselben Funken von<lb/>
1 bis 2 mm Länge entziehen kann, die dann in schneller Reihen-<lb/>
folge hinter einander überspringen und jedesmal den Anker des<lb/>
Elektromagnets zur Anziehung bringen. Noch intensiver sind<lb/>
die in den Drähten durch Gewitterwolken erzeugten Ströme. In<lb/>
den Sommermonaten hört in der Regel bei längeren Linien der<lb/>
regelmässige Gang der correspondirenden Apparate schon auf,<lb/>
wenn sich Gewitterwolken am Himmel zeigen. Auch diese Er-<lb/>
scheinungen sind in bergigen Gegenden viel heftiger wie in der<lb/>
Ebene. Besonders auffallend stark sind die bei Entladungen der<lb/>
Wolken auch in kurzen Leitungen sich zeigenden Ströme. Die-<lb/>
selben scheinen nicht durch Freiwerden der durch die Wolken<lb/>
im Draht durch Vertheilung angesammelten Elektricität erklärt<lb/>
werden zu können, da selbst dann, wenn das Gewitter schon<lb/>
mehrere Meilen weit von der Drahtleitung entfernt ist, noch bei<lb/>
jedem Blitze ein sehr heftiger Strom sich zeigt. Es scheint ein<lb/>
Theil des durch die Entladung im Erdboden selbst hervorge-<lb/>
rufenen Stromes seinen Weg durch den schneller leitenden Draht<lb/>
zu nehmen.</p><lb/><p>Bei einer längeren überirdischen Leitung vergeht fast kein<lb/>
Sommer, ohne dass der Blitz in sie einschlägt, die Instrumente<lb/>
beschädigt und die Leitung theilweise zerstört. Bei der oben<lb/></p></div></body></text></TEI>
[36/0054]
spiralen zur Erde nimmt und hierdurch den regelmässigen Strom
der Säule am einen Ende schwächt, am anderen dagegen ver-
stärkt. In gebirgigen Gegenden ist namentlich die freie Elektri-
cität der Luft eine Quelle steter Störungen.
Bei der oben erwähnten Leitung zwischen Eisenach und
Kassel, welche der Eisenbahn folgend aus dem Werra- ins Fulda-
Thal übergeht, deren Wasserscheide gleichzeitig die Wasserscheide
für die dortige Gegend bildet, zeigt ein ohne Batterie in die Leitung
eingeschaltetes Galvanometer fast zu jeder Zeit ziemlich heftige
Ströme von veränderlicher Stärke und Richtung an, die im Sommer,
während der Mittagszeit, häufig so heftig und veränderlich werden,
dass der Dienst der Linie auf mehrere Stunden dadurch unter-
brochen wird. Sind beide Enden des Leitungsdrahts isolirt, so zeigt
er immer eine beträchtliche Ladung freier Elektricität. Diese La-
dungen werden noch bedeutend stärker, wenn an einer Stelle der
Leitung Regen oder Schnee fällt. Namentlich im letzteren Falle ist
die Ladung des Drahts so stark, dass man demselben Funken von
1 bis 2 mm Länge entziehen kann, die dann in schneller Reihen-
folge hinter einander überspringen und jedesmal den Anker des
Elektromagnets zur Anziehung bringen. Noch intensiver sind
die in den Drähten durch Gewitterwolken erzeugten Ströme. In
den Sommermonaten hört in der Regel bei längeren Linien der
regelmässige Gang der correspondirenden Apparate schon auf,
wenn sich Gewitterwolken am Himmel zeigen. Auch diese Er-
scheinungen sind in bergigen Gegenden viel heftiger wie in der
Ebene. Besonders auffallend stark sind die bei Entladungen der
Wolken auch in kurzen Leitungen sich zeigenden Ströme. Die-
selben scheinen nicht durch Freiwerden der durch die Wolken
im Draht durch Vertheilung angesammelten Elektricität erklärt
werden zu können, da selbst dann, wenn das Gewitter schon
mehrere Meilen weit von der Drahtleitung entfernt ist, noch bei
jedem Blitze ein sehr heftiger Strom sich zeigt. Es scheint ein
Theil des durch die Entladung im Erdboden selbst hervorge-
rufenen Stromes seinen Weg durch den schneller leitenden Draht
zu nehmen.
Bei einer längeren überirdischen Leitung vergeht fast kein
Sommer, ohne dass der Blitz in sie einschlägt, die Instrumente
beschädigt und die Leitung theilweise zerstört. Bei der oben
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/54>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.