nur unvollkommene Dienste leisten, da die leitende Verbindung des Drahts mit der Erde bei Regenwetter über das nasswerdende Isolationsmittel hinweg hergestellt war. Die neuerdings ange- wandten Trichter von Glas, Porcellan oder Steingut erfüllen da- gegen den Zweck der Isolation in sehr vollkommenem Grade. Bei der von mir im Winter des v. J. ausgeführten, 42 Meilen langen überirdischen Leitung zwischen Eisenach und Frankfurt a. M. über Kassel wurden oben geschlossene Porcellantrichter angewendet, die auf eiserne Stangen so aufgekittet wurden, dass die Glocke nach unten gerichtet war. Die eiserne Stange wurde an das obere Ende der hölzernen Pfosten geschraubt und der Draht an der äusseren Fläche des Trichters durch Umwinden um den oberen dünnen Theil desselben befestigt. Die innere Fläche des Trichters bildet hier die stets trocken bleibende, isoli- rende Schicht zwischen dem Draht und der Stange. Die Isola- tion dieser Leitung war selbst bei dem ungünstigsten Wetter (feuchtem Schneefall) noch so vollständig, dass bei dem benutzten wenig empfindlichen Galvanometer mit einfacher Nadel kein Strom wahrzunehmen war, wenn an dem einen Ende der Leitung eine Säule von 8 Daniell'schen Elementen und das Galvanometer zwischen Leitungsdraht und Erde eingeschaltet und das andere Ende des Leitungsdrahts isolirt war.
Je vollkommener aber die Isolation überirdischer Leitungen hergestellt ist, desto störender treten die Einflüsse der atmosphä- rischen Elektricität auf. Diese Erscheinung erklärt sich dadurch, dass bei unvollkommen isolirten Leitungen die dem Drahte durch die geladenen ihn umgebenden Luftschichten, oder durch die vertheilende Wirkung der sich demselben nähernden oder von ihm entfernenden Wolken mitgetheilten Ladungen sich durch die vorhandenen Nebenschliessungen ausgleichen können, ohne ihren Weg durch die Spiralen der Magnete der an den Enden der telegraphischen Leitung befindlichen Instrumente zu nehmen, dass ferner diese Ladungs- und Entladungsströme bei unvoll- kommen isolirten Leitungen auch während der Unterbrechung der Kette an einem oder an beiden Enden der Leitung ihren Fortgang haben, während bei vollkommener Isolirung sich während der Unterbrechung freie Elektricität im Drahte ansammelt, welche darauf beim Schliessen der Kette ihren Weg durch die Magnet-
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nur unvollkommene Dienste leisten, da die leitende Verbindung des Drahts mit der Erde bei Regenwetter über das nasswerdende Isolationsmittel hinweg hergestellt war. Die neuerdings ange- wandten Trichter von Glas, Porcellan oder Steingut erfüllen da- gegen den Zweck der Isolation in sehr vollkommenem Grade. Bei der von mir im Winter des v. J. ausgeführten, 42 Meilen langen überirdischen Leitung zwischen Eisenach und Frankfurt a. M. über Kassel wurden oben geschlossene Porcellantrichter angewendet, die auf eiserne Stangen so aufgekittet wurden, dass die Glocke nach unten gerichtet war. Die eiserne Stange wurde an das obere Ende der hölzernen Pfosten geschraubt und der Draht an der äusseren Fläche des Trichters durch Umwinden um den oberen dünnen Theil desselben befestigt. Die innere Fläche des Trichters bildet hier die stets trocken bleibende, isoli- rende Schicht zwischen dem Draht und der Stange. Die Isola- tion dieser Leitung war selbst bei dem ungünstigsten Wetter (feuchtem Schneefall) noch so vollständig, dass bei dem benutzten wenig empfindlichen Galvanometer mit einfacher Nadel kein Strom wahrzunehmen war, wenn an dem einen Ende der Leitung eine Säule von 8 Daniell’schen Elementen und das Galvanometer zwischen Leitungsdraht und Erde eingeschaltet und das andere Ende des Leitungsdrahts isolirt war.
Je vollkommener aber die Isolation überirdischer Leitungen hergestellt ist, desto störender treten die Einflüsse der atmosphä- rischen Elektricität auf. Diese Erscheinung erklärt sich dadurch, dass bei unvollkommen isolirten Leitungen die dem Drahte durch die geladenen ihn umgebenden Luftschichten, oder durch die vertheilende Wirkung der sich demselben nähernden oder von ihm entfernenden Wolken mitgetheilten Ladungen sich durch die vorhandenen Nebenschliessungen ausgleichen können, ohne ihren Weg durch die Spiralen der Magnete der an den Enden der telegraphischen Leitung befindlichen Instrumente zu nehmen, dass ferner diese Ladungs- und Entladungsströme bei unvoll- kommen isolirten Leitungen auch während der Unterbrechung der Kette an einem oder an beiden Enden der Leitung ihren Fortgang haben, während bei vollkommener Isolirung sich während der Unterbrechung freie Elektricität im Drahte ansammelt, welche darauf beim Schliessen der Kette ihren Weg durch die Magnet-
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[35/0053]
nur unvollkommene Dienste leisten, da die leitende Verbindung
des Drahts mit der Erde bei Regenwetter über das nasswerdende
Isolationsmittel hinweg hergestellt war. Die neuerdings ange-
wandten Trichter von Glas, Porcellan oder Steingut erfüllen da-
gegen den Zweck der Isolation in sehr vollkommenem Grade.
Bei der von mir im Winter des v. J. ausgeführten, 42 Meilen
langen überirdischen Leitung zwischen Eisenach und Frankfurt
a. M. über Kassel wurden oben geschlossene Porcellantrichter
angewendet, die auf eiserne Stangen so aufgekittet wurden, dass
die Glocke nach unten gerichtet war. Die eiserne Stange wurde
an das obere Ende der hölzernen Pfosten geschraubt und der
Draht an der äusseren Fläche des Trichters durch Umwinden
um den oberen dünnen Theil desselben befestigt. Die innere
Fläche des Trichters bildet hier die stets trocken bleibende, isoli-
rende Schicht zwischen dem Draht und der Stange. Die Isola-
tion dieser Leitung war selbst bei dem ungünstigsten Wetter
(feuchtem Schneefall) noch so vollständig, dass bei dem benutzten
wenig empfindlichen Galvanometer mit einfacher Nadel kein Strom
wahrzunehmen war, wenn an dem einen Ende der Leitung eine
Säule von 8 Daniell’schen Elementen und das Galvanometer
zwischen Leitungsdraht und Erde eingeschaltet und das andere
Ende des Leitungsdrahts isolirt war.
Je vollkommener aber die Isolation überirdischer Leitungen
hergestellt ist, desto störender treten die Einflüsse der atmosphä-
rischen Elektricität auf. Diese Erscheinung erklärt sich dadurch,
dass bei unvollkommen isolirten Leitungen die dem Drahte durch
die geladenen ihn umgebenden Luftschichten, oder durch die
vertheilende Wirkung der sich demselben nähernden oder von
ihm entfernenden Wolken mitgetheilten Ladungen sich durch
die vorhandenen Nebenschliessungen ausgleichen können, ohne
ihren Weg durch die Spiralen der Magnete der an den Enden
der telegraphischen Leitung befindlichen Instrumente zu nehmen,
dass ferner diese Ladungs- und Entladungsströme bei unvoll-
kommen isolirten Leitungen auch während der Unterbrechung
der Kette an einem oder an beiden Enden der Leitung ihren
Fortgang haben, während bei vollkommener Isolirung sich während
der Unterbrechung freie Elektricität im Drahte ansammelt, welche
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/53>, abgerufen am 28.11.2024.
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