Arbeitskraft ist danach ein Aequivalent der Wärme, die zu ihrer Erzeugung verbraucht worden ist. Bei der Dampfmaschine wird diese Wärme durch Verbrennung von Kohle, bei der elektrischen durch Verbrennung von Zink in Salpetersäure oder einer anderen oxydirenden Flüssigkeit hervorgebracht. Dieses ist aber ein ganz unvergleichlich viel kostbareres Brennmaterial als Kohle! Wir werden daher wenigstens so lange auf die directe Erzeugung von grösseren Arbeitskräften durch Elektricität verzichten müssen, als nicht die Wissenschaft ganz neue Wege aufdeckt, welche uns zur billigen directen Erzeugung starker elektrischer Ströme führen.
Wenn wir aber auch zur ersten Erzeugung der Arbeitskraft auf die calorischen Maschinen, welche Wärme -- sei es direct oder vermittelst Wasserdampfes -- in Arbeit umsetzen, oder auf die Benutzung der in der Natur vorhandenen Kraftquellen ange- wiesen bleiben, so tritt doch die Frage auf: ob wir diese Arbeits- kräfte nicht zur Erzeugung starker elektrischer Ströme mit Vor- theil benutzen können, die dann ihrerseits wiederum zur Her- vorbringung elektrischen Lichtes, zu galvanischen Umsetzungen oder zur Uebertragung von Arbeitskraft nach anderen Orten hin technisch benutzt werden könnten. In der That ist dies mit Hülfe der magneto-elektrischen Maschinen ausführbar und auch seit längerer Zeit geschehen. Die magneto-elektrische Maschine beruht auf der von Faraday entdeckten Induction, d. i. der That- sache, dass in einem zum leitenden Kreise verbundenen Leiter, den man einem anderen Leiter nähert, in welchem ein Strom circulirt, während der Annäherung ein entgegengesetzt gerichteter, bei der Entfernung dagegen ein gleichgerichteter Strom entsteht. Dasselbe findet statt, wenn anstatt des von einem dauernden Strom durchflossenen Leiters ein Magnet vorhanden ist, dem der Leiter genähert oder von dem derselbe entfernt wird. Da gleich- gerichtete Ströme sich anziehen, ungleichgerichtete sich abstossen, so kostet sowohl die Annäherung des inducirten Leiters an den vom Strom dauernd durchlaufenen Leiter oder den seine Stelle vertretenden Magnet, als auch die Entfernung von demselben einen dem erzeugten Strom äquivalenten Verbrauch von Arbeit. Man nannte die hierauf basirten Maschinen zur Erzeugung elek- trischer Ströme magneto-elektrische Maschinen im Gegensatze zu den elektro-magnetischen, um dadurch anzudeuten, dass bei den
Arbeitskraft ist danach ein Aequivalent der Wärme, die zu ihrer Erzeugung verbraucht worden ist. Bei der Dampfmaschine wird diese Wärme durch Verbrennung von Kohle, bei der elektrischen durch Verbrennung von Zink in Salpetersäure oder einer anderen oxydirenden Flüssigkeit hervorgebracht. Dieses ist aber ein ganz unvergleichlich viel kostbareres Brennmaterial als Kohle! Wir werden daher wenigstens so lange auf die directe Erzeugung von grösseren Arbeitskräften durch Elektricität verzichten müssen, als nicht die Wissenschaft ganz neue Wege aufdeckt, welche uns zur billigen directen Erzeugung starker elektrischer Ströme führen.
Wenn wir aber auch zur ersten Erzeugung der Arbeitskraft auf die calorischen Maschinen, welche Wärme — sei es direct oder vermittelst Wasserdampfes — in Arbeit umsetzen, oder auf die Benutzung der in der Natur vorhandenen Kraftquellen ange- wiesen bleiben, so tritt doch die Frage auf: ob wir diese Arbeits- kräfte nicht zur Erzeugung starker elektrischer Ströme mit Vor- theil benutzen können, die dann ihrerseits wiederum zur Her- vorbringung elektrischen Lichtes, zu galvanischen Umsetzungen oder zur Uebertragung von Arbeitskraft nach anderen Orten hin technisch benutzt werden könnten. In der That ist dies mit Hülfe der magneto-elektrischen Maschinen ausführbar und auch seit längerer Zeit geschehen. Die magneto-elektrische Maschine beruht auf der von Faraday entdeckten Induction, d. i. der That- sache, dass in einem zum leitenden Kreise verbundenen Leiter, den man einem anderen Leiter nähert, in welchem ein Strom circulirt, während der Annäherung ein entgegengesetzt gerichteter, bei der Entfernung dagegen ein gleichgerichteter Strom entsteht. Dasselbe findet statt, wenn anstatt des von einem dauernden Strom durchflossenen Leiters ein Magnet vorhanden ist, dem der Leiter genähert oder von dem derselbe entfernt wird. Da gleich- gerichtete Ströme sich anziehen, ungleichgerichtete sich abstossen, so kostet sowohl die Annäherung des inducirten Leiters an den vom Strom dauernd durchlaufenen Leiter oder den seine Stelle vertretenden Magnet, als auch die Entfernung von demselben einen dem erzeugten Strom äquivalenten Verbrauch von Arbeit. Man nannte die hierauf basirten Maschinen zur Erzeugung elek- trischer Ströme magneto-elektrische Maschinen im Gegensatze zu den elektro-magnetischen, um dadurch anzudeuten, dass bei den
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Arbeitskraft ist danach ein Aequivalent der Wärme, die zu ihrer
Erzeugung verbraucht worden ist. Bei der Dampfmaschine wird
diese Wärme durch Verbrennung von Kohle, bei der elektrischen
durch Verbrennung von Zink in Salpetersäure oder einer anderen
oxydirenden Flüssigkeit hervorgebracht. Dieses ist aber ein
ganz unvergleichlich viel kostbareres Brennmaterial als Kohle!
Wir werden daher wenigstens so lange auf die directe Erzeugung
von grösseren Arbeitskräften durch Elektricität verzichten müssen,
als nicht die Wissenschaft ganz neue Wege aufdeckt, welche uns
zur billigen directen Erzeugung starker elektrischer Ströme führen.
Wenn wir aber auch zur ersten Erzeugung der Arbeitskraft
auf die calorischen Maschinen, welche Wärme — sei es direct
oder vermittelst Wasserdampfes — in Arbeit umsetzen, oder auf
die Benutzung der in der Natur vorhandenen Kraftquellen ange-
wiesen bleiben, so tritt doch die Frage auf: ob wir diese Arbeits-
kräfte nicht zur Erzeugung starker elektrischer Ströme mit Vor-
theil benutzen können, die dann ihrerseits wiederum zur Her-
vorbringung elektrischen Lichtes, zu galvanischen Umsetzungen
oder zur Uebertragung von Arbeitskraft nach anderen Orten hin
technisch benutzt werden könnten. In der That ist dies mit
Hülfe der magneto-elektrischen Maschinen ausführbar und auch
seit längerer Zeit geschehen. Die magneto-elektrische Maschine
beruht auf der von Faraday entdeckten Induction, d. i. der That-
sache, dass in einem zum leitenden Kreise verbundenen Leiter,
den man einem anderen Leiter nähert, in welchem ein Strom
circulirt, während der Annäherung ein entgegengesetzt gerichteter,
bei der Entfernung dagegen ein gleichgerichteter Strom entsteht.
Dasselbe findet statt, wenn anstatt des von einem dauernden
Strom durchflossenen Leiters ein Magnet vorhanden ist, dem der
Leiter genähert oder von dem derselbe entfernt wird. Da gleich-
gerichtete Ströme sich anziehen, ungleichgerichtete sich abstossen,
so kostet sowohl die Annäherung des inducirten Leiters an den
vom Strom dauernd durchlaufenen Leiter oder den seine Stelle
vertretenden Magnet, als auch die Entfernung von demselben
einen dem erzeugten Strom äquivalenten Verbrauch von Arbeit.
Man nannte die hierauf basirten Maschinen zur Erzeugung elek-
trischer Ströme magneto-elektrische Maschinen im Gegensatze zu
den elektro-magnetischen, um dadurch anzudeuten, dass bei den
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/497>, abgerufen am 22.11.2024.
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