als zähflüssig annimmt, wie es ja auch nach Thomson's Rech- nungen wahrscheinlich ist. Wie langsam zähe Massen einem auf sie ausgeübten Drucke nachgeben, zeigt schon eine Kugel aus Pech oder einer ähnlichen zähen Substanz, die erst nach Monaten dem durch die Anziehung der Erde auf dieselbe ausgeübten Drucke vollständig nachgibt und zu einem Kuchen zerfliesst! Selbst wenn die Erde aus vollständig elastischem Material bestände, könnte das Fluth-Ellipsoid erst nach Verlauf einer bestimmten Zeit voll- ständig zu Stande kommen -- wie sich schon aus der Betrachtung ergiebt, dass der Schall im Wasser ca. 2 Stunden gebrauchen würde, um vom Centrum der Erde bis zu ihrer Peripherie zu gelangen. Zähflüssige Massen pflanzen den Schall nur in sehr geringem Grade fort. Es erscheint daher wahrscheinlich, dass die Erdfluth -- auch wenn man annimmt, dass der Kruste keine in Betracht kommende Starrheit oder Elasticität zuzuschreiben ist -- bei der Rotation der Erde so weit hinter der Meeresfluth zurückbleibt, dass sie nur einen geringen vermindernden Einfluss auf dieselbe ausüben kann.
Bei der von Thomson adoptirten Ansicht, dass die Erde schon bei der ersten Bildung ihrer Oberfläche starr gewesen sei, und dass die vulcanischen Lavaergüsse Höhlungen im festen Erd- innern entstammten, in welchen nicht erstarrte Massen zurück- geblieben wären, ist nicht verständlich, durch welche Kräfte die Laven dann bis zur Höhe der Kratermündungen gehoben werden. Wenn auch angenommen wird, dass die eingeschlossene Lava bei der fortschreitenden Abkühlung der Erde noch nicht erstarrte, weil sie aus leichtflüssigeren Silicaten bestand als die umgebenden festen Massen, so musste sie doch immer kälter werden, und dabei musste ihr Volumen in höherem Masse abnehmen als das der Höhlungen, in denen sie sich befand. Standen diese durch Krater- kanäle in Verbindung mit der Atmosphäre, so konnte durch fort- schreitende Abkühlung keine Lava ausgetrieben, sondern es musste im Gegentheil Luft eingesogen werden. Auch eindringendes Tageswasser konnte keine Hebung der Lava verursachen, da es entweder durch den Kratergang dampfförmig entweichen konnte, oder der weitere Wasserzutritt durch die eintretende Dampfspan- nung inhibirt werden musste. Noch schwerer wäre bei der Thom- son'schen Annahme die Bildung der viele Tausend Fuss starken
als zähflüssig annimmt, wie es ja auch nach Thomson’s Rech- nungen wahrscheinlich ist. Wie langsam zähe Massen einem auf sie ausgeübten Drucke nachgeben, zeigt schon eine Kugel aus Pech oder einer ähnlichen zähen Substanz, die erst nach Monaten dem durch die Anziehung der Erde auf dieselbe ausgeübten Drucke vollständig nachgibt und zu einem Kuchen zerfliesst! Selbst wenn die Erde aus vollständig elastischem Material bestände, könnte das Fluth-Ellipsoid erst nach Verlauf einer bestimmten Zeit voll- ständig zu Stande kommen — wie sich schon aus der Betrachtung ergiebt, dass der Schall im Wasser ca. 2 Stunden gebrauchen würde, um vom Centrum der Erde bis zu ihrer Peripherie zu gelangen. Zähflüssige Massen pflanzen den Schall nur in sehr geringem Grade fort. Es erscheint daher wahrscheinlich, dass die Erdfluth — auch wenn man annimmt, dass der Kruste keine in Betracht kommende Starrheit oder Elasticität zuzuschreiben ist — bei der Rotation der Erde so weit hinter der Meeresfluth zurückbleibt, dass sie nur einen geringen vermindernden Einfluss auf dieselbe ausüben kann.
Bei der von Thomson adoptirten Ansicht, dass die Erde schon bei der ersten Bildung ihrer Oberfläche starr gewesen sei, und dass die vulcanischen Lavaergüsse Höhlungen im festen Erd- innern entstammten, in welchen nicht erstarrte Massen zurück- geblieben wären, ist nicht verständlich, durch welche Kräfte die Laven dann bis zur Höhe der Kratermündungen gehoben werden. Wenn auch angenommen wird, dass die eingeschlossene Lava bei der fortschreitenden Abkühlung der Erde noch nicht erstarrte, weil sie aus leichtflüssigeren Silicaten bestand als die umgebenden festen Massen, so musste sie doch immer kälter werden, und dabei musste ihr Volumen in höherem Masse abnehmen als das der Höhlungen, in denen sie sich befand. Standen diese durch Krater- kanäle in Verbindung mit der Atmosphäre, so konnte durch fort- schreitende Abkühlung keine Lava ausgetrieben, sondern es musste im Gegentheil Luft eingesogen werden. Auch eindringendes Tageswasser konnte keine Hebung der Lava verursachen, da es entweder durch den Kratergang dampfförmig entweichen konnte, oder der weitere Wasserzutritt durch die eintretende Dampfspan- nung inhibirt werden musste. Noch schwerer wäre bei der Thom- son’schen Annahme die Bildung der viele Tausend Fuss starken
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als zähflüssig annimmt, wie es ja auch nach Thomson’s Rech-
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sie ausgeübten Drucke nachgeben, zeigt schon eine Kugel aus Pech
oder einer ähnlichen zähen Substanz, die erst nach Monaten dem
durch die Anziehung der Erde auf dieselbe ausgeübten Drucke
vollständig nachgibt und zu einem Kuchen zerfliesst! Selbst wenn
die Erde aus vollständig elastischem Material bestände, könnte
das Fluth-Ellipsoid erst nach Verlauf einer bestimmten Zeit voll-
ständig zu Stande kommen — wie sich schon aus der Betrachtung
ergiebt, dass der Schall im Wasser ca. 2 Stunden gebrauchen
würde, um vom Centrum der Erde bis zu ihrer Peripherie zu
gelangen. Zähflüssige Massen pflanzen den Schall nur in sehr
geringem Grade fort. Es erscheint daher wahrscheinlich, dass
die Erdfluth — auch wenn man annimmt, dass der Kruste keine
in Betracht kommende Starrheit oder Elasticität zuzuschreiben
ist — bei der Rotation der Erde so weit hinter der Meeresfluth
zurückbleibt, dass sie nur einen geringen vermindernden Einfluss
auf dieselbe ausüben kann.
Bei der von Thomson adoptirten Ansicht, dass die Erde
schon bei der ersten Bildung ihrer Oberfläche starr gewesen sei,
und dass die vulcanischen Lavaergüsse Höhlungen im festen Erd-
innern entstammten, in welchen nicht erstarrte Massen zurück-
geblieben wären, ist nicht verständlich, durch welche Kräfte die
Laven dann bis zur Höhe der Kratermündungen gehoben werden.
Wenn auch angenommen wird, dass die eingeschlossene Lava bei
der fortschreitenden Abkühlung der Erde noch nicht erstarrte, weil
sie aus leichtflüssigeren Silicaten bestand als die umgebenden
festen Massen, so musste sie doch immer kälter werden, und dabei
musste ihr Volumen in höherem Masse abnehmen als das der
Höhlungen, in denen sie sich befand. Standen diese durch Krater-
kanäle in Verbindung mit der Atmosphäre, so konnte durch fort-
schreitende Abkühlung keine Lava ausgetrieben, sondern es musste
im Gegentheil Luft eingesogen werden. Auch eindringendes
Tageswasser konnte keine Hebung der Lava verursachen, da es
entweder durch den Kratergang dampfförmig entweichen konnte,
oder der weitere Wasserzutritt durch die eintretende Dampfspan-
nung inhibirt werden musste. Noch schwerer wäre bei der Thom-
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/479>, abgerufen am 23.11.2024.
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