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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

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können. Bei telephonischen Apparaten bringen die kurzen,
durch Voltainduction erzeugten Ströme aber schon sehr vernehm-
bare Laute hervor, wenn die Leitungen auch nur auf kurze
Strecken nebeneinander herlaufen.

Die secundäre, elektrostatische Induction, welche mit den
Quadraten der Länge der Leitung wächst, wird ferner auch bei
längeren oberirdischen Leitungen bald eine Grenze der Anwend-
barkeit des Telephons, selbst dann, wenn nur telephonische
Leitungen an denselben Stangen befestigt sind, herbeiführen.

Viel günstiger gestaltet sich in dieser Hinsicht das Verhält-
niss für das Telephon bei Anwendung unterirdischer oder unter-
seeischer Leitungen. Bevor ich erkannt hatte, dass die Stärke
der Ströme, welche noch befähigt sind, das Telephon zur Her-
vorbringung deutlich verständlicher Sprachlaute zu erregen, so
ausserordentlich klein ist, bezweifelte ich die Anwendbarkeit der
unterirdischen Leitungen auf grössere Entfernungen wegen der
grossen Schwächung, welche die durch schnell wechselnde elektro-
motorische Kräfte in den Leitungen hervorgerufenen Stromwellen
mit der Länge der Leitung erleiden. Die Versuche, welche der
Generalpostmeister Dr. Stephan, dem das deutsche Reich die
Wiedereinführung der seit einem Vierteljahrhundert fast in Ver-
gessenheit gekommenen unterirdischen Leitungen verdankt, mit
Bell'schen Telephonen anstellen liess, gaben aber das über-
raschende Resultat, dass man mit denselben auf Entfernungen
von ca. 60 km noch vollkommen deutlich und verständlich
sprechen kann. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass man mit
Telephonen verstärkter Wirkung auch noch auf die doppelte oder
selbst dreifache Entfernung eine gute Verständigung erzielen
wird. Dies dürfte allerdings die Entfernungs-Grenze sein, inner-
halb deren telephonische Correspondenz überhaupt praktisch ver-
wendbar ist.

Leider sind auch bei unterirdischen Leitungen Störungen
durch Rückströme aus der Erde, sowie durch elektrodynamische
und elektrostatische Induction nicht ausgeschlossen. Die ersteren
liessen sich, wie bei den oberirdischen Leitungen, durch An-
wendung ganz metallischer Leitungskreise, unter Ausschluss der
Erde als Rückleiter, ziemlich vollständig beseitigen. Dasselbe
gilt in dem Falle auch von den Störungen durch Induction,

können. Bei telephonischen Apparaten bringen die kurzen,
durch Voltainduction erzeugten Ströme aber schon sehr vernehm-
bare Laute hervor, wenn die Leitungen auch nur auf kurze
Strecken nebeneinander herlaufen.

Die secundäre, elektrostatische Induction, welche mit den
Quadraten der Länge der Leitung wächst, wird ferner auch bei
längeren oberirdischen Leitungen bald eine Grenze der Anwend-
barkeit des Telephons, selbst dann, wenn nur telephonische
Leitungen an denselben Stangen befestigt sind, herbeiführen.

Viel günstiger gestaltet sich in dieser Hinsicht das Verhält-
niss für das Telephon bei Anwendung unterirdischer oder unter-
seeischer Leitungen. Bevor ich erkannt hatte, dass die Stärke
der Ströme, welche noch befähigt sind, das Telephon zur Her-
vorbringung deutlich verständlicher Sprachlaute zu erregen, so
ausserordentlich klein ist, bezweifelte ich die Anwendbarkeit der
unterirdischen Leitungen auf grössere Entfernungen wegen der
grossen Schwächung, welche die durch schnell wechselnde elektro-
motorische Kräfte in den Leitungen hervorgerufenen Stromwellen
mit der Länge der Leitung erleiden. Die Versuche, welche der
Generalpostmeister Dr. Stephan, dem das deutsche Reich die
Wiedereinführung der seit einem Vierteljahrhundert fast in Ver-
gessenheit gekommenen unterirdischen Leitungen verdankt, mit
Bell’schen Telephonen anstellen liess, gaben aber das über-
raschende Resultat, dass man mit denselben auf Entfernungen
von ca. 60 km noch vollkommen deutlich und verständlich
sprechen kann. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass man mit
Telephonen verstärkter Wirkung auch noch auf die doppelte oder
selbst dreifache Entfernung eine gute Verständigung erzielen
wird. Dies dürfte allerdings die Entfernungs-Grenze sein, inner-
halb deren telephonische Correspondenz überhaupt praktisch ver-
wendbar ist.

Leider sind auch bei unterirdischen Leitungen Störungen
durch Rückströme aus der Erde, sowie durch elektrodynamische
und elektrostatische Induction nicht ausgeschlossen. Die ersteren
liessen sich, wie bei den oberirdischen Leitungen, durch An-
wendung ganz metallischer Leitungskreise, unter Ausschluss der
Erde als Rückleiter, ziemlich vollständig beseitigen. Dasselbe
gilt in dem Falle auch von den Störungen durch Induction,

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[438/0460] können. Bei telephonischen Apparaten bringen die kurzen, durch Voltainduction erzeugten Ströme aber schon sehr vernehm- bare Laute hervor, wenn die Leitungen auch nur auf kurze Strecken nebeneinander herlaufen. Die secundäre, elektrostatische Induction, welche mit den Quadraten der Länge der Leitung wächst, wird ferner auch bei längeren oberirdischen Leitungen bald eine Grenze der Anwend- barkeit des Telephons, selbst dann, wenn nur telephonische Leitungen an denselben Stangen befestigt sind, herbeiführen. Viel günstiger gestaltet sich in dieser Hinsicht das Verhält- niss für das Telephon bei Anwendung unterirdischer oder unter- seeischer Leitungen. Bevor ich erkannt hatte, dass die Stärke der Ströme, welche noch befähigt sind, das Telephon zur Her- vorbringung deutlich verständlicher Sprachlaute zu erregen, so ausserordentlich klein ist, bezweifelte ich die Anwendbarkeit der unterirdischen Leitungen auf grössere Entfernungen wegen der grossen Schwächung, welche die durch schnell wechselnde elektro- motorische Kräfte in den Leitungen hervorgerufenen Stromwellen mit der Länge der Leitung erleiden. Die Versuche, welche der Generalpostmeister Dr. Stephan, dem das deutsche Reich die Wiedereinführung der seit einem Vierteljahrhundert fast in Ver- gessenheit gekommenen unterirdischen Leitungen verdankt, mit Bell’schen Telephonen anstellen liess, gaben aber das über- raschende Resultat, dass man mit denselben auf Entfernungen von ca. 60 km noch vollkommen deutlich und verständlich sprechen kann. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass man mit Telephonen verstärkter Wirkung auch noch auf die doppelte oder selbst dreifache Entfernung eine gute Verständigung erzielen wird. Dies dürfte allerdings die Entfernungs-Grenze sein, inner- halb deren telephonische Correspondenz überhaupt praktisch ver- wendbar ist. Leider sind auch bei unterirdischen Leitungen Störungen durch Rückströme aus der Erde, sowie durch elektrodynamische und elektrostatische Induction nicht ausgeschlossen. Die ersteren liessen sich, wie bei den oberirdischen Leitungen, durch An- wendung ganz metallischer Leitungskreise, unter Ausschluss der Erde als Rückleiter, ziemlich vollständig beseitigen. Dasselbe gilt in dem Falle auch von den Störungen durch Induction,

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/460>, abgerufen am 22.11.2024.