Um an der Hand dieser Anschauung die eigenthümlichen und widerspruchsvollen Erscheinungen zu erklären, welche nament- lich bei Mod. II, die danach als Lösung von metallischem in kry- stallinischem Selen zu betrachten wäre, beobachtet wurden, muss man annehmen, dass ein wesentlicher Theil des Widerstandes des Selens in den Grenzschichten desselben an den Zuleitungs- flächen seinen Sitz hat und dass diese Grenzschichten durch den elektrischen Strom elektrolytisch verändert werden. Diese Ver- änderung kann unter Umständen darin bestehen, dass das metallische Selen vom krystallinischen getrennt und dadurch vorübergehend oder dauernd zerstört und in krystallinisches oder amorphes um- gewandelt wird. Durch Umkehr des Stromes, durch Temperatur und Zeit, welche alle auf allmähliche Aenderung dieses wenig stabilen Zustandes einwirken, kann nachher eine Rückbildung oder anderweitige Umbildung herbeigeführt werden, durch welche die Leitungsfähigkeit sich wiederum ändert.
Eine eingehende Betrachtung und Klarstellung der speciellen Ursachen dieser Erscheinungen bedürfte weit eingehenderer und zeitraubenderer Versuche, wie es mir ihnen zu widmen möglich war. Sie sind aber wenigstens in einen gewissen ursächlichen Zusammenhang gebracht und es ist dadurch auch eine Grundlage für die Erklärung der räthselhaften Erscheinung gewonnen, dass die Leitungsfähigkeit des Selens durch Beleuchtung zunimmt, eine Erscheinung, welche die Veranlassung zu dieser Arbeit ist und ihre Fortsetzung bilden wird.
Schliesslich habe ich den HHrn. Dr. Frölich und Dr. Obach, welche die zahlreichen und zum Theil schwierigen und zeitrauben- den Versuche ausführten, von denen nur der kleinste Theil Auf- nahme in Obigem finden konnte, für ihre werthvolle Unterstützung zu danken.
dass die Elektricität den metallischen Molekularzustand vorübergehend her- beiführte -- was sie um so leichter und vollständiger bewirken kann, je weniger stabil der vorhandene Molekularzustand ist, also je höher die Temperatur ist. Da geschmolzene Metalle die Elektricität noch metallisch leiten, so muss man annehmen, dass durch die Schmelzung der metallische Charakter der gegenseitigen Lage der Körperelemente nicht verloren geht, wie es bei den allotropen Modificationen ohne Veränderung des Aggregat- zustandes der Fall ist.
Um an der Hand dieser Anschauung die eigenthümlichen und widerspruchsvollen Erscheinungen zu erklären, welche nament- lich bei Mod. II, die danach als Lösung von metallischem in kry- stallinischem Selen zu betrachten wäre, beobachtet wurden, muss man annehmen, dass ein wesentlicher Theil des Widerstandes des Selens in den Grenzschichten desselben an den Zuleitungs- flächen seinen Sitz hat und dass diese Grenzschichten durch den elektrischen Strom elektrolytisch verändert werden. Diese Ver- änderung kann unter Umständen darin bestehen, dass das metallische Selen vom krystallinischen getrennt und dadurch vorübergehend oder dauernd zerstört und in krystallinisches oder amorphes um- gewandelt wird. Durch Umkehr des Stromes, durch Temperatur und Zeit, welche alle auf allmähliche Aenderung dieses wenig stabilen Zustandes einwirken, kann nachher eine Rückbildung oder anderweitige Umbildung herbeigeführt werden, durch welche die Leitungsfähigkeit sich wiederum ändert.
Eine eingehende Betrachtung und Klarstellung der speciellen Ursachen dieser Erscheinungen bedürfte weit eingehenderer und zeitraubenderer Versuche, wie es mir ihnen zu widmen möglich war. Sie sind aber wenigstens in einen gewissen ursächlichen Zusammenhang gebracht und es ist dadurch auch eine Grundlage für die Erklärung der räthselhaften Erscheinung gewonnen, dass die Leitungsfähigkeit des Selens durch Beleuchtung zunimmt, eine Erscheinung, welche die Veranlassung zu dieser Arbeit ist und ihre Fortsetzung bilden wird.
Schliesslich habe ich den HHrn. Dr. Frölich und Dr. Obach, welche die zahlreichen und zum Theil schwierigen und zeitrauben- den Versuche ausführten, von denen nur der kleinste Theil Auf- nahme in Obigem finden konnte, für ihre werthvolle Unterstützung zu danken.
dass die Elektricität den metallischen Molekularzustand vorübergehend her- beiführte — was sie um so leichter und vollständiger bewirken kann, je weniger stabil der vorhandene Molekularzustand ist, also je höher die Temperatur ist. Da geschmolzene Metalle die Elektricität noch metallisch leiten, so muss man annehmen, dass durch die Schmelzung der metallische Charakter der gegenseitigen Lage der Körperelemente nicht verloren geht, wie es bei den allotropen Modificationen ohne Veränderung des Aggregat- zustandes der Fall ist.
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Um an der Hand dieser Anschauung die eigenthümlichen
und widerspruchsvollen Erscheinungen zu erklären, welche nament-
lich bei Mod. II, die danach als Lösung von metallischem in kry-
stallinischem Selen zu betrachten wäre, beobachtet wurden, muss
man annehmen, dass ein wesentlicher Theil des Widerstandes
des Selens in den Grenzschichten desselben an den Zuleitungs-
flächen seinen Sitz hat und dass diese Grenzschichten durch den
elektrischen Strom elektrolytisch verändert werden. Diese Ver-
änderung kann unter Umständen darin bestehen, dass das metallische
Selen vom krystallinischen getrennt und dadurch vorübergehend
oder dauernd zerstört und in krystallinisches oder amorphes um-
gewandelt wird. Durch Umkehr des Stromes, durch Temperatur
und Zeit, welche alle auf allmähliche Aenderung dieses wenig
stabilen Zustandes einwirken, kann nachher eine Rückbildung
oder anderweitige Umbildung herbeigeführt werden, durch welche
die Leitungsfähigkeit sich wiederum ändert.
Eine eingehende Betrachtung und Klarstellung der speciellen
Ursachen dieser Erscheinungen bedürfte weit eingehenderer und
zeitraubenderer Versuche, wie es mir ihnen zu widmen möglich
war. Sie sind aber wenigstens in einen gewissen ursächlichen
Zusammenhang gebracht und es ist dadurch auch eine Grundlage
für die Erklärung der räthselhaften Erscheinung gewonnen, dass
die Leitungsfähigkeit des Selens durch Beleuchtung zunimmt,
eine Erscheinung, welche die Veranlassung zu dieser Arbeit ist
und ihre Fortsetzung bilden wird.
Schliesslich habe ich den HHrn. Dr. Frölich und Dr. Obach,
welche die zahlreichen und zum Theil schwierigen und zeitrauben-
den Versuche ausführten, von denen nur der kleinste Theil Auf-
nahme in Obigem finden konnte, für ihre werthvolle Unterstützung
zu danken.
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1) dass die Elektricität den metallischen Molekularzustand vorübergehend her-
beiführte — was sie um so leichter und vollständiger bewirken kann, je
weniger stabil der vorhandene Molekularzustand ist, also je höher die
Temperatur ist. Da geschmolzene Metalle die Elektricität noch metallisch
leiten, so muss man annehmen, dass durch die Schmelzung der metallische
Charakter der gegenseitigen Lage der Körperelemente nicht verloren geht,
wie es bei den allotropen Modificationen ohne Veränderung des Aggregat-
zustandes der Fall ist.
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/420>, abgerufen am 23.11.2024.
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