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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

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Verminderung der Leitungsfähigkeit während derselben ab. Dauert
die Erhitzung nur kurze Zeit, so wird der Charakter des Selens
dadurch nicht geändert; seine Leitungsfähigkeit vermindert sich
fortwährend mit der Erniedrigung der Temperatur, wie bei un-
verändertem krystallinischen Selen.

Das Gitter, mit welchem dies letztere constatirt ward, wurde
darauf 8 Minuten in das Paraffinbad von 205° getaucht und dann
durch einen Luftstrom, nachdem es aus dem Bade genommen
war, rasch abgekühlt. Seine Leitungsfähigkeit war während dieser
Zeit von 100, die es etwa 15 Sec. nach der Eintauchung ange-
nommen hatte, auf 39 gefallen. Bei der Abkühlung fiel seine
Leitungsfähigkeit schnell auf 5 hinab und stieg dann wieder auf
37. Nachdem es wiederum 1/4 Stunde erhitzt war, fiel die Lei-
tungsfähigkeit nach der Abkühlung von Leitungsfähigkeit 132,
die es jetzt im Paraffinbade von 212° angenommen hatte, auf 50
und stieg darauf bis 200. Es behielt diese erhöhte Leitungs-
fähigkeit aber nicht, sondern sie sank nach und nach auf einen
geringen Betrag.

Es muss hierbei bemerkt werden, dass das beschriebene
merkwürdige Verhalten des Selens, bei andauernder Erhitzung
auf 200° den Charakter der metallischen Stromleitung anzunehmen,
nur dann in dieser Weise beobachtet wurde, wenn amorphes Se-
len direct auf 200° erhitzt ward. War es erst längere Zeit auf
100° erhitzt und dadurch vollständig in einfaches krystallinisches
Selen umgewandelt, so trat diese Umwandlung bei weiterer an-
dauernder Erhitzung auf 200° gar nicht oder doch nur in weit
geringerem Masse ein. Ebenso ist Selen, welches aus dem flüssigen
Zustande direct in den krystallinischen Zustand übergeführt ist,
was eintritt, wenn man Selen schmilzt und dann sehr lange in
einer Temperatur von 200 bis 210° erhält, nicht metallisch leitend,
wie ich früher annahm, sondern verhält sich wie das bei ge-
ringerer Temperatur umgewandelte krystallinische Selen. Diese
Krystallisation aus dem flüssigen Zustande geht äusserst langsam
vor sich. Ein Glasrohr von 6 mm. Weite, welches auf 2/3 seiner
Länge mit Selen gefüllt war, wurde zugeschmolzen und in einem
Paraffinbade erst eine Stunde lang zur Temperatur von 230° er-
hitzt. Die Temperatur des Bades wurde dann auf 205° erniedrigt
und mit Hülfe eines mechanischen Wärmeregulators während

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Verminderung der Leitungsfähigkeit während derselben ab. Dauert
die Erhitzung nur kurze Zeit, so wird der Charakter des Selens
dadurch nicht geändert; seine Leitungsfähigkeit vermindert sich
fortwährend mit der Erniedrigung der Temperatur, wie bei un-
verändertem krystallinischen Selen.

Das Gitter, mit welchem dies letztere constatirt ward, wurde
darauf 8 Minuten in das Paraffinbad von 205° getaucht und dann
durch einen Luftstrom, nachdem es aus dem Bade genommen
war, rasch abgekühlt. Seine Leitungsfähigkeit war während dieser
Zeit von 100, die es etwa 15 Sec. nach der Eintauchung ange-
nommen hatte, auf 39 gefallen. Bei der Abkühlung fiel seine
Leitungsfähigkeit schnell auf 5 hinab und stieg dann wieder auf
37. Nachdem es wiederum ¼ Stunde erhitzt war, fiel die Lei-
tungsfähigkeit nach der Abkühlung von Leitungsfähigkeit 132,
die es jetzt im Paraffinbade von 212° angenommen hatte, auf 50
und stieg darauf bis 200. Es behielt diese erhöhte Leitungs-
fähigkeit aber nicht, sondern sie sank nach und nach auf einen
geringen Betrag.

Es muss hierbei bemerkt werden, dass das beschriebene
merkwürdige Verhalten des Selens, bei andauernder Erhitzung
auf 200° den Charakter der metallischen Stromleitung anzunehmen,
nur dann in dieser Weise beobachtet wurde, wenn amorphes Se-
len direct auf 200° erhitzt ward. War es erst längere Zeit auf
100° erhitzt und dadurch vollständig in einfaches krystallinisches
Selen umgewandelt, so trat diese Umwandlung bei weiterer an-
dauernder Erhitzung auf 200° gar nicht oder doch nur in weit
geringerem Masse ein. Ebenso ist Selen, welches aus dem flüssigen
Zustande direct in den krystallinischen Zustand übergeführt ist,
was eintritt, wenn man Selen schmilzt und dann sehr lange in
einer Temperatur von 200 bis 210° erhält, nicht metallisch leitend,
wie ich früher annahm, sondern verhält sich wie das bei ge-
ringerer Temperatur umgewandelte krystallinische Selen. Diese
Krystallisation aus dem flüssigen Zustande geht äusserst langsam
vor sich. Ein Glasrohr von 6 mm. Weite, welches auf ⅔ seiner
Länge mit Selen gefüllt war, wurde zugeschmolzen und in einem
Paraffinbade erst eine Stunde lang zur Temperatur von 230° er-
hitzt. Die Temperatur des Bades wurde dann auf 205° erniedrigt
und mit Hülfe eines mechanischen Wärmeregulators während

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[387/0409] Verminderung der Leitungsfähigkeit während derselben ab. Dauert die Erhitzung nur kurze Zeit, so wird der Charakter des Selens dadurch nicht geändert; seine Leitungsfähigkeit vermindert sich fortwährend mit der Erniedrigung der Temperatur, wie bei un- verändertem krystallinischen Selen. Das Gitter, mit welchem dies letztere constatirt ward, wurde darauf 8 Minuten in das Paraffinbad von 205° getaucht und dann durch einen Luftstrom, nachdem es aus dem Bade genommen war, rasch abgekühlt. Seine Leitungsfähigkeit war während dieser Zeit von 100, die es etwa 15 Sec. nach der Eintauchung ange- nommen hatte, auf 39 gefallen. Bei der Abkühlung fiel seine Leitungsfähigkeit schnell auf 5 hinab und stieg dann wieder auf 37. Nachdem es wiederum ¼ Stunde erhitzt war, fiel die Lei- tungsfähigkeit nach der Abkühlung von Leitungsfähigkeit 132, die es jetzt im Paraffinbade von 212° angenommen hatte, auf 50 und stieg darauf bis 200. Es behielt diese erhöhte Leitungs- fähigkeit aber nicht, sondern sie sank nach und nach auf einen geringen Betrag. Es muss hierbei bemerkt werden, dass das beschriebene merkwürdige Verhalten des Selens, bei andauernder Erhitzung auf 200° den Charakter der metallischen Stromleitung anzunehmen, nur dann in dieser Weise beobachtet wurde, wenn amorphes Se- len direct auf 200° erhitzt ward. War es erst längere Zeit auf 100° erhitzt und dadurch vollständig in einfaches krystallinisches Selen umgewandelt, so trat diese Umwandlung bei weiterer an- dauernder Erhitzung auf 200° gar nicht oder doch nur in weit geringerem Masse ein. Ebenso ist Selen, welches aus dem flüssigen Zustande direct in den krystallinischen Zustand übergeführt ist, was eintritt, wenn man Selen schmilzt und dann sehr lange in einer Temperatur von 200 bis 210° erhält, nicht metallisch leitend, wie ich früher annahm, sondern verhält sich wie das bei ge- ringerer Temperatur umgewandelte krystallinische Selen. Diese Krystallisation aus dem flüssigen Zustande geht äusserst langsam vor sich. Ein Glasrohr von 6 mm. Weite, welches auf ⅔ seiner Länge mit Selen gefüllt war, wurde zugeschmolzen und in einem Paraffinbade erst eine Stunde lang zur Temperatur von 230° er- hitzt. Die Temperatur des Bades wurde dann auf 205° erniedrigt und mit Hülfe eines mechanischen Wärmeregulators während 25*

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/409>, abgerufen am 18.05.2024.