welches ich zur Construction eines Selen-Photometers benutzte. Endlich constatirte ich, dass die Zunahme der Leitungsfähigkeit des Selens durch Beleuchtung annähernd den Quadratwurzeln der Lichtstärken proportional ist.
W. G. Adams1) hat gleichzeitig mit mir die Lichtwirkung auf das Selen untersucht. Er fand, abweichend von Hittorf, dass die Leitungsfähigkeit seiner Selenstange, über deren Her- stellung er keine Angaben macht, mit zunehmender Temperatur abnahm, also ein ähnliches Verhalten zeigte, wie ich es durch anhaltende Erhitzung des Selens auf 200 °C. hervorrief. Ferner constatirte er, dass der durch eine Kirchhoff-Wheatstone'sche Brücke gemessene Widerstand des Selens um so geringer ausfiel, je grösser die Anzahl der Zellen der zur Messung benutzten Kette war. Adams lässt es unentschieden, ob die Lichtwirkung auf das Selen in einer Veränderung seiner Oberfläche bestände oder ob durch Beleuchtung im Selen ein Polarisationsstrom hervor- gerufen würde, welcher sich dem Durchgange des messenden Stromes entgegensetzte und dadurch seine Leitungsfähigkeit er- höhte. In gleicher Weise will er die Verminderung des Wider- standes des Selens bei Anwendung stärkerer Batterien erklären. Hierbei ist er aber offenbar in einem Irrthum befangen, da ein solcher durch das Licht oder durch den Strom hervorgerufener Gegenstrom den entgegengesetzten Effect haben müsste. Es müsste das Licht die Leitungsfähigkeit vermindern und bei An- wendung stärkerer Batterien müsste man einen grösseren Wider- stand finden.
Zunächst bemühte ich mich, die höchst merkwürdige Eigen- schaft des Lichtes, das beleuchtete Selen besser leitend zu machen, auch bei anderen Körpern aufzufinden. Diese Bemühungen waren aber gänzlich erfolglos. Ich glaubte schon am Tellur eine analoge Wirkung gefunden zu haben, überzeugte mich aber bald, dass die beoachtete geringe Steigerung der Leitungsfähigkeit der Erwär- mung des Tellurs durch Licht und Wärmestrahlen zuzuschreiben war. Da ich hiernach annehmen musste, dass es sich hier nicht um eine allgemeinere Eigenschaft des Lichtes, sondern um ein abnormes Verhalten des Selens handelte, so entschloss ich mich,
1) Proc. of the Royal Soc. Vol. XXIII, pag. 535. Juni 1875.
welches ich zur Construction eines Selen-Photometers benutzte. Endlich constatirte ich, dass die Zunahme der Leitungsfähigkeit des Selens durch Beleuchtung annähernd den Quadratwurzeln der Lichtstärken proportional ist.
W. G. Adams1) hat gleichzeitig mit mir die Lichtwirkung auf das Selen untersucht. Er fand, abweichend von Hittorf, dass die Leitungsfähigkeit seiner Selenstange, über deren Her- stellung er keine Angaben macht, mit zunehmender Temperatur abnahm, also ein ähnliches Verhalten zeigte, wie ich es durch anhaltende Erhitzung des Selens auf 200 °C. hervorrief. Ferner constatirte er, dass der durch eine Kirchhoff-Wheatstone’sche Brücke gemessene Widerstand des Selens um so geringer ausfiel, je grösser die Anzahl der Zellen der zur Messung benutzten Kette war. Adams lässt es unentschieden, ob die Lichtwirkung auf das Selen in einer Veränderung seiner Oberfläche bestände oder ob durch Beleuchtung im Selen ein Polarisationsstrom hervor- gerufen würde, welcher sich dem Durchgange des messenden Stromes entgegensetzte und dadurch seine Leitungsfähigkeit er- höhte. In gleicher Weise will er die Verminderung des Wider- standes des Selens bei Anwendung stärkerer Batterien erklären. Hierbei ist er aber offenbar in einem Irrthum befangen, da ein solcher durch das Licht oder durch den Strom hervorgerufener Gegenstrom den entgegengesetzten Effect haben müsste. Es müsste das Licht die Leitungsfähigkeit vermindern und bei An- wendung stärkerer Batterien müsste man einen grösseren Wider- stand finden.
Zunächst bemühte ich mich, die höchst merkwürdige Eigen- schaft des Lichtes, das beleuchtete Selen besser leitend zu machen, auch bei anderen Körpern aufzufinden. Diese Bemühungen waren aber gänzlich erfolglos. Ich glaubte schon am Tellur eine analoge Wirkung gefunden zu haben, überzeugte mich aber bald, dass die beoachtete geringe Steigerung der Leitungsfähigkeit der Erwär- mung des Tellurs durch Licht und Wärmestrahlen zuzuschreiben war. Da ich hiernach annehmen musste, dass es sich hier nicht um eine allgemeinere Eigenschaft des Lichtes, sondern um ein abnormes Verhalten des Selens handelte, so entschloss ich mich,
1) Proc. of the Royal Soc. Vol. XXIII, pag. 535. Juni 1875.
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welches ich zur Construction eines Selen-Photometers benutzte.
Endlich constatirte ich, dass die Zunahme der Leitungsfähigkeit
des Selens durch Beleuchtung annähernd den Quadratwurzeln
der Lichtstärken proportional ist.
W. G. Adams 1) hat gleichzeitig mit mir die Lichtwirkung
auf das Selen untersucht. Er fand, abweichend von Hittorf,
dass die Leitungsfähigkeit seiner Selenstange, über deren Her-
stellung er keine Angaben macht, mit zunehmender Temperatur
abnahm, also ein ähnliches Verhalten zeigte, wie ich es durch
anhaltende Erhitzung des Selens auf 200 °C. hervorrief. Ferner
constatirte er, dass der durch eine Kirchhoff-Wheatstone’sche
Brücke gemessene Widerstand des Selens um so geringer ausfiel,
je grösser die Anzahl der Zellen der zur Messung benutzten Kette
war. Adams lässt es unentschieden, ob die Lichtwirkung auf
das Selen in einer Veränderung seiner Oberfläche bestände oder
ob durch Beleuchtung im Selen ein Polarisationsstrom hervor-
gerufen würde, welcher sich dem Durchgange des messenden
Stromes entgegensetzte und dadurch seine Leitungsfähigkeit er-
höhte. In gleicher Weise will er die Verminderung des Wider-
standes des Selens bei Anwendung stärkerer Batterien erklären.
Hierbei ist er aber offenbar in einem Irrthum befangen, da ein
solcher durch das Licht oder durch den Strom hervorgerufener
Gegenstrom den entgegengesetzten Effect haben müsste. Es
müsste das Licht die Leitungsfähigkeit vermindern und bei An-
wendung stärkerer Batterien müsste man einen grösseren Wider-
stand finden.
Zunächst bemühte ich mich, die höchst merkwürdige Eigen-
schaft des Lichtes, das beleuchtete Selen besser leitend zu machen,
auch bei anderen Körpern aufzufinden. Diese Bemühungen waren
aber gänzlich erfolglos. Ich glaubte schon am Tellur eine analoge
Wirkung gefunden zu haben, überzeugte mich aber bald, dass die
beoachtete geringe Steigerung der Leitungsfähigkeit der Erwär-
mung des Tellurs durch Licht und Wärmestrahlen zuzuschreiben
war. Da ich hiernach annehmen musste, dass es sich hier nicht
um eine allgemeinere Eigenschaft des Lichtes, sondern um ein
abnormes Verhalten des Selens handelte, so entschloss ich mich,
1) Proc. of the Royal Soc. Vol. XXIII, pag. 535. Juni 1875.
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/397>, abgerufen am 22.11.2024.
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