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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

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Dem analog kann man sich die Entladung eines Ansamm-
lungsapparates mithin auch eines Conductors durch Ausstrahlungs-
oder Entladungsfunken überall vorstellen. Eine an einem Con-
ductor befindliche vollkommene Spitze muss stets "ausströmen",
da die Dichtigkeit der Elektricität der Spitze unendlich gross
ist, mithin bei den nächsten Luftschichten das Vertheilungs-
maximum jedenfalls überschritten wird. Der "Büschel", d. i.
die Entladungssphäre, wird sich so weit ausdehnen, bis in Folge
der Erweiterung der Begrenzungsflächen des "Büschels" die
Ueberschreitung des Vertheilungs- oder Polarisationsmaximums
der Luft nicht mehr stattfindet.

Nähert man dagegen einem geladenen Conductor eine ab-
geleitete Kugel, so wird die Entladung beginnen, wenn bei der
mit der Annäherung der Kugel schnell wachsenden Ladung
zwischen Kugel und Conductor die Grenze des Polarisations-
maximums der die Punkte grösster Dichtigkeit umgebenden Luft-
schichten überschritten wird. Dadurch, dass in diesem der Ent-
ladungsvorgang eintritt, wird die Luft erwärmt und verdünnt,
und hierdurch das Polarisationsmaximum derselben progressiv
vermindert. Die Entladung muss daher die entfernten, am
stärksten polarisirten Lufttheile angreifen und sogleich eine voll-
ständige werden und dabei auf eine geringe räumliche Ausdehnung
beschränkt bleiben.

Wenn durch diese Auffassung des Entladungsvorganges auch
noch nicht alle Erscheinungen genügend erklärt werden, so zeigt
sie doch, dass die Thatsache, dass die Entladung durch Funken
oder Büschel von der Dichtigkeit, nicht von der elektrischen
Kraft abhängt, der Molecularvertheilungstheorie nicht wider-
spricht.

Es liegt nicht in meiner Absicht, auf die im Obigen weiter
entwickelte Theorie der "elektrostatischen Molecularinduction"
eine allgemeine elektrische Theorie zu begründen, da ich glaube,
dass die Experimental-Untersuchungen hierzu noch nicht voll-
ständig genug sind. Ich will nur schliesslich noch darauf
aufmerksam machen, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass der
Sitz der Elektricität von den Leitern in die sie umgebenden
Nichtleiter zu verlegen und sie selbst als eine elektrische Polari-
sation der Molecüle der letzteren zu definiren ist. Die Leiter

Dem analog kann man sich die Entladung eines Ansamm-
lungsapparates mithin auch eines Conductors durch Ausstrahlungs-
oder Entladungsfunken überall vorstellen. Eine an einem Con-
ductor befindliche vollkommene Spitze muss stets „ausströmen“,
da die Dichtigkeit der Elektricität der Spitze unendlich gross
ist, mithin bei den nächsten Luftschichten das Vertheilungs-
maximum jedenfalls überschritten wird. Der „Büschel“, d. i.
die Entladungssphäre, wird sich so weit ausdehnen, bis in Folge
der Erweiterung der Begrenzungsflächen des „Büschels“ die
Ueberschreitung des Vertheilungs- oder Polarisationsmaximums
der Luft nicht mehr stattfindet.

Nähert man dagegen einem geladenen Conductor eine ab-
geleitete Kugel, so wird die Entladung beginnen, wenn bei der
mit der Annäherung der Kugel schnell wachsenden Ladung
zwischen Kugel und Conductor die Grenze des Polarisations-
maximums der die Punkte grösster Dichtigkeit umgebenden Luft-
schichten überschritten wird. Dadurch, dass in diesem der Ent-
ladungsvorgang eintritt, wird die Luft erwärmt und verdünnt,
und hierdurch das Polarisationsmaximum derselben progressiv
vermindert. Die Entladung muss daher die entfernten, am
stärksten polarisirten Lufttheile angreifen und sogleich eine voll-
ständige werden und dabei auf eine geringe räumliche Ausdehnung
beschränkt bleiben.

Wenn durch diese Auffassung des Entladungsvorganges auch
noch nicht alle Erscheinungen genügend erklärt werden, so zeigt
sie doch, dass die Thatsache, dass die Entladung durch Funken
oder Büschel von der Dichtigkeit, nicht von der elektrischen
Kraft abhängt, der Molecularvertheilungstheorie nicht wider-
spricht.

Es liegt nicht in meiner Absicht, auf die im Obigen weiter
entwickelte Theorie der „elektrostatischen Molecularinduction“
eine allgemeine elektrische Theorie zu begründen, da ich glaube,
dass die Experimental-Untersuchungen hierzu noch nicht voll-
ständig genug sind. Ich will nur schliesslich noch darauf
aufmerksam machen, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass der
Sitz der Elektricität von den Leitern in die sie umgebenden
Nichtleiter zu verlegen und sie selbst als eine elektrische Polari-
sation der Molecüle der letzteren zu definiren ist. Die Leiter

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[198/0216] Dem analog kann man sich die Entladung eines Ansamm- lungsapparates mithin auch eines Conductors durch Ausstrahlungs- oder Entladungsfunken überall vorstellen. Eine an einem Con- ductor befindliche vollkommene Spitze muss stets „ausströmen“, da die Dichtigkeit der Elektricität der Spitze unendlich gross ist, mithin bei den nächsten Luftschichten das Vertheilungs- maximum jedenfalls überschritten wird. Der „Büschel“, d. i. die Entladungssphäre, wird sich so weit ausdehnen, bis in Folge der Erweiterung der Begrenzungsflächen des „Büschels“ die Ueberschreitung des Vertheilungs- oder Polarisationsmaximums der Luft nicht mehr stattfindet. Nähert man dagegen einem geladenen Conductor eine ab- geleitete Kugel, so wird die Entladung beginnen, wenn bei der mit der Annäherung der Kugel schnell wachsenden Ladung zwischen Kugel und Conductor die Grenze des Polarisations- maximums der die Punkte grösster Dichtigkeit umgebenden Luft- schichten überschritten wird. Dadurch, dass in diesem der Ent- ladungsvorgang eintritt, wird die Luft erwärmt und verdünnt, und hierdurch das Polarisationsmaximum derselben progressiv vermindert. Die Entladung muss daher die entfernten, am stärksten polarisirten Lufttheile angreifen und sogleich eine voll- ständige werden und dabei auf eine geringe räumliche Ausdehnung beschränkt bleiben. Wenn durch diese Auffassung des Entladungsvorganges auch noch nicht alle Erscheinungen genügend erklärt werden, so zeigt sie doch, dass die Thatsache, dass die Entladung durch Funken oder Büschel von der Dichtigkeit, nicht von der elektrischen Kraft abhängt, der Molecularvertheilungstheorie nicht wider- spricht. Es liegt nicht in meiner Absicht, auf die im Obigen weiter entwickelte Theorie der „elektrostatischen Molecularinduction“ eine allgemeine elektrische Theorie zu begründen, da ich glaube, dass die Experimental-Untersuchungen hierzu noch nicht voll- ständig genug sind. Ich will nur schliesslich noch darauf aufmerksam machen, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass der Sitz der Elektricität von den Leitern in die sie umgebenden Nichtleiter zu verlegen und sie selbst als eine elektrische Polari- sation der Molecüle der letzteren zu definiren ist. Die Leiter

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/216>, abgerufen am 24.11.2024.