anderweitig bestätigte Untersuchungen ausser Zweifel gesetzt. Dagegen entschieden die bisherigen Versuche nicht darüber, ob die von Faraday aufgestellte Ansicht, dass die elektrostatische Induction ausschliesslich eine von Molecül zu Molecül des tren- nenden Isolators fortgepflanzte Wirkung ist, richtig ist, oder ob vielmehr der Einfluss des isolirenden Materials ein secundärer ist, vielleicht auch directe Vertheilung und Molecularvertheilung gleichzeitig auftreten. Dass in der That ein Eindringen der Elektricität der Belegungen einer Leydener Flasche in die Substanz des Glases stattfindet, und dadurch die Entfernung der sich ge- genseitig anziehenden Elektricitäten von einander vermindert wird, ist vielfach nachgewiesen, und folgt auch schon daraus, dass eine vollständig entladene Flasche, die vorher längere Zeit geladen war, sich nach kurzer Zeit wiederum geladen zeigt. Es fragt sich daher, ob:
1. der Einfluss des den trennenden Raum erfüllenden iso- lirenden Materials sich auch dann noch zeigt, wenn das Ein- dringen der Elektricität in die Masse desselben verhindert, oder der Versuch so angestellt ist, dass es auf das Resultat der Messung keinen Einfluss äussern kann; ferner, wenn dies der Fall ist, ob:
2. die elektrostatische Induction überall dem Gesetze der Molecularanziehung, oder ganz oder theilweise dem der Anziehung in Distanz folgt.
Versuche mit Volta-Elektricität scheinen mir besonders ge- eignet zur Beantwortung dieser Fragen, da sie eine stets con- stante und unerschöpfliche Elektricitätsquelle darbietet, durch welche alle Messungen sehr vereinfacht werden. Die bisher be- schriebenen Versuche werden dies, so wie auch die Zuverlässig- keit der Angaben des Galvanometers, wohl überzeugend nach- gewiesen haben.
Dass auch bei Volta-Elektricität die Capacität eines An- sammlungsapparates wesentlich von der Beschaffenheit des Isolators, welcher den die Collectorplatten trennenden Raum erfüllt, ab- hängt, war leicht zu erkennen.
Wenn ich zwei runde, 15 cm im Durchmesser haltende ebene Scheiben durch eine Glasplatte von 1 mm Dicke trennte, so zeigte das Galvanometer eine nahe doppelt so grosse Ladung
anderweitig bestätigte Untersuchungen ausser Zweifel gesetzt. Dagegen entschieden die bisherigen Versuche nicht darüber, ob die von Faraday aufgestellte Ansicht, dass die elektrostatische Induction ausschliesslich eine von Molecül zu Molecül des tren- nenden Isolators fortgepflanzte Wirkung ist, richtig ist, oder ob vielmehr der Einfluss des isolirenden Materials ein secundärer ist, vielleicht auch directe Vertheilung und Molecularvertheilung gleichzeitig auftreten. Dass in der That ein Eindringen der Elektricität der Belegungen einer Leydener Flasche in die Substanz des Glases stattfindet, und dadurch die Entfernung der sich ge- genseitig anziehenden Elektricitäten von einander vermindert wird, ist vielfach nachgewiesen, und folgt auch schon daraus, dass eine vollständig entladene Flasche, die vorher längere Zeit geladen war, sich nach kurzer Zeit wiederum geladen zeigt. Es fragt sich daher, ob:
1. der Einfluss des den trennenden Raum erfüllenden iso- lirenden Materials sich auch dann noch zeigt, wenn das Ein- dringen der Elektricität in die Masse desselben verhindert, oder der Versuch so angestellt ist, dass es auf das Resultat der Messung keinen Einfluss äussern kann; ferner, wenn dies der Fall ist, ob:
2. die elektrostatische Induction überall dem Gesetze der Molecularanziehung, oder ganz oder theilweise dem der Anziehung in Distanz folgt.
Versuche mit Volta-Elektricität scheinen mir besonders ge- eignet zur Beantwortung dieser Fragen, da sie eine stets con- stante und unerschöpfliche Elektricitätsquelle darbietet, durch welche alle Messungen sehr vereinfacht werden. Die bisher be- schriebenen Versuche werden dies, so wie auch die Zuverlässig- keit der Angaben des Galvanometers, wohl überzeugend nach- gewiesen haben.
Dass auch bei Volta-Elektricität die Capacität eines An- sammlungsapparates wesentlich von der Beschaffenheit des Isolators, welcher den die Collectorplatten trennenden Raum erfüllt, ab- hängt, war leicht zu erkennen.
Wenn ich zwei runde, 15 cm im Durchmesser haltende ebene Scheiben durch eine Glasplatte von 1 mm Dicke trennte, so zeigte das Galvanometer eine nahe doppelt so grosse Ladung
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anderweitig bestätigte Untersuchungen ausser Zweifel gesetzt.
Dagegen entschieden die bisherigen Versuche nicht darüber, ob
die von Faraday aufgestellte Ansicht, dass die elektrostatische
Induction ausschliesslich eine von Molecül zu Molecül des tren-
nenden Isolators fortgepflanzte Wirkung ist, richtig ist, oder ob
vielmehr der Einfluss des isolirenden Materials ein secundärer
ist, vielleicht auch directe Vertheilung und Molecularvertheilung
gleichzeitig auftreten. Dass in der That ein Eindringen der
Elektricität der Belegungen einer Leydener Flasche in die Substanz
des Glases stattfindet, und dadurch die Entfernung der sich ge-
genseitig anziehenden Elektricitäten von einander vermindert
wird, ist vielfach nachgewiesen, und folgt auch schon daraus,
dass eine vollständig entladene Flasche, die vorher längere Zeit
geladen war, sich nach kurzer Zeit wiederum geladen zeigt. Es
fragt sich daher, ob:
1. der Einfluss des den trennenden Raum erfüllenden iso-
lirenden Materials sich auch dann noch zeigt, wenn das Ein-
dringen der Elektricität in die Masse desselben verhindert, oder
der Versuch so angestellt ist, dass es auf das Resultat der
Messung keinen Einfluss äussern kann; ferner, wenn dies der
Fall ist, ob:
2. die elektrostatische Induction überall dem Gesetze der
Molecularanziehung, oder ganz oder theilweise dem der Anziehung
in Distanz folgt.
Versuche mit Volta-Elektricität scheinen mir besonders ge-
eignet zur Beantwortung dieser Fragen, da sie eine stets con-
stante und unerschöpfliche Elektricitätsquelle darbietet, durch
welche alle Messungen sehr vereinfacht werden. Die bisher be-
schriebenen Versuche werden dies, so wie auch die Zuverlässig-
keit der Angaben des Galvanometers, wohl überzeugend nach-
gewiesen haben.
Dass auch bei Volta-Elektricität die Capacität eines An-
sammlungsapparates wesentlich von der Beschaffenheit des Isolators,
welcher den die Collectorplatten trennenden Raum erfüllt, ab-
hängt, war leicht zu erkennen.
Wenn ich zwei runde, 15 cm im Durchmesser haltende
ebene Scheiben durch eine Glasplatte von 1 mm Dicke trennte,
so zeigte das Galvanometer eine nahe doppelt so grosse Ladung
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/186>, abgerufen am 25.11.2024.
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