etwas Unerwartetes; dagegen war es mir sehr überraschend, dass die Lage des Berührungspunktes des Zuleitungsdrahtes mit der isolirten Condensatorplatte ohne allen Einfluss auf die Grösse der Ablenkung der Nadel war. Es schien mir im Gegentheil wahrscheinlich, dass die Ladung am grössten sein würde, wenn man die Mitte der Belegung mit dem Zuleitungsdraht berührte, und dass sie um so kleiner werden würde, je mehr man die Be- rührungsstelle zum Rande hin verschöbe. Dies war jedoch durch- aus nicht der Fall. Der Stand der Nadel blieb durchaus unver- ändert, so lange der Zuleitungsdraht nur in Berührung mit der Belegung war, selbst dann, wenn nur eine der äussersten Spitzen der rechteckigen Staniolbelegung in Berührung mit ihm war. Ich habe diesen Versuch mannigfach variirt, mit Condensatoren und Leydener Flaschen der verschiedensten Form und Grösse, aber immer mit ganz demselben Erfolge. Für den Fortgang meiner Untersuchung war dies Resultat, d. i. die Unabhängig- keit der Ladung eines Ansammlungs-Apparates von der Anbrin- gung der Zuleitungsdrähte sehr wichtig, indem die Experimente durch Wegfall dieser Rücksicht viel einfacher und zuverlässiger wurden.
Die Betrachtung der obigen Versuchsreihe beseitigt gleich- zeitig manche Bedenken, die man gegen die Zuverlässigkeit meiner Untersuchungsmethode aufstellen konnte. Eine der wichtigsten dürfte wohl diese sein, ob sich das Magnetisirungsverhältniss der benutzten astatischen Nadeln nicht dauernd, oder auch nur vor- übergehend, während der Entladungen verändert. In der That habe ich immer grosse Vorsicht obwalten lassen müssen, um mich vor hieraus entspringenden Fehlern zu sichern. Nur voll- kommen glasharte Magnetnadeln aus Gussstahl, welcher sich ganz besonders zur Anfertigung von Stahlmagneten eignet, waren auch bei starken Entladungsströmen hinlänglich constant. Es ergab sich dies sowohl daraus, dass die Schwingungsdauer des Nadelpaars unverändert blieb, wie auch daraus, dass die Ruhe- lage desselben sich nicht änderte. Wäre eine vorübergehende Aenderung des Magnetisirungszustandes der Nadeln eingetreten, so hätte sich die Ablenkung bei Einschaltung eines beträcht- lichen Widerstandes in dem Kreise des Galvanometers verändern müssen. Bei sehr starken Batterieen und sehr schwachen An-
etwas Unerwartetes; dagegen war es mir sehr überraschend, dass die Lage des Berührungspunktes des Zuleitungsdrahtes mit der isolirten Condensatorplatte ohne allen Einfluss auf die Grösse der Ablenkung der Nadel war. Es schien mir im Gegentheil wahrscheinlich, dass die Ladung am grössten sein würde, wenn man die Mitte der Belegung mit dem Zuleitungsdraht berührte, und dass sie um so kleiner werden würde, je mehr man die Be- rührungsstelle zum Rande hin verschöbe. Dies war jedoch durch- aus nicht der Fall. Der Stand der Nadel blieb durchaus unver- ändert, so lange der Zuleitungsdraht nur in Berührung mit der Belegung war, selbst dann, wenn nur eine der äussersten Spitzen der rechteckigen Staniolbelegung in Berührung mit ihm war. Ich habe diesen Versuch mannigfach variirt, mit Condensatoren und Leydener Flaschen der verschiedensten Form und Grösse, aber immer mit ganz demselben Erfolge. Für den Fortgang meiner Untersuchung war dies Resultat, d. i. die Unabhängig- keit der Ladung eines Ansammlungs-Apparates von der Anbrin- gung der Zuleitungsdrähte sehr wichtig, indem die Experimente durch Wegfall dieser Rücksicht viel einfacher und zuverlässiger wurden.
Die Betrachtung der obigen Versuchsreihe beseitigt gleich- zeitig manche Bedenken, die man gegen die Zuverlässigkeit meiner Untersuchungsmethode aufstellen konnte. Eine der wichtigsten dürfte wohl diese sein, ob sich das Magnetisirungsverhältniss der benutzten astatischen Nadeln nicht dauernd, oder auch nur vor- übergehend, während der Entladungen verändert. In der That habe ich immer grosse Vorsicht obwalten lassen müssen, um mich vor hieraus entspringenden Fehlern zu sichern. Nur voll- kommen glasharte Magnetnadeln aus Gussstahl, welcher sich ganz besonders zur Anfertigung von Stahlmagneten eignet, waren auch bei starken Entladungsströmen hinlänglich constant. Es ergab sich dies sowohl daraus, dass die Schwingungsdauer des Nadelpaars unverändert blieb, wie auch daraus, dass die Ruhe- lage desselben sich nicht änderte. Wäre eine vorübergehende Aenderung des Magnetisirungszustandes der Nadeln eingetreten, so hätte sich die Ablenkung bei Einschaltung eines beträcht- lichen Widerstandes in dem Kreise des Galvanometers verändern müssen. Bei sehr starken Batterieen und sehr schwachen An-
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etwas Unerwartetes; dagegen war es mir sehr überraschend, dass
die Lage des Berührungspunktes des Zuleitungsdrahtes mit der
isolirten Condensatorplatte ohne allen Einfluss auf die Grösse
der Ablenkung der Nadel war. Es schien mir im Gegentheil
wahrscheinlich, dass die Ladung am grössten sein würde, wenn
man die Mitte der Belegung mit dem Zuleitungsdraht berührte,
und dass sie um so kleiner werden würde, je mehr man die Be-
rührungsstelle zum Rande hin verschöbe. Dies war jedoch durch-
aus nicht der Fall. Der Stand der Nadel blieb durchaus unver-
ändert, so lange der Zuleitungsdraht nur in Berührung mit der
Belegung war, selbst dann, wenn nur eine der äussersten Spitzen
der rechteckigen Staniolbelegung in Berührung mit ihm war.
Ich habe diesen Versuch mannigfach variirt, mit Condensatoren
und Leydener Flaschen der verschiedensten Form und Grösse,
aber immer mit ganz demselben Erfolge. Für den Fortgang
meiner Untersuchung war dies Resultat, d. i. die Unabhängig-
keit der Ladung eines Ansammlungs-Apparates von der Anbrin-
gung der Zuleitungsdrähte sehr wichtig, indem die Experimente
durch Wegfall dieser Rücksicht viel einfacher und zuverlässiger
wurden.
Die Betrachtung der obigen Versuchsreihe beseitigt gleich-
zeitig manche Bedenken, die man gegen die Zuverlässigkeit meiner
Untersuchungsmethode aufstellen konnte. Eine der wichtigsten
dürfte wohl diese sein, ob sich das Magnetisirungsverhältniss der
benutzten astatischen Nadeln nicht dauernd, oder auch nur vor-
übergehend, während der Entladungen verändert. In der That
habe ich immer grosse Vorsicht obwalten lassen müssen, um
mich vor hieraus entspringenden Fehlern zu sichern. Nur voll-
kommen glasharte Magnetnadeln aus Gussstahl, welcher sich
ganz besonders zur Anfertigung von Stahlmagneten eignet, waren
auch bei starken Entladungsströmen hinlänglich constant. Es
ergab sich dies sowohl daraus, dass die Schwingungsdauer des
Nadelpaars unverändert blieb, wie auch daraus, dass die Ruhe-
lage desselben sich nicht änderte. Wäre eine vorübergehende
Aenderung des Magnetisirungszustandes der Nadeln eingetreten,
so hätte sich die Ablenkung bei Einschaltung eines beträcht-
lichen Widerstandes in dem Kreise des Galvanometers verändern
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/177>, abgerufen am 26.11.2024.
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