Es haben nur wenig Beschädigungen beim Einlegen der Drähte stattgefunden und spätere äussere Beschädigungen sind nur selten vorgekommen. Wäre die Ueberwachung der unterirdischen Staats- Telegraphen-Leitungen bereits gehörig organisirt, hätte eine regel- mässige und gründliche jährliche Revision und eine stete genaue Controlirung der Isolation der Leitungen stattgefunden, wären wenn auch nicht alle, so doch ein grosser Theil der Telegraphen- Beamten mit den so einfachen Manipulationen der Aufsuchung und Wiederherstellung eingetretener grober Beschädigungen ver- traut gemacht, so würden die selten eingetretenen Störungen oder Unterbrechungen des Dienstes dieser Linien stets in sehr kurzer Zeit gehoben und die Unterhaltungskosten der Leitungen ver- hältnissmässig sehr gering gewesen sein. Wenn man auch zu- geben muss, dass die oberirdischen Leitungen manche bedeutenden Vorzüge vor den unterirdischen voraus haben und stets voraus haben werden, so dürfen doch diese Vorzüge und die erkannten wirklichen Schwächen der unterirdischen Leitungen nicht zu einer einseitigen Beurtheilung führen. Die Bilance zwischen den Vor- und Nachtheilen beider Leitungssysteme muss entscheiden. Diese wird sich jetzt etwa folgendermaassen gestalten:
Die Vorzüge der oberirdischen Leitungen vor den unterir- dischen bestehen im Wesentlichen darin, dass sie leichter be- aufsichtigt und reparirt werden können, da sie überall sichtbar sind, dass bis zu einer gewissen Grenze eine Vermehrung der Drähte bei eintretendem Bedürfniss mit geringeren Kosten sich ausführen lässt und dass die Anlagekosten im Allgemeinen ge- ringer sind wie bei unterirdischen Leitungen. Diesen Vorzügen steht aber eine grosse Reihe von Nachtheilen gegenüber. Die oberirdischen Leitungen sind muthwilligen und zufälligen Zer- störungen weit mehr ausgesetzt wie die unterirdischen. Sind daher auch die Beschädigungen leichter und schneller auszu- bessern, die Unterbrechungen des Dienstes mithin kürzer, so treten sie dafür um so häufiger auf, und nur bei sehr solide an- gelegten oberirdischen Leitungen würde die Sicherheit des Dienstes der der bisherigen unterirdischen gleich zu setzen sein. Ver- wendet man zu den oberirdischen Leitungen, wie es in Deutsch- land bisher am gebräuchlichsten war, Kupferdraht und dünne Stangen, so lässt sich zwar bei ihnen eine sehr vollständige Iso-
Es haben nur wenig Beschädigungen beim Einlegen der Drähte stattgefunden und spätere äussere Beschädigungen sind nur selten vorgekommen. Wäre die Ueberwachung der unterirdischen Staats- Telegraphen-Leitungen bereits gehörig organisirt, hätte eine regel- mässige und gründliche jährliche Revision und eine stete genaue Controlirung der Isolation der Leitungen stattgefunden, wären wenn auch nicht alle, so doch ein grosser Theil der Telegraphen- Beamten mit den so einfachen Manipulationen der Aufsuchung und Wiederherstellung eingetretener grober Beschädigungen ver- traut gemacht, so würden die selten eingetretenen Störungen oder Unterbrechungen des Dienstes dieser Linien stets in sehr kurzer Zeit gehoben und die Unterhaltungskosten der Leitungen ver- hältnissmässig sehr gering gewesen sein. Wenn man auch zu- geben muss, dass die oberirdischen Leitungen manche bedeutenden Vorzüge vor den unterirdischen voraus haben und stets voraus haben werden, so dürfen doch diese Vorzüge und die erkannten wirklichen Schwächen der unterirdischen Leitungen nicht zu einer einseitigen Beurtheilung führen. Die Bilance zwischen den Vor- und Nachtheilen beider Leitungssysteme muss entscheiden. Diese wird sich jetzt etwa folgendermaassen gestalten:
Die Vorzüge der oberirdischen Leitungen vor den unterir- dischen bestehen im Wesentlichen darin, dass sie leichter be- aufsichtigt und reparirt werden können, da sie überall sichtbar sind, dass bis zu einer gewissen Grenze eine Vermehrung der Drähte bei eintretendem Bedürfniss mit geringeren Kosten sich ausführen lässt und dass die Anlagekosten im Allgemeinen ge- ringer sind wie bei unterirdischen Leitungen. Diesen Vorzügen steht aber eine grosse Reihe von Nachtheilen gegenüber. Die oberirdischen Leitungen sind muthwilligen und zufälligen Zer- störungen weit mehr ausgesetzt wie die unterirdischen. Sind daher auch die Beschädigungen leichter und schneller auszu- bessern, die Unterbrechungen des Dienstes mithin kürzer, so treten sie dafür um so häufiger auf, und nur bei sehr solide an- gelegten oberirdischen Leitungen würde die Sicherheit des Dienstes der der bisherigen unterirdischen gleich zu setzen sein. Ver- wéndet man zu den oberirdischen Leitungen, wie es in Deutsch- land bisher am gebräuchlichsten war, Kupferdraht und dünne Stangen, so lässt sich zwar bei ihnen eine sehr vollständige Iso-
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[105/0123]
Es haben nur wenig Beschädigungen beim Einlegen der Drähte
stattgefunden und spätere äussere Beschädigungen sind nur selten
vorgekommen. Wäre die Ueberwachung der unterirdischen Staats-
Telegraphen-Leitungen bereits gehörig organisirt, hätte eine regel-
mässige und gründliche jährliche Revision und eine stete genaue
Controlirung der Isolation der Leitungen stattgefunden, wären
wenn auch nicht alle, so doch ein grosser Theil der Telegraphen-
Beamten mit den so einfachen Manipulationen der Aufsuchung
und Wiederherstellung eingetretener grober Beschädigungen ver-
traut gemacht, so würden die selten eingetretenen Störungen oder
Unterbrechungen des Dienstes dieser Linien stets in sehr kurzer
Zeit gehoben und die Unterhaltungskosten der Leitungen ver-
hältnissmässig sehr gering gewesen sein. Wenn man auch zu-
geben muss, dass die oberirdischen Leitungen manche bedeutenden
Vorzüge vor den unterirdischen voraus haben und stets voraus
haben werden, so dürfen doch diese Vorzüge und die erkannten
wirklichen Schwächen der unterirdischen Leitungen nicht zu
einer einseitigen Beurtheilung führen. Die Bilance zwischen den
Vor- und Nachtheilen beider Leitungssysteme muss entscheiden.
Diese wird sich jetzt etwa folgendermaassen gestalten:
Die Vorzüge der oberirdischen Leitungen vor den unterir-
dischen bestehen im Wesentlichen darin, dass sie leichter be-
aufsichtigt und reparirt werden können, da sie überall sichtbar
sind, dass bis zu einer gewissen Grenze eine Vermehrung der
Drähte bei eintretendem Bedürfniss mit geringeren Kosten sich
ausführen lässt und dass die Anlagekosten im Allgemeinen ge-
ringer sind wie bei unterirdischen Leitungen. Diesen Vorzügen
steht aber eine grosse Reihe von Nachtheilen gegenüber. Die
oberirdischen Leitungen sind muthwilligen und zufälligen Zer-
störungen weit mehr ausgesetzt wie die unterirdischen. Sind
daher auch die Beschädigungen leichter und schneller auszu-
bessern, die Unterbrechungen des Dienstes mithin kürzer, so
treten sie dafür um so häufiger auf, und nur bei sehr solide an-
gelegten oberirdischen Leitungen würde die Sicherheit des Dienstes
der der bisherigen unterirdischen gleich zu setzen sein. Ver-
wéndet man zu den oberirdischen Leitungen, wie es in Deutsch-
land bisher am gebräuchlichsten war, Kupferdraht und dünne
Stangen, so lässt sich zwar bei ihnen eine sehr vollständige Iso-
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/123>, abgerufen am 25.11.2024.
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