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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Familie: Cyprinoidei.
Rücken und mit silberglänzenden Seiten; sehr charakteristisch ist ein grüner
glänzender Längsstreif, der sich zu beiden Seiten des Leibes von der Mitte
desselben bis zum Schwanzende erstreckt. Die Flossen sind blassröthlich
gefärbt und die Rückenflosse ganz, die Schwanzflosse an der Basis mit
schwärzlichem Pigmente besetzt. Diese einfache Färbung verschwindet zur
Brunstzeit an den männlichen Bitterlingen vollständig und macht einem präch-
tigen Hochzeitskleide Platz, dessen Farbenglanz sich schwer naturgetreu be-
schreiben lässt (Taf. I. Fig. 1). Die ganze Körperoberfläche der brünstigen
Männchen schillert in allen Regenbogenfarben, wobei sich stahlblau und vio-
lett besonders bemerkbar macht, und der smaragdgrüne Seitenstreif am
Hinterleibe noch glänzender hervortritt, während die Brust und Bauchseite
mit einem schönen orangengelben Pigmentüberzuge prangen; auch die Rücken-
und Afterflosse zeigen sich hochroth gefärbt und schwarz gesäumt. Mit der
Entwicklung dieser Farbenpracht beginnt noch ein anderer Geschlechtsunter-
schied hervorzutreten, der sich auf eine Veränderung der Haut dicht über der
Oberlippe bezieht. Hier erhebt sich an den beiden äusseren Enden der Ober-
kiefer allmählich ein rundlicher Wulst, der aus einem Haufen von 8 bis 13
ungleich grossen kreideweissen Warzen besteht. Zwei bis drei diesen ganz
ähnliche Warzen kommen noch an dem oberen Rande der beiden Augen-
höhlen zum Vorschein. Diese Warzen verdienen nicht den Namen "Knochen-
wärzchen", wie sie von Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 102) bezeichnet wor-
den sind, denn sie entsprechen keineswegs Verknöcherungen, sondern jede
Warze ist nichts andres, als eine Anhäufung von dicht über- und aneinander-
gedrängten Epitheliumzellen1). Nach Beendigung des Fortpflanzungsge-
schäfts verlieren sich diese Warzen und hinterlassen bleibende Gruben, aus
denen bei der Wiederkehr der Brunstzeit von neuem jene warzenartigen Ge-
bilde hervorsprossen.

Obgleich die Weibchen der Bitterlinge auch während der Laichzeit ihre
Farblosigkeit behalten und auf diese Weise von ihren prächtig geschmückten
Männchen auffallend abstechen, zeichnen sie sich doch in dieser Zeit durch
ein ganz eigenthümliches äusseres Merkmal aus, das trotz seiner Augenfällig-
keit erst vor kurzem durch Herrn Krauss, Director des königlichen Na-
turalien-Cabinets zu Stuttgart bemerkt wurde2). Es ist dies eine lange, röth-

1) Aehnliche Warzen wachsen auch bei anderen männlichen exotischen Cyprinoiden
als Merkmal der Brunst an denselben Hautstellen hervor, was ich weiter unten bei Chon-
drostoma nasus
ausführlich besprochen habe.
2) S. dessen: Mittheilungen über den Bitterling a. a. O. Später wurde während der
Naturforscher-Versammlung zu Königsberg im Jahre 1860 in der zoologischen Section von
Kessler aus Kiew auf die Legeröhre des weiblichen Bitterlings aufmerksam gemacht, und
neuerdings hat auch Dybowski (Cyprinoiden Livlands. pag. 87. Taf. IV) dasselbe Organ er-
wähnt und abgebildet, ohne die früheren Beobachtungen von Krauss gekannt zu haben.

Familie: Cyprinoidei.
Rücken und mit silberglänzenden Seiten; sehr charakteristisch ist ein grüner
glänzender Längsstreif, der sich zu beiden Seiten des Leibes von der Mitte
desselben bis zum Schwanzende erstreckt. Die Flossen sind blassröthlich
gefärbt und die Rückenflosse ganz, die Schwanzflosse an der Basis mit
schwärzlichem Pigmente besetzt. Diese einfache Färbung verschwindet zur
Brunstzeit an den männlichen Bitterlingen vollständig und macht einem präch-
tigen Hochzeitskleide Platz, dessen Farbenglanz sich schwer naturgetreu be-
schreiben lässt (Taf. I. Fig. 1). Die ganze Körperoberfläche der brünstigen
Männchen schillert in allen Regenbogenfarben, wobei sich stahlblau und vio-
lett besonders bemerkbar macht, und der smaragdgrüne Seitenstreif am
Hinterleibe noch glänzender hervortritt, während die Brust und Bauchseite
mit einem schönen orangengelben Pigmentüberzuge prangen; auch die Rücken-
und Afterflosse zeigen sich hochroth gefärbt und schwarz gesäumt. Mit der
Entwicklung dieser Farbenpracht beginnt noch ein anderer Geschlechtsunter-
schied hervorzutreten, der sich auf eine Veränderung der Haut dicht über der
Oberlippe bezieht. Hier erhebt sich an den beiden äusseren Enden der Ober-
kiefer allmählich ein rundlicher Wulst, der aus einem Haufen von 8 bis 13
ungleich grossen kreideweissen Warzen besteht. Zwei bis drei diesen ganz
ähnliche Warzen kommen noch an dem oberen Rande der beiden Augen-
höhlen zum Vorschein. Diese Warzen verdienen nicht den Namen »Knochen-
wärzchen«, wie sie von Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 102) bezeichnet wor-
den sind, denn sie entsprechen keineswegs Verknöcherungen, sondern jede
Warze ist nichts andres, als eine Anhäufung von dicht über- und aneinander-
gedrängten Epitheliumzellen1). Nach Beendigung des Fortpflanzungsge-
schäfts verlieren sich diese Warzen und hinterlassen bleibende Gruben, aus
denen bei der Wiederkehr der Brunstzeit von neuem jene warzenartigen Ge-
bilde hervorsprossen.

Obgleich die Weibchen der Bitterlinge auch während der Laichzeit ihre
Farblosigkeit behalten und auf diese Weise von ihren prächtig geschmückten
Männchen auffallend abstechen, zeichnen sie sich doch in dieser Zeit durch
ein ganz eigenthümliches äusseres Merkmal aus, das trotz seiner Augenfällig-
keit erst vor kurzem durch Herrn Krauss, Director des königlichen Na-
turalien-Cabinets zu Stuttgart bemerkt wurde2). Es ist dies eine lange, röth-

1) Aehnliche Warzen wachsen auch bei anderen männlichen exotischen Cyprinoiden
als Merkmal der Brunst an denselben Hautstellen hervor, was ich weiter unten bei Chon-
drostoma nasus
ausführlich besprochen habe.
2) S. dessen: Mittheilungen über den Bitterling a. a. O. Später wurde während der
Naturforscher-Versammlung zu Königsberg im Jahre 1860 in der zoologischen Section von
Kessler aus Kiew auf die Legeröhre des weiblichen Bitterlings aufmerksam gemacht, und
neuerdings hat auch Dybowski (Cyprinoiden Livlands. pag. 87. Taf. IV) dasselbe Organ er-
wähnt und abgebildet, ohne die früheren Beobachtungen von Krauss gekannt zu haben.
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[118/0131] Familie: Cyprinoidei. Rücken und mit silberglänzenden Seiten; sehr charakteristisch ist ein grüner glänzender Längsstreif, der sich zu beiden Seiten des Leibes von der Mitte desselben bis zum Schwanzende erstreckt. Die Flossen sind blassröthlich gefärbt und die Rückenflosse ganz, die Schwanzflosse an der Basis mit schwärzlichem Pigmente besetzt. Diese einfache Färbung verschwindet zur Brunstzeit an den männlichen Bitterlingen vollständig und macht einem präch- tigen Hochzeitskleide Platz, dessen Farbenglanz sich schwer naturgetreu be- schreiben lässt (Taf. I. Fig. 1). Die ganze Körperoberfläche der brünstigen Männchen schillert in allen Regenbogenfarben, wobei sich stahlblau und vio- lett besonders bemerkbar macht, und der smaragdgrüne Seitenstreif am Hinterleibe noch glänzender hervortritt, während die Brust und Bauchseite mit einem schönen orangengelben Pigmentüberzuge prangen; auch die Rücken- und Afterflosse zeigen sich hochroth gefärbt und schwarz gesäumt. Mit der Entwicklung dieser Farbenpracht beginnt noch ein anderer Geschlechtsunter- schied hervorzutreten, der sich auf eine Veränderung der Haut dicht über der Oberlippe bezieht. Hier erhebt sich an den beiden äusseren Enden der Ober- kiefer allmählich ein rundlicher Wulst, der aus einem Haufen von 8 bis 13 ungleich grossen kreideweissen Warzen besteht. Zwei bis drei diesen ganz ähnliche Warzen kommen noch an dem oberen Rande der beiden Augen- höhlen zum Vorschein. Diese Warzen verdienen nicht den Namen »Knochen- wärzchen«, wie sie von Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 102) bezeichnet wor- den sind, denn sie entsprechen keineswegs Verknöcherungen, sondern jede Warze ist nichts andres, als eine Anhäufung von dicht über- und aneinander- gedrängten Epitheliumzellen 1). Nach Beendigung des Fortpflanzungsge- schäfts verlieren sich diese Warzen und hinterlassen bleibende Gruben, aus denen bei der Wiederkehr der Brunstzeit von neuem jene warzenartigen Ge- bilde hervorsprossen. Obgleich die Weibchen der Bitterlinge auch während der Laichzeit ihre Farblosigkeit behalten und auf diese Weise von ihren prächtig geschmückten Männchen auffallend abstechen, zeichnen sie sich doch in dieser Zeit durch ein ganz eigenthümliches äusseres Merkmal aus, das trotz seiner Augenfällig- keit erst vor kurzem durch Herrn Krauss, Director des königlichen Na- turalien-Cabinets zu Stuttgart bemerkt wurde 2). Es ist dies eine lange, röth- 1) Aehnliche Warzen wachsen auch bei anderen männlichen exotischen Cyprinoiden als Merkmal der Brunst an denselben Hautstellen hervor, was ich weiter unten bei Chon- drostoma nasus ausführlich besprochen habe. 2) S. dessen: Mittheilungen über den Bitterling a. a. O. Später wurde während der Naturforscher-Versammlung zu Königsberg im Jahre 1860 in der zoologischen Section von Kessler aus Kiew auf die Legeröhre des weiblichen Bitterlings aufmerksam gemacht, und neuerdings hat auch Dybowski (Cyprinoiden Livlands. pag. 87. Taf. IV) dasselbe Organ er- wähnt und abgebildet, ohne die früheren Beobachtungen von Krauss gekannt zu haben.

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/131>, abgerufen am 24.11.2024.