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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

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gleich Kleid, Hut, Haar und Bart und das ganze Ge¬
sicht schwer bereift war und der ganze Kerl wie
schlechte verschossene Silberarbeit aussah; denn es fiel
ein entsetzlicher kalter Nebel. Nach zwey Stunden
frühstückte ich wieder mit so gutem Appetit, als ich
je gethan hatte. Siehst Du, lieber Freund, so hätte
mich der verdammte Kalk beynahe etwas früher als
nöthig ist aus der Welt gefördert. Doch vielleicht
kam mir dieses auch nur so gefährlich vor, weil ich
keiner Phänomene von Krankheit, Ohnmacht und so
weiter, gewohnt bin. Etwas gewitziget wurde ich da¬
durch für die Zukunft und ich visitierte nun allemahl
erst die Wände eines geheitzten Zimmers, ehe ich
mich ruhig einquartierte.

Zwischen Franz und Sankt Oswald steht rechts am
Berge eine Pyramide mit einem Postament von schwar¬
zem Marmor, auf dem die Unterwerfungsakte der
Krainer an Karl den Sechsten eingegraben ist: Se sub¬
strauerunt
, heisst es mit klassisch diplomatischer De¬
muth. Eine Viertelstunde weiter hin ist links ein anderes
neueres Monument, wie es mir schien zur Ehre eines
Ministers, der den Weg hatte machen lassen. Es war
sehr kalt; die Schrift war schon ganz unleserlich und
der Weg war auch wieder in übeln Umständen, ob¬
gleich beydes höchstens nur von Karl dem Sechsten.

Abends kam ich mit vieler Anstrengung in Sankt
Oswald an, ob ich gleich recht gut zu Mittage geges¬
sen hatte; denn der Zufall mochte mich doch etwas
geschwächt haben. Der Wirth, zu dem man mich
hier wies, war ein Muster von Grobheit und hat die
Ehre der Einzige seiner Art auf meiner ganzen Reise

gleich Kleid, Hut, Haar und Bart und das ganze Ge¬
sicht schwer bereift war und der ganze Kerl wie
schlechte verschossene Silberarbeit aussah; denn es fiel
ein entsetzlicher kalter Nebel. Nach zwey Stunden
frühstückte ich wieder mit so gutem Appetit, als ich
je gethan hatte. Siehst Du, lieber Freund, so hätte
mich der verdammte Kalk beynahe etwas früher als
nöthig ist aus der Welt gefördert. Doch vielleicht
kam mir dieses auch nur so gefährlich vor, weil ich
keiner Phänomene von Krankheit, Ohnmacht und so
weiter, gewohnt bin. Etwas gewitziget wurde ich da¬
durch für die Zukunft und ich visitierte nun allemahl
erst die Wände eines geheitzten Zimmers, ehe ich
mich ruhig einquartierte.

Zwischen Franz und Sankt Oswald steht rechts am
Berge eine Pyramide mit einem Postament von schwar¬
zem Marmor, auf dem die Unterwerfungsakte der
Krainer an Karl den Sechsten eingegraben ist: Se sub¬
strauerunt
, heiſst es mit klassisch diplomatischer De¬
muth. Eine Viertelstunde weiter hin ist links ein anderes
neueres Monument, wie es mir schien zur Ehre eines
Ministers, der den Weg hatte machen lassen. Es war
sehr kalt; die Schrift war schon ganz unleserlich und
der Weg war auch wieder in übeln Umständen, ob¬
gleich beydes höchstens nur von Karl dem Sechsten.

Abends kam ich mit vieler Anstrengung in Sankt
Oswald an, ob ich gleich recht gut zu Mittage geges¬
sen hatte; denn der Zufall mochte mich doch etwas
geschwächt haben. Der Wirth, zu dem man mich
hier wies, war ein Muster von Grobheit und hat die
Ehre der Einzige seiner Art auf meiner ganzen Reise

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[63/0089] gleich Kleid, Hut, Haar und Bart und das ganze Ge¬ sicht schwer bereift war und der ganze Kerl wie schlechte verschossene Silberarbeit aussah; denn es fiel ein entsetzlicher kalter Nebel. Nach zwey Stunden frühstückte ich wieder mit so gutem Appetit, als ich je gethan hatte. Siehst Du, lieber Freund, so hätte mich der verdammte Kalk beynahe etwas früher als nöthig ist aus der Welt gefördert. Doch vielleicht kam mir dieses auch nur so gefährlich vor, weil ich keiner Phänomene von Krankheit, Ohnmacht und so weiter, gewohnt bin. Etwas gewitziget wurde ich da¬ durch für die Zukunft und ich visitierte nun allemahl erst die Wände eines geheitzten Zimmers, ehe ich mich ruhig einquartierte. Zwischen Franz und Sankt Oswald steht rechts am Berge eine Pyramide mit einem Postament von schwar¬ zem Marmor, auf dem die Unterwerfungsakte der Krainer an Karl den Sechsten eingegraben ist: Se sub¬ strauerunt, heiſst es mit klassisch diplomatischer De¬ muth. Eine Viertelstunde weiter hin ist links ein anderes neueres Monument, wie es mir schien zur Ehre eines Ministers, der den Weg hatte machen lassen. Es war sehr kalt; die Schrift war schon ganz unleserlich und der Weg war auch wieder in übeln Umständen, ob¬ gleich beydes höchstens nur von Karl dem Sechsten. Abends kam ich mit vieler Anstrengung in Sankt Oswald an, ob ich gleich recht gut zu Mittage geges¬ sen hatte; denn der Zufall mochte mich doch etwas geschwächt haben. Der Wirth, zu dem man mich hier wies, war ein Muster von Grobheit und hat die Ehre der Einzige seiner Art auf meiner ganzen Reise

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Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/89>, abgerufen am 22.11.2024.