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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

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fordern konnte. Aus Gnaden wird selbst kein guter,
rechtlicher, vernünftiger Mann selig werden wollen, und
wenn es auch ein Dutzend Evangelisten sagten. Es
ist ein Widerspruch; man lästert die Gottheit, wenn
man ihr solche Dinge aufbürden will. Aber, lieber
Freund, wo gerathe ich hin mit meinem Eifer in
Gräz?

Mit diesen und ähnlichen Gedanken, die ich Dir
hier nicht alle herschreiben kann, lief ich immer an
der Mürz hinunter, kam in Brüg an die Murr und
pilgerte an dem Flusse hinab. Schon zu Neukirchen
waren mir eine Menge Wagen begegnet, die leer zu
seyn schienen und doch ausserordentlich schwer gingen.
Auf dem Sömmering traf ich noch mehr, und ent¬
deckte nun, dass sie Kanonen führten, die sie höchst
wahrscheinlich von Gräz und noch weiter von der ita¬
liänischen Armee brachten und deren Lavetten ver¬
muthlich verbraucht waren. Vor Einem Wagen zogen
oft sechzehn Pferde, und der Wagen waren mehr als
hundert. Für mich hatten sie den Vortheil, dass sie
Bahn machten. Hier und da war auch Bedeckung;
und Soldaten mit Gewehr sehe ich als Reisender jezt
immer gern: denn im Allgemeinen darf man anneh¬
men, diese sind ehrliche Leute; die Schlechten behält
man in der Garnison und lässt sie nicht mit Gewehr
im Lande herum ziehen.

Den zehnten um neun Uhr aus Wien, und den
vierzehnten zu Mittage in Gräz, heisst im Januar im¬
mer ehrlich zu Fusse gegangen. Die Thäler am Flusse
herunter sind fast alle romantisch schön, die Berge
von beträchtlicher Höhe. Noch eine Meile von Brüg,

fordern konnte. Aus Gnaden wird selbst kein guter,
rechtlicher, vernünftiger Mann selig werden wollen, und
wenn es auch ein Dutzend Evangelisten sagten. Es
ist ein Widerspruch; man lästert die Gottheit, wenn
man ihr solche Dinge aufbürden will. Aber, lieber
Freund, wo gerathe ich hin mit meinem Eifer in
Gräz?

Mit diesen und ähnlichen Gedanken, die ich Dir
hier nicht alle herschreiben kann, lief ich immer an
der Mürz hinunter, kam in Brüg an die Murr und
pilgerte an dem Flusse hinab. Schon zu Neukirchen
waren mir eine Menge Wagen begegnet, die leer zu
seyn schienen und doch auſserordentlich schwer gingen.
Auf dem Sömmering traf ich noch mehr, und ent¬
deckte nun, daſs sie Kanonen führten, die sie höchst
wahrscheinlich von Gräz und noch weiter von der ita¬
liänischen Armee brachten und deren Lavetten ver¬
muthlich verbraucht waren. Vor Einem Wagen zogen
oft sechzehn Pferde, und der Wagen waren mehr als
hundert. Für mich hatten sie den Vortheil, daſs sie
Bahn machten. Hier und da war auch Bedeckung;
und Soldaten mit Gewehr sehe ich als Reisender jezt
immer gern: denn im Allgemeinen darf man anneh¬
men, diese sind ehrliche Leute; die Schlechten behält
man in der Garnison und läſst sie nicht mit Gewehr
im Lande herum ziehen.

Den zehnten um neun Uhr aus Wien, und den
vierzehnten zu Mittage in Gräz, heiſst im Januar im¬
mer ehrlich zu Fuſse gegangen. Die Thäler am Flusse
herunter sind fast alle romantisch schön, die Berge
von beträchtlicher Höhe. Noch eine Meile von Brüg,

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[55/0081] fordern konnte. Aus Gnaden wird selbst kein guter, rechtlicher, vernünftiger Mann selig werden wollen, und wenn es auch ein Dutzend Evangelisten sagten. Es ist ein Widerspruch; man lästert die Gottheit, wenn man ihr solche Dinge aufbürden will. Aber, lieber Freund, wo gerathe ich hin mit meinem Eifer in Gräz? Mit diesen und ähnlichen Gedanken, die ich Dir hier nicht alle herschreiben kann, lief ich immer an der Mürz hinunter, kam in Brüg an die Murr und pilgerte an dem Flusse hinab. Schon zu Neukirchen waren mir eine Menge Wagen begegnet, die leer zu seyn schienen und doch auſserordentlich schwer gingen. Auf dem Sömmering traf ich noch mehr, und ent¬ deckte nun, daſs sie Kanonen führten, die sie höchst wahrscheinlich von Gräz und noch weiter von der ita¬ liänischen Armee brachten und deren Lavetten ver¬ muthlich verbraucht waren. Vor Einem Wagen zogen oft sechzehn Pferde, und der Wagen waren mehr als hundert. Für mich hatten sie den Vortheil, daſs sie Bahn machten. Hier und da war auch Bedeckung; und Soldaten mit Gewehr sehe ich als Reisender jezt immer gern: denn im Allgemeinen darf man anneh¬ men, diese sind ehrliche Leute; die Schlechten behält man in der Garnison und läſst sie nicht mit Gewehr im Lande herum ziehen. Den zehnten um neun Uhr aus Wien, und den vierzehnten zu Mittage in Gräz, heiſst im Januar im¬ mer ehrlich zu Fuſse gegangen. Die Thäler am Flusse herunter sind fast alle romantisch schön, die Berge von beträchtlicher Höhe. Noch eine Meile von Brüg,

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Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/81>, abgerufen am 25.11.2024.