was spät aber mit desto besserm Appetit eine herrli¬ che Mahlzeit nahm. Der Bajische Meerbusen ist we¬ gen seiner Schönheiten berühmt; aber überall, wohin man blickt, findet man nur Trümmern, Zerstörungen der Zeit, der Barbarey und der Erdrevolutionen, als ob sich alles vereinigt hätte, diesen Sitz der schänd¬ lichsten Despotie zu zernichten und nur die Reize der Natur übrig zu lassen. Der neue Berg wird jetzt ziemlich bearbeitet und giebt guten Wein, wie man sagt. Die Leute behaupten hier mit Gewalt, hier ha¬ be ehemals der Falerner Berg gestanden und sey in den verschiedenen Erdrevolutionen mit verschüttet worden; geben auch noch eine Sorte Wein für Faler¬ ner, der allerdings besser seyn soll, als der ächte Fa¬ lerner bey Sessa auf der andern Seite des Gaurus. Ei¬ ne sonderbare Phantasie ist mir vorgekommen; ich weiss nicht, ob ich der erste bin, der sie gehabt hat. Kapri sieht von hier, und noch mehr von der Spitze des Posilippo und Nisida aus, wie der Kopf eines un¬ geheuern Krokodils, das seinen Rachen nach Surrent dreht. Diese Einbildung kam mir immer wieder, so oft ich dahin sah; und sie giebt der Tiberiade einen abscheulichen Stempel[.]
Der Weg von Puzzuoli nach Neapel zurück, geht durch ein üppig reiches Thal an dem Posilippo hin. Die Gegend ist aber als sehr ungesund bekannt, we¬ gen der Solfatara und des Agnano, die links in der Nähe liegen. Der beträchtliche Berg Posilippo liegt rechts vor Dir; alles ist geschlossen und nirgends eine Schlucht zu sehen, und Dir wird vielleicht etwas ban¬ ge vor der Auffahrt und Abfahrt. Diese ersparst Du;
was spät aber mit desto besserm Appetit eine herrli¬ che Mahlzeit nahm. Der Bajische Meerbusen ist we¬ gen seiner Schönheiten berühmt; aber überall, wohin man blickt, findet man nur Trümmern, Zerstörungen der Zeit, der Barbarey und der Erdrevolutionen, als ob sich alles vereinigt hätte, diesen Sitz der schänd¬ lichsten Despotie zu zernichten und nur die Reize der Natur übrig zu lassen. Der neue Berg wird jetzt ziemlich bearbeitet und giebt guten Wein, wie man sagt. Die Leute behaupten hier mit Gewalt, hier ha¬ be ehemals der Falerner Berg gestanden und sey in den verschiedenen Erdrevolutionen mit verschüttet worden; geben auch noch eine Sorte Wein für Faler¬ ner, der allerdings besser seyn soll, als der ächte Fa¬ lerner bey Sessa auf der andern Seite des Gaurus. Ei¬ ne sonderbare Phantasie ist mir vorgekommen; ich weiſs nicht, ob ich der erste bin, der sie gehabt hat. Kapri sieht von hier, und noch mehr von der Spitze des Posilippo und Nisida aus, wie der Kopf eines un¬ geheuern Krokodils, das seinen Rachen nach Surrent dreht. Diese Einbildung kam mir immer wieder, so oft ich dahin sah; und sie giebt der Tiberiade einen abscheulichen Stempel[.]
Der Weg von Puzzuoli nach Neapel zurück, geht durch ein üppig reiches Thal an dem Posilippo hin. Die Gegend ist aber als sehr ungesund bekannt, we¬ gen der Solfatara und des Agnano, die links in der Nähe liegen. Der beträchtliche Berg Posilippo liegt rechts vor Dir; alles ist geschlossen und nirgends eine Schlucht zu sehen, und Dir wird vielleicht etwas ban¬ ge vor der Auffahrt und Abfahrt. Diese ersparst Du;
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was spät aber mit desto besserm Appetit eine herrli¬
che Mahlzeit nahm. Der Bajische Meerbusen ist we¬
gen seiner Schönheiten berühmt; aber überall, wohin
man blickt, findet man nur Trümmern, Zerstörungen
der Zeit, der Barbarey und der Erdrevolutionen, als
ob sich alles vereinigt hätte, diesen Sitz der schänd¬
lichsten Despotie zu zernichten und nur die Reize der
Natur übrig zu lassen. Der neue Berg wird jetzt
ziemlich bearbeitet und giebt guten Wein, wie man
sagt. Die Leute behaupten hier mit Gewalt, hier ha¬
be ehemals der Falerner Berg gestanden und sey in
den verschiedenen Erdrevolutionen mit verschüttet
worden; geben auch noch eine Sorte Wein für Faler¬
ner, der allerdings besser seyn soll, als der ächte Fa¬
lerner bey Sessa auf der andern Seite des Gaurus. Ei¬
ne sonderbare Phantasie ist mir vorgekommen; ich
weiſs nicht, ob ich der erste bin, der sie gehabt hat.
Kapri sieht von hier, und noch mehr von der Spitze
des Posilippo und Nisida aus, wie der Kopf eines un¬
geheuern Krokodils, das seinen Rachen nach Surrent
dreht. Diese Einbildung kam mir immer wieder, so
oft ich dahin sah; und sie giebt der Tiberiade einen
abscheulichen Stempel.
Der Weg von Puzzuoli nach Neapel zurück, geht
durch ein üppig reiches Thal an dem Posilippo hin.
Die Gegend ist aber als sehr ungesund bekannt, we¬
gen der Solfatara und des Agnano, die links in der
Nähe liegen. Der beträchtliche Berg Posilippo liegt
rechts vor Dir; alles ist geschlossen und nirgends eine
Schlucht zu sehen, und Dir wird vielleicht etwas ban¬
ge vor der Auffahrt und Abfahrt. Diese ersparst Du;
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/364>, abgerufen am 22.11.2024.
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