Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

stens das Hutmachen, ist in Syrakus so schlecht, dass
mein Franzose es gern zufrieden war, bey mir ein
Mittelding von Haushofmeister und Cicerone zu ma¬
chen. Ich traf Landolina das erste Mahl nicht; er
war auf einem Landgute. In einer Fes[t]ung kann ich
doch gutwillig nicht bleiben, wenn man mich nicht
einsperrt; ich lief also hinaus an den Hafen, nehmlich
an den grossen, oder an den Meerbusen: denn der
kleine auf der andern Seite nach den Steinbrüchen zu
hat jetzt nichts merkwürdiges mehr; so viel auch Aga¬
thokles Marmor daran verschwendet haben soll. Ich
ging gerade fort, über den Anapus, weit hinüber über
das Olympeum, und wäre vielleicht bis an die Abthei¬
lung des Berges hinunter gegangen, wenn der Tag
nicht schon zu tief gewesen wäre. Ich bin doch schon
ziemlich weit gegen Süden gewandelt; denn, wenn ich
nicht irre, so segelte in den punischen Kriegen der
Römer Otacilius von hier aus nach Afrika, machte
grosse Beute in Utika, und war den dritten Abend
wieder zurück. Ob Syrakus oder Lilybäum der Ort
war, von dem er aus fuhr, darüber wird Dir dein Li¬
vius Bescheid geben; wer kann alles behalten? Du
siehst doch, dass ich, wenn ich sonst nur ein ächter
Weidmann wäre, in einigen Tagen die Jagdparthie
des frommen Aeneas und der Frau Dido mitmachen
könnte.

Plemmyrium liegt hier vor mir und sieht sehr
wild aus, und hat jetzt durchaus nichts mehr, das nur
eines Spazierganges werth wäre. Eine zweyte Sumpf¬
gegend hielt mich auf; sonst wäre ich wohl noch et¬
was weiter gegangen. Auf dem Rückwege setzte ich

stens das Hutmachen, ist in Syrakus so schlecht, daſs
mein Franzose es gern zufrieden war, bey mir ein
Mittelding von Haushofmeister und Cicerone zu ma¬
chen. Ich traf Landolina das erste Mahl nicht; er
war auf einem Landgute. In einer Fes[t]ung kann ich
doch gutwillig nicht bleiben, wenn man mich nicht
einsperrt; ich lief also hinaus an den Hafen, nehmlich
an den groſsen, oder an den Meerbusen: denn der
kleine auf der andern Seite nach den Steinbrüchen zu
hat jetzt nichts merkwürdiges mehr; so viel auch Aga¬
thokles Marmor daran verschwendet haben soll. Ich
ging gerade fort, über den Anapus, weit hinüber über
das Olympeum, und wäre vielleicht bis an die Abthei¬
lung des Berges hinunter gegangen, wenn der Tag
nicht schon zu tief gewesen wäre. Ich bin doch schon
ziemlich weit gegen Süden gewandelt; denn, wenn ich
nicht irre, so segelte in den punischen Kriegen der
Römer Otacilius von hier aus nach Afrika, machte
groſse Beute in Utika, und war den dritten Abend
wieder zurück. Ob Syrakus oder Lilybäum der Ort
war, von dem er aus fuhr, darüber wird Dir dein Li¬
vius Bescheid geben; wer kann alles behalten? Du
siehst doch, daſs ich, wenn ich sonst nur ein ächter
Weidmann wäre, in einigen Tagen die Jagdparthie
des frommen Aeneas und der Frau Dido mitmachen
könnte.

Plemmyrium liegt hier vor mir und sieht sehr
wild aus, und hat jetzt durchaus nichts mehr, das nur
eines Spazierganges werth wäre. Eine zweyte Sumpf¬
gegend hielt mich auf; sonst wäre ich wohl noch et¬
was weiter gegangen. Auf dem Rückwege setzte ich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0269" n="243"/>
stens das Hutmachen, ist in Syrakus so schlecht, da&#x017F;s<lb/>
mein Franzose es gern zufrieden war, bey mir ein<lb/>
Mittelding von Haushofmeister und Cicerone zu ma¬<lb/>
chen. Ich traf Landolina das erste Mahl nicht; er<lb/>
war auf einem Landgute. In einer Fes<supplied>t</supplied>ung kann ich<lb/>
doch gutwillig nicht bleiben, wenn man mich nicht<lb/>
einsperrt; ich lief also hinaus an den Hafen, nehmlich<lb/>
an den gro&#x017F;sen, oder an den Meerbusen: denn der<lb/>
kleine auf der andern Seite nach den Steinbrüchen zu<lb/>
hat jetzt nichts merkwürdiges mehr; so viel auch Aga¬<lb/>
thokles Marmor daran verschwendet haben soll. Ich<lb/>
ging gerade fort, über den Anapus, weit hinüber über<lb/>
das Olympeum, und wäre vielleicht bis an die Abthei¬<lb/>
lung des Berges hinunter gegangen, wenn der Tag<lb/>
nicht schon zu tief gewesen wäre. Ich bin doch schon<lb/>
ziemlich weit gegen Süden gewandelt; denn, wenn ich<lb/>
nicht irre, so segelte in den punischen Kriegen der<lb/>
Römer Otacilius von hier aus nach Afrika, machte<lb/>
gro&#x017F;se Beute in Utika, und war den dritten Abend<lb/>
wieder zurück. Ob Syrakus oder Lilybäum der Ort<lb/>
war, von dem er aus fuhr, darüber wird Dir dein Li¬<lb/>
vius Bescheid geben; wer kann alles behalten? Du<lb/>
siehst doch, da&#x017F;s ich, wenn ich sonst nur ein ächter<lb/>
Weidmann wäre, in einigen Tagen die Jagdparthie<lb/>
des frommen Aeneas und der Frau Dido mitmachen<lb/>
könnte.</p><lb/>
        <p>Plemmyrium liegt hier vor mir und sieht sehr<lb/>
wild aus, und hat jetzt durchaus nichts mehr, das nur<lb/>
eines Spazierganges werth wäre. Eine zweyte Sumpf¬<lb/>
gegend hielt mich auf; sonst wäre ich wohl noch et¬<lb/>
was weiter gegangen. Auf dem Rückwege setzte ich<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0269] stens das Hutmachen, ist in Syrakus so schlecht, daſs mein Franzose es gern zufrieden war, bey mir ein Mittelding von Haushofmeister und Cicerone zu ma¬ chen. Ich traf Landolina das erste Mahl nicht; er war auf einem Landgute. In einer Festung kann ich doch gutwillig nicht bleiben, wenn man mich nicht einsperrt; ich lief also hinaus an den Hafen, nehmlich an den groſsen, oder an den Meerbusen: denn der kleine auf der andern Seite nach den Steinbrüchen zu hat jetzt nichts merkwürdiges mehr; so viel auch Aga¬ thokles Marmor daran verschwendet haben soll. Ich ging gerade fort, über den Anapus, weit hinüber über das Olympeum, und wäre vielleicht bis an die Abthei¬ lung des Berges hinunter gegangen, wenn der Tag nicht schon zu tief gewesen wäre. Ich bin doch schon ziemlich weit gegen Süden gewandelt; denn, wenn ich nicht irre, so segelte in den punischen Kriegen der Römer Otacilius von hier aus nach Afrika, machte groſse Beute in Utika, und war den dritten Abend wieder zurück. Ob Syrakus oder Lilybäum der Ort war, von dem er aus fuhr, darüber wird Dir dein Li¬ vius Bescheid geben; wer kann alles behalten? Du siehst doch, daſs ich, wenn ich sonst nur ein ächter Weidmann wäre, in einigen Tagen die Jagdparthie des frommen Aeneas und der Frau Dido mitmachen könnte. Plemmyrium liegt hier vor mir und sieht sehr wild aus, und hat jetzt durchaus nichts mehr, das nur eines Spazierganges werth wäre. Eine zweyte Sumpf¬ gegend hielt mich auf; sonst wäre ich wohl noch et¬ was weiter gegangen. Auf dem Rückwege setzte ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/269
Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/269>, abgerufen am 25.11.2024.