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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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theilung gelöst und während des Schuljahres wurden die Lo-
calitäten des Gebärhauses nicht mehr als chirurgische, son-
dern als gynäcologische Abtheilung benützt. Dadurch wurde
aber das aetiologische Moment des früher an dieser Abthei-
lung herrschenden Kindbettfiebers entfernt, nämlich die zer-
setzten thierisch-organischen Stoffe der chirurgischen Abthei-
lung; in Folge dessen kam das Kindbettfieber nicht mehr in
grösserer Ausdehnung vor.

Die Chlorwaschungen hatten wir für gewöhnlich nicht in
Gebrauch gezogen, weil wir unsere Hände nicht von zersetz-
ten thierisch-organischen Stoffen zu reinigen hatten.

Nur nach den wenigen Sectionen, welche wir zu machen
hatten, benützten wir den Chlorkalk, um unsere Hände zu
reinigen.

In den Ferialmonaten des Schuljahres 1850/1 ereigneten
sich an der geburtshilflichen Abtheilung des St. Rochus-Spi-
tals 121 Geburten.

Im Schuljahre 1851/2, 189 Geburten,
" " 1852/3, 142 "
" " 1853/4, 156 "
" " 1854/5, 199 "
" " 1855/6, 126 "

es ereigneten sich mithin während dieses Zeitraumes 933 Ge-
burten, davon sind gestorben 24, und zwar 8 am Kindbettfie-
ber, also 0.85 Percent-Antheile, die übrigen 16 Wöchnerinnen
starben an den verschiedensten Krankheiten, an welchen sie
während der Schwangerschaft im St. Rochus-Spitale behan-
delt, und bei eintretender Geburt in die Gebärabtheilung
transferirt wurden.

Bei einer von den acht am Kindbettfieber verstorbenen
Wöchnerinnen war das Kindbettfieber dadurch erzeugt, dass
sie wegen Steisslage des Kindes von einem chirurgischen Se-
cundarius untersucht wurde, nachdem er eben die Section
eines an gangrenösen Unterschenkels verstorbenen Mannes ge-
macht hatte. Es starben mithin in der Gebärabtheilung des

theilung gelöst und während des Schuljahres wurden die Lo-
calitäten des Gebärhauses nicht mehr als chirurgische, son-
dern als gynäcologische Abtheilung benützt. Dadurch wurde
aber das aetiologische Moment des früher an dieser Abthei-
lung herrschenden Kindbettfiebers entfernt, nämlich die zer-
setzten thierisch-organischen Stoffe der chirurgischen Abthei-
lung; in Folge dessen kam das Kindbettfieber nicht mehr in
grösserer Ausdehnung vor.

Die Chlorwaschungen hatten wir für gewöhnlich nicht in
Gebrauch gezogen, weil wir unsere Hände nicht von zersetz-
ten thierisch-organischen Stoffen zu reinigen hatten.

Nur nach den wenigen Sectionen, welche wir zu machen
hatten, benützten wir den Chlorkalk, um unsere Hände zu
reinigen.

In den Ferialmonaten des Schuljahres 1850/1 ereigneten
sich an der geburtshilflichen Abtheilung des St. Rochus-Spi-
tals 121 Geburten.

Im Schuljahre 1851/2, 189 Geburten,
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burten, davon sind gestorben 24, und zwar 8 am Kindbettfie-
ber, also 0.85 Percent-Antheile, die übrigen 16 Wöchnerinnen
starben an den verschiedensten Krankheiten, an welchen sie
während der Schwangerschaft im St. Rochus-Spitale behan-
delt, und bei eintretender Geburt in die Gebärabtheilung
transferirt wurden.

Bei einer von den acht am Kindbettfieber verstorbenen
Wöchnerinnen war das Kindbettfieber dadurch erzeugt, dass
sie wegen Steisslage des Kindes von einem chirurgischen Se-
cundarius untersucht wurde, nachdem er eben die Section
eines an gangrenösen Unterschenkels verstorbenen Mannes ge-
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[84/0096] theilung gelöst und während des Schuljahres wurden die Lo- calitäten des Gebärhauses nicht mehr als chirurgische, son- dern als gynäcologische Abtheilung benützt. Dadurch wurde aber das aetiologische Moment des früher an dieser Abthei- lung herrschenden Kindbettfiebers entfernt, nämlich die zer- setzten thierisch-organischen Stoffe der chirurgischen Abthei- lung; in Folge dessen kam das Kindbettfieber nicht mehr in grösserer Ausdehnung vor. Die Chlorwaschungen hatten wir für gewöhnlich nicht in Gebrauch gezogen, weil wir unsere Hände nicht von zersetz- ten thierisch-organischen Stoffen zu reinigen hatten. Nur nach den wenigen Sectionen, welche wir zu machen hatten, benützten wir den Chlorkalk, um unsere Hände zu reinigen. In den Ferialmonaten des Schuljahres 1850/1 ereigneten sich an der geburtshilflichen Abtheilung des St. Rochus-Spi- tals 121 Geburten. Im Schuljahre 1851/2, 189 Geburten, » » 1852/3, 142 » » » 1853/4, 156 » » » 1854/5, 199 » » » 1855/6, 126 » es ereigneten sich mithin während dieses Zeitraumes 933 Ge- burten, davon sind gestorben 24, und zwar 8 am Kindbettfie- ber, also 0.85 Percent-Antheile, die übrigen 16 Wöchnerinnen starben an den verschiedensten Krankheiten, an welchen sie während der Schwangerschaft im St. Rochus-Spitale behan- delt, und bei eintretender Geburt in die Gebärabtheilung transferirt wurden. Bei einer von den acht am Kindbettfieber verstorbenen Wöchnerinnen war das Kindbettfieber dadurch erzeugt, dass sie wegen Steisslage des Kindes von einem chirurgischen Se- cundarius untersucht wurde, nachdem er eben die Section eines an gangrenösen Unterschenkels verstorbenen Mannes ge- macht hatte. Es starben mithin in der Gebärabtheilung des

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/96>, abgerufen am 23.11.2024.