glauben, dass bei dem bestehenden Vereine so selten zu finden- der glücklicher Verhältnisse eines Gebärhauses, wie sie nach den gemeinsamen Aussagen nicht besser bestellt sein könnten, dennoch eine Epidemie des Puerperalfiebers auftauchen, über- haupt eine solche in dieser Anstalt je möglich geworden sein soll. Die Erscheinungen, der Verlauf u. s. w. der Krankheit waren die allbekannten mit vorherrschend adynamischem Character, die typhöse Form in der Mehrheit.
Das epidemische Puerperalfieber ist bereits in grösster Vollständigkeit in der Literatur ausgestattet worden. Es liegt daher nicht in Absicht, hier in Variationen nochmals zu brin- gen, was längst bekannt ist. So hohen Werth diese Literatur auch besitzen mag, so ist uns die Krankheit doch dabei nicht seltener, ihre Statistik nicht erfreulicher, die Therapie nicht eine glücklichere geworden.
Es dürfte daher vollste Pflicht grösserer Gebäranstalten sein, von Zeit zu Zeit, und mehr als bisher, jene Thatsachen zu berichten, die bei Aufsuchung möglicher ursächlicher Mo- mente der Forschung sich ergeben haben. Die Erfahrungen sind hierin noch mangelhaft. Nicht viele Gebäranstalten bieten hierzu ein gleiches Material, nicht zu allen Zeiten sind klare Beobachtungen möglich und glücklicher Locale u. s. w. er- freuen sich die wenigsten Gebärhäuser. Eben in diesen Ver- hältnissen glauben wir nun die Berechtigung zu finden, aus der neubestellten Gebäranstalt Münchens vorläufig einige Bei- träge für weitere Forschungen aetiologischer Momente mit dem Wunsche geben zu sollen, dass sie dort, wo Gleiches möglich ist, geprüft und verwerthet werden möchten.
Hierauf haben wir Folgendes zu erwiedern: "Die Zeit für weitere Forschungen nach aetiologischen Momenten des Kind- bettfiebers ist vorüber, da das alleinige aetiologische Moment für alle Fälle von Kindbettfieber, keinen einzigen Fall von Kindbettfieber ausgenommen, in den zersetzten thierisch or- ganischen Stoffen entdeckt wurde. Jetzt ist die Zeit gekom- men, für die Anstrengungen dieses alleinige aetiologische
glauben, dass bei dem bestehenden Vereine so selten zu finden- der glücklicher Verhältnisse eines Gebärhauses, wie sie nach den gemeinsamen Aussagen nicht besser bestellt sein könnten, dennoch eine Epidemie des Puerperalfiebers auftauchen, über- haupt eine solche in dieser Anstalt je möglich geworden sein soll. Die Erscheinungen, der Verlauf u. s. w. der Krankheit waren die allbekannten mit vorherrschend adynamischem Character, die typhöse Form in der Mehrheit.
Das epidemische Puerperalfieber ist bereits in grösster Vollständigkeit in der Literatur ausgestattet worden. Es liegt daher nicht in Absicht, hier in Variationen nochmals zu brin- gen, was längst bekannt ist. So hohen Werth diese Literatur auch besitzen mag, so ist uns die Krankheit doch dabei nicht seltener, ihre Statistik nicht erfreulicher, die Therapie nicht eine glücklichere geworden.
Es dürfte daher vollste Pflicht grösserer Gebäranstalten sein, von Zeit zu Zeit, und mehr als bisher, jene Thatsachen zu berichten, die bei Aufsuchung möglicher ursächlicher Mo- mente der Forschung sich ergeben haben. Die Erfahrungen sind hierin noch mangelhaft. Nicht viele Gebäranstalten bieten hierzu ein gleiches Material, nicht zu allen Zeiten sind klare Beobachtungen möglich und glücklicher Locale u. s. w. er- freuen sich die wenigsten Gebärhäuser. Eben in diesen Ver- hältnissen glauben wir nun die Berechtigung zu finden, aus der neubestellten Gebäranstalt Münchens vorläufig einige Bei- träge für weitere Forschungen aetiologischer Momente mit dem Wunsche geben zu sollen, dass sie dort, wo Gleiches möglich ist, geprüft und verwerthet werden möchten.
Hierauf haben wir Folgendes zu erwiedern: »Die Zeit für weitere Forschungen nach aetiologischen Momenten des Kind- bettfiebers ist vorüber, da das alleinige aetiologische Moment für alle Fälle von Kindbettfieber, keinen einzigen Fall von Kindbettfieber ausgenommen, in den zersetzten thierisch or- ganischen Stoffen entdeckt wurde. Jetzt ist die Zeit gekom- men, für die Anstrengungen dieses alleinige aetiologische
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glauben, dass bei dem bestehenden Vereine so selten zu finden-
der glücklicher Verhältnisse eines Gebärhauses, wie sie nach
den gemeinsamen Aussagen nicht besser bestellt sein könnten,
dennoch eine Epidemie des Puerperalfiebers auftauchen, über-
haupt eine solche in dieser Anstalt je möglich geworden sein
soll. Die Erscheinungen, der Verlauf u. s. w. der Krankheit
waren die allbekannten mit vorherrschend adynamischem
Character, die typhöse Form in der Mehrheit.
Das epidemische Puerperalfieber ist bereits in grösster
Vollständigkeit in der Literatur ausgestattet worden. Es liegt
daher nicht in Absicht, hier in Variationen nochmals zu brin-
gen, was längst bekannt ist. So hohen Werth diese Literatur
auch besitzen mag, so ist uns die Krankheit doch dabei nicht
seltener, ihre Statistik nicht erfreulicher, die Therapie nicht
eine glücklichere geworden.
Es dürfte daher vollste Pflicht grösserer Gebäranstalten
sein, von Zeit zu Zeit, und mehr als bisher, jene Thatsachen
zu berichten, die bei Aufsuchung möglicher ursächlicher Mo-
mente der Forschung sich ergeben haben. Die Erfahrungen
sind hierin noch mangelhaft. Nicht viele Gebäranstalten bieten
hierzu ein gleiches Material, nicht zu allen Zeiten sind klare
Beobachtungen möglich und glücklicher Locale u. s. w. er-
freuen sich die wenigsten Gebärhäuser. Eben in diesen Ver-
hältnissen glauben wir nun die Berechtigung zu finden, aus
der neubestellten Gebäranstalt Münchens vorläufig einige Bei-
träge für weitere Forschungen aetiologischer Momente mit dem
Wunsche geben zu sollen, dass sie dort, wo Gleiches möglich
ist, geprüft und verwerthet werden möchten.
Hierauf haben wir Folgendes zu erwiedern: »Die Zeit für
weitere Forschungen nach aetiologischen Momenten des Kind-
bettfiebers ist vorüber, da das alleinige aetiologische Moment
für alle Fälle von Kindbettfieber, keinen einzigen Fall von
Kindbettfieber ausgenommen, in den zersetzten thierisch or-
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/492>, abgerufen am 22.11.2024.
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