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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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Wendungen anderen Tags Metritis oder Peritonitis sich einstellt;
als ob die normal Entbundenen, die doch nach Schmidt's An-
nahme so selten an Puerperalfieber erkranken, nicht auch den
Einflüssen der Nosocomial-Atmosphäre ausgesetzt wären?

Nach solchen Prämissen ist es begreiflich, dass man erst
durch mich in Berlin erfahren hat, dass an der Aerzte-Abthei-
lung mehr als an der Hebammen-Abtheilung sterben.

Prof. Schmidt sagt nämlich: "Der relative Gegensatz der
Hebammen und Geburtshelfer hat zwar auch hier stets be-
standen, aber bis zum Jahre 1846 nicht in bestimmter räum-
licher Scheidung; auf einen Unterschied in den Sterblichkeits-
verhältnissen beider Abtheilungen ist wohl überdies nicht so
genau geachtet worden, weil man erst durch Semmelweis auf
diese Fährte gekommen ist."

Wenn daher Prof. Schmidt Prof. Brücke keine eigenen,
meine Ansicht bestätigenden Erfahrungen bringen konnte, so
lag das nicht darin, dass Schmidt keine Gelegenheit hatte, Er-
fahrungen zu machen, sondern darin, dass Schmidt nicht die
Fähigkeit besitzt, Erfahrungen zu machen.

Prof. Schmidt schreibt im Jahre 1850: "Jeder kann, wird
und muss sich durch dieses (Chlorkalk) desinficiren, wenn er
in den Eingeweiden der Leichen gearbeitet hat, bevor er seine
Hand in die Eingeweide der Lebendigen führt. Diese billige
Forderung wird forthin jede geburtshilfliche Klinik an ihre
Zöglinge machen, und ihnen die Gelegenheit dazu in den eige-
nen Waschtischen erleichtern, wie gesagt, ich glaube an die
Möglichkeit, und die Wiener Erfahrungen sind für mich voll-
kommen genügend, Vorsicht zu empfehlen, die eigenen ver-
lange ich nicht." Wie vorsichtig Prof. Schmidt wurde, und
wie er wirklich eigene Erfahrungen, die er nicht verlangt, auch
nicht gemacht, geht aus einer Sitzung der Gesellschaft für Ge-
burtshilfe, in Berlin gehalten am 9. Mai 1858, hervor*), es

*) Monatschrift für Geburtskunde und Frauenkrankheiten. Berlin 1858.
XI. Band. 6. Heft.
Semmelweis, Kindbettfieber 30

Wendungen anderen Tags Metritis oder Peritonitis sich einstellt;
als ob die normal Entbundenen, die doch nach Schmidt’s An-
nahme so selten an Puerperalfieber erkranken, nicht auch den
Einflüssen der Nosocomial-Atmosphäre ausgesetzt wären?

Nach solchen Prämissen ist es begreiflich, dass man erst
durch mich in Berlin erfahren hat, dass an der Aerzte-Abthei-
lung mehr als an der Hebammen-Abtheilung sterben.

Prof. Schmidt sagt nämlich: »Der relative Gegensatz der
Hebammen und Geburtshelfer hat zwar auch hier stets be-
standen, aber bis zum Jahre 1846 nicht in bestimmter räum-
licher Scheidung; auf einen Unterschied in den Sterblichkeits-
verhältnissen beider Abtheilungen ist wohl überdies nicht so
genau geachtet worden, weil man erst durch Semmelweis auf
diese Fährte gekommen ist.«

Wenn daher Prof. Schmidt Prof. Brücke keine eigenen,
meine Ansicht bestätigenden Erfahrungen bringen konnte, so
lag das nicht darin, dass Schmidt keine Gelegenheit hatte, Er-
fahrungen zu machen, sondern darin, dass Schmidt nicht die
Fähigkeit besitzt, Erfahrungen zu machen.

Prof. Schmidt schreibt im Jahre 1850: »Jeder kann, wird
und muss sich durch dieses (Chlorkalk) desinficiren, wenn er
in den Eingeweiden der Leichen gearbeitet hat, bevor er seine
Hand in die Eingeweide der Lebendigen führt. Diese billige
Forderung wird forthin jede geburtshilfliche Klinik an ihre
Zöglinge machen, und ihnen die Gelegenheit dazu in den eige-
nen Waschtischen erleichtern, wie gesagt, ich glaube an die
Möglichkeit, und die Wiener Erfahrungen sind für mich voll-
kommen genügend, Vorsicht zu empfehlen, die eigenen ver-
lange ich nicht.« Wie vorsichtig Prof. Schmidt wurde, und
wie er wirklich eigene Erfahrungen, die er nicht verlangt, auch
nicht gemacht, geht aus einer Sitzung der Gesellschaft für Ge-
burtshilfe, in Berlin gehalten am 9. Mai 1858, hervor*), es

*) Monatschrift für Geburtskunde und Frauenkrankheiten. Berlin 1858.
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[465/0477] Wendungen anderen Tags Metritis oder Peritonitis sich einstellt; als ob die normal Entbundenen, die doch nach Schmidt’s An- nahme so selten an Puerperalfieber erkranken, nicht auch den Einflüssen der Nosocomial-Atmosphäre ausgesetzt wären? Nach solchen Prämissen ist es begreiflich, dass man erst durch mich in Berlin erfahren hat, dass an der Aerzte-Abthei- lung mehr als an der Hebammen-Abtheilung sterben. Prof. Schmidt sagt nämlich: »Der relative Gegensatz der Hebammen und Geburtshelfer hat zwar auch hier stets be- standen, aber bis zum Jahre 1846 nicht in bestimmter räum- licher Scheidung; auf einen Unterschied in den Sterblichkeits- verhältnissen beider Abtheilungen ist wohl überdies nicht so genau geachtet worden, weil man erst durch Semmelweis auf diese Fährte gekommen ist.« Wenn daher Prof. Schmidt Prof. Brücke keine eigenen, meine Ansicht bestätigenden Erfahrungen bringen konnte, so lag das nicht darin, dass Schmidt keine Gelegenheit hatte, Er- fahrungen zu machen, sondern darin, dass Schmidt nicht die Fähigkeit besitzt, Erfahrungen zu machen. Prof. Schmidt schreibt im Jahre 1850: »Jeder kann, wird und muss sich durch dieses (Chlorkalk) desinficiren, wenn er in den Eingeweiden der Leichen gearbeitet hat, bevor er seine Hand in die Eingeweide der Lebendigen führt. Diese billige Forderung wird forthin jede geburtshilfliche Klinik an ihre Zöglinge machen, und ihnen die Gelegenheit dazu in den eige- nen Waschtischen erleichtern, wie gesagt, ich glaube an die Möglichkeit, und die Wiener Erfahrungen sind für mich voll- kommen genügend, Vorsicht zu empfehlen, die eigenen ver- lange ich nicht.« Wie vorsichtig Prof. Schmidt wurde, und wie er wirklich eigene Erfahrungen, die er nicht verlangt, auch nicht gemacht, geht aus einer Sitzung der Gesellschaft für Ge- burtshilfe, in Berlin gehalten am 9. Mai 1858, hervor *), es *) Monatschrift für Geburtskunde und Frauenkrankheiten. Berlin 1858. XI. Band. 6. Heft. Semmelweis, Kindbettfieber 30

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/477>, abgerufen am 22.11.2024.