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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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1. Dass das Puerperalfieber durch Berührung mittheil-
bar sei.
2. Dass dasselbe von einem thierischen Gifte, und zwar be-
sonders dem Rothlaufe *) und seinen Folgen, aber auch
zuweilen vom Typhus herstamme.
3. Dass das Kindbettfieber ohne Unterschied an der Umge-
bung der Erkrankten, Rothlauf, Typhus, und beim männ-
lichen Geschlechte ein Fieber, das bisweilen ungemein
dem Puerperalfieber gleicht, hervorbringe.
4. Dass im Ganzen die schnellste, sorgfältigste und vernünf-
tigste Behandlung ohne Erfolg bleibt.

"Besonders im Gefühle dieser letzten traurigen Erfahrung
geht Storrs' Bericht dahin, ähnliches Missgeschick zu ver-
hüten, zu welchem Endzwecke er vorschlägt, dass Geburts-
helfer nie in demselben Kleide Kreissende besuchen sollen,
dessen sie sich bei ihren übrigen Patienten bedienen; diese
Vorsicht bezieht sich zunächst auf das Oberkleid, das noth-
wendiger Weise nach Storrs' Ansicht am meisten zur Ueber-
tragung der krankheitserzeugenden Stoffe beitragen muss.
Sobald aber Rothlauf oder Typhus herrschen, so wäre dieselbe
Vorsicht auch im Wochenbette zu befolgen.

"Nach was immer für einer Leichenöffnung, oder nach

*) Noch viel weiter geht Nunneley (A treatise on the Nature, Cau-
ses and Treatment of Erysipelas
," London 1849), wie aus folgenden
Aeusserungen hervorgehen wird:
Pag. 87. "Ich werde die vorzüglichsten Gründe und Thatsachen,
die man zum Beweise der Identität (identy) des Puerperalfiebers und
des Rothlaufes anführen kann, unter bestimmte Puncte bringen."
Pag. 89. "Davon wenigstens bin ich überzeugt, dass viele Fra-
gen, die in der Medicin durch allgemeine Uebereinstimmung als ab-
gemacht angesehen werden, keineswegs auf festeren -- wenn ja auf
festen -- Gründen ruhen, als die sind, die wir so eben zum Be-
weise der Identität des Puerperalfiebers und des Rothlaufes ange-
führt haben." -- Bemerkt muss übrigens werden, dass in der Tod-
tenliste für London vom Jahre 1842 251 Personen als am Rothlauf
verstorben aufgeführt werden.
1. Dass das Puerperalfieber durch Berührung mittheil-
bar sei.
2. Dass dasselbe von einem thierischen Gifte, und zwar be-
sonders dem Rothlaufe *) und seinen Folgen, aber auch
zuweilen vom Typhus herstamme.
3. Dass das Kindbettfieber ohne Unterschied an der Umge-
bung der Erkrankten, Rothlauf, Typhus, und beim männ-
lichen Geschlechte ein Fieber, das bisweilen ungemein
dem Puerperalfieber gleicht, hervorbringe.
4. Dass im Ganzen die schnellste, sorgfältigste und vernünf-
tigste Behandlung ohne Erfolg bleibt.

»Besonders im Gefühle dieser letzten traurigen Erfahrung
geht Storrs’ Bericht dahin, ähnliches Missgeschick zu ver-
hüten, zu welchem Endzwecke er vorschlägt, dass Geburts-
helfer nie in demselben Kleide Kreissende besuchen sollen,
dessen sie sich bei ihren übrigen Patienten bedienen; diese
Vorsicht bezieht sich zunächst auf das Oberkleid, das noth-
wendiger Weise nach Storrs’ Ansicht am meisten zur Ueber-
tragung der krankheitserzeugenden Stoffe beitragen muss.
Sobald aber Rothlauf oder Typhus herrschen, so wäre dieselbe
Vorsicht auch im Wochenbette zu befolgen.

»Nach was immer für einer Leichenöffnung, oder nach

*) Noch viel weiter geht Nunneley (A treatise on the Nature, Cau-
ses and Treatment of Erysipelas
,« London 1849), wie aus folgenden
Aeusserungen hervorgehen wird:
Pag. 87. »Ich werde die vorzüglichsten Gründe und Thatsachen,
die man zum Beweise der Identität (identy) des Puerperalfiebers und
des Rothlaufes anführen kann, unter bestimmte Puncte bringen.«
Pag. 89. »Davon wenigstens bin ich überzeugt, dass viele Fra-
gen, die in der Medicin durch allgemeine Uebereinstimmung als ab-
gemacht angesehen werden, keineswegs auf festeren — wenn ja auf
festen — Gründen ruhen, als die sind, die wir so eben zum Be-
weise der Identität des Puerperalfiebers und des Rothlaufes ange-
führt haben.« — Bemerkt muss übrigens werden, dass in der Tod-
tenliste für London vom Jahre 1842 251 Personen als am Rothlauf
verstorben aufgeführt werden.
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[188/0200] 1. Dass das Puerperalfieber durch Berührung mittheil- bar sei. 2. Dass dasselbe von einem thierischen Gifte, und zwar be- sonders dem Rothlaufe *) und seinen Folgen, aber auch zuweilen vom Typhus herstamme. 3. Dass das Kindbettfieber ohne Unterschied an der Umge- bung der Erkrankten, Rothlauf, Typhus, und beim männ- lichen Geschlechte ein Fieber, das bisweilen ungemein dem Puerperalfieber gleicht, hervorbringe. 4. Dass im Ganzen die schnellste, sorgfältigste und vernünf- tigste Behandlung ohne Erfolg bleibt. »Besonders im Gefühle dieser letzten traurigen Erfahrung geht Storrs’ Bericht dahin, ähnliches Missgeschick zu ver- hüten, zu welchem Endzwecke er vorschlägt, dass Geburts- helfer nie in demselben Kleide Kreissende besuchen sollen, dessen sie sich bei ihren übrigen Patienten bedienen; diese Vorsicht bezieht sich zunächst auf das Oberkleid, das noth- wendiger Weise nach Storrs’ Ansicht am meisten zur Ueber- tragung der krankheitserzeugenden Stoffe beitragen muss. Sobald aber Rothlauf oder Typhus herrschen, so wäre dieselbe Vorsicht auch im Wochenbette zu befolgen. »Nach was immer für einer Leichenöffnung, oder nach *) Noch viel weiter geht Nunneley (A treatise on the Nature, Cau- ses and Treatment of Erysipelas,« London 1849), wie aus folgenden Aeusserungen hervorgehen wird: Pag. 87. »Ich werde die vorzüglichsten Gründe und Thatsachen, die man zum Beweise der Identität (identy) des Puerperalfiebers und des Rothlaufes anführen kann, unter bestimmte Puncte bringen.« Pag. 89. »Davon wenigstens bin ich überzeugt, dass viele Fra- gen, die in der Medicin durch allgemeine Uebereinstimmung als ab- gemacht angesehen werden, keineswegs auf festeren — wenn ja auf festen — Gründen ruhen, als die sind, die wir so eben zum Be- weise der Identität des Puerperalfiebers und des Rothlaufes ange- führt haben.« — Bemerkt muss übrigens werden, dass in der Tod- tenliste für London vom Jahre 1842 251 Personen als am Rothlauf verstorben aufgeführt werden.

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/200>, abgerufen am 03.05.2024.