des zersetzten Stoffes kann in und ausserhalb des Gebärhau- ses alles dasjenige sein, welches mit einem zersetzten Stoffe verunreiniget ist, und mit den Genitalien der Individuen in Berührung kommt.
Weil aber nicht immer gleichzeitig in und ausserhalb der Gebärhäuser eine grosse Anzahl Individuen inficirt wird, darum ist nicht immer gleichzeitig in und ausserhalb der Ge- bärhäuser eine grosse Sterblichkeit unter den Wöchnerinnen.
Weil Privatärzte seltener als Spitalsärzte Gelegenheit haben, sich ihre Hände mit zersetzten Stoffen zu verunreini- gen, deshalb kommt das Kindbettfieber ausserhalb des Ge- bärhauses seltener in grosser Anzahl vor. Und endlich, weil ein Privatarzt nie Gelegenheit hat, so viele Individuen in kur- zer Zeit zu untersuchen, wie der Arzt in einem grossen Ge- bärhause, deshalb kommt das Kindbettfieber ausserhalb des Gebärhauses nie in so abschreckender Anzahl vor, als in Ge- bärhäusern.
Der beschäftigtste Arzt dürfte nur einige geburtshilfliche Fälle täglich zu besorgen haben, während wir im Wiener Gebärhause oft 30 bis 40 Geburten innerhalb 24 Stunden beobachteten, es ist daher begreiflich, dass der mit zersetzten Stoffen verunreinigte Finger des Privatarztes das Kindbettfie- ber nicht in dieser Anzahl hervorbringen kann, als der Fin- ger des Arztes, welcher in einem grossen Gebärhause beschäf- tiget ist. Dazu kommt noch, dass ausserhalb des Gebärhau- ses die Individuen in der Regel nur von einem Arzte unter- sucht werden, während im Gebärhause die Individuen von mehreren, viele sogar von vielen untersucht werden, und ob- wohl ein verunreinigter Finger hinreicht, eine grosse Anzahl Erkrankungen hervorzubringen, so ist doch unter vielen un- tersuchenden Fingern leichter einer oder der andere unrein, als wenn blos ein Finger untersucht.
Eine höchst lehrreiche Zusammenstellung englischer Er- fahrungen über die Erzeugung des Kindbettfiebers ausserhalb
des zersetzten Stoffes kann in und ausserhalb des Gebärhau- ses alles dasjenige sein, welches mit einem zersetzten Stoffe verunreiniget ist, und mit den Genitalien der Individuen in Berührung kommt.
Weil aber nicht immer gleichzeitig in und ausserhalb der Gebärhäuser eine grosse Anzahl Individuen inficirt wird, darum ist nicht immer gleichzeitig in und ausserhalb der Ge- bärhäuser eine grosse Sterblichkeit unter den Wöchnerinnen.
Weil Privatärzte seltener als Spitalsärzte Gelegenheit haben, sich ihre Hände mit zersetzten Stoffen zu verunreini- gen, deshalb kommt das Kindbettfieber ausserhalb des Ge- bärhauses seltener in grosser Anzahl vor. Und endlich, weil ein Privatarzt nie Gelegenheit hat, so viele Individuen in kur- zer Zeit zu untersuchen, wie der Arzt in einem grossen Ge- bärhause, deshalb kommt das Kindbettfieber ausserhalb des Gebärhauses nie in so abschreckender Anzahl vor, als in Ge- bärhäusern.
Der beschäftigtste Arzt dürfte nur einige geburtshilfliche Fälle täglich zu besorgen haben, während wir im Wiener Gebärhause oft 30 bis 40 Geburten innerhalb 24 Stunden beobachteten, es ist daher begreiflich, dass der mit zersetzten Stoffen verunreinigte Finger des Privatarztes das Kindbettfie- ber nicht in dieser Anzahl hervorbringen kann, als der Fin- ger des Arztes, welcher in einem grossen Gebärhause beschäf- tiget ist. Dazu kommt noch, dass ausserhalb des Gebärhau- ses die Individuen in der Regel nur von einem Arzte unter- sucht werden, während im Gebärhause die Individuen von mehreren, viele sogar von vielen untersucht werden, und ob- wohl ein verunreinigter Finger hinreicht, eine grosse Anzahl Erkrankungen hervorzubringen, so ist doch unter vielen un- tersuchenden Fingern leichter einer oder der andere unrein, als wenn blos ein Finger untersucht.
Eine höchst lehrreiche Zusammenstellung englischer Er- fahrungen über die Erzeugung des Kindbettfiebers ausserhalb
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des zersetzten Stoffes kann in und ausserhalb des Gebärhau-
ses alles dasjenige sein, welches mit einem zersetzten Stoffe
verunreiniget ist, und mit den Genitalien der Individuen in
Berührung kommt.
Weil aber nicht immer gleichzeitig in und ausserhalb der
Gebärhäuser eine grosse Anzahl Individuen inficirt wird,
darum ist nicht immer gleichzeitig in und ausserhalb der Ge-
bärhäuser eine grosse Sterblichkeit unter den Wöchnerinnen.
Weil Privatärzte seltener als Spitalsärzte Gelegenheit
haben, sich ihre Hände mit zersetzten Stoffen zu verunreini-
gen, deshalb kommt das Kindbettfieber ausserhalb des Ge-
bärhauses seltener in grosser Anzahl vor. Und endlich, weil
ein Privatarzt nie Gelegenheit hat, so viele Individuen in kur-
zer Zeit zu untersuchen, wie der Arzt in einem grossen Ge-
bärhause, deshalb kommt das Kindbettfieber ausserhalb des
Gebärhauses nie in so abschreckender Anzahl vor, als in Ge-
bärhäusern.
Der beschäftigtste Arzt dürfte nur einige geburtshilfliche
Fälle täglich zu besorgen haben, während wir im Wiener
Gebärhause oft 30 bis 40 Geburten innerhalb 24 Stunden
beobachteten, es ist daher begreiflich, dass der mit zersetzten
Stoffen verunreinigte Finger des Privatarztes das Kindbettfie-
ber nicht in dieser Anzahl hervorbringen kann, als der Fin-
ger des Arztes, welcher in einem grossen Gebärhause beschäf-
tiget ist. Dazu kommt noch, dass ausserhalb des Gebärhau-
ses die Individuen in der Regel nur von einem Arzte unter-
sucht werden, während im Gebärhause die Individuen von
mehreren, viele sogar von vielen untersucht werden, und ob-
wohl ein verunreinigter Finger hinreicht, eine grosse Anzahl
Erkrankungen hervorzubringen, so ist doch unter vielen un-
tersuchenden Fingern leichter einer oder der andere unrein,
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/193>, abgerufen am 24.11.2024.
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