verhütet werden können, und dass nur in der Minderzahl der Fälle das Kindbettfieber durch unverhütbare Selbstinfection entstehe, so entsteht nun die Frage, wenn alle Todesfälle ab- gerechnet werden, welche im Wochenbette sich ereignen, aber nicht durch das Kindbettfieber bedingt waren, und wenn in Folge getroffener Massregeln alle Fälle von Infection von aus- sen verhütet werden, wie viele Wöchnerinnen werden dann noch immer in Folge von Selbstinfection sterben?
Auf diese Frage kann ich bis jetzt mit Zahlen deshalb nicht antworten, weil die drei Anstalten, in welchen ich meine Beobachtungen gemacht, nicht den Anforderungen entspre- chen, welche wir in der Prophylaxis des Kindbettfiebers an ein Gebärhaus stellen werden, soll es gelingen, sämmtliche Fälle von Infection von aussen zu verhüten. Oder mit andern Worten: die drei Gebärhäuser, in welchen ich meine Beob- achtungen gemacht, sind derart beschaffen, dass es nicht mög- lich war, immer alle Fälle von Infection von aussen zu ver- hüten.
Das Gesuch, welches ich früher theilweise mitgetheilt, hat den Zweck, mir zu einem neuen Gebärhause zu verhelfen, welches der Anforderung entspricht, die ich später in der Prophylaxis des Kindbettfiebers an ein Gebärhaus stellen werde, wenn es gelingen soll, sämmtliche Fälle von Infection von aussen zu verhüten.
Falls meinem Gesuche Folge gegeben wird, und ich durch eine längere Reihe von Jahren in einem derart beschaf- fenen Gebärhause werde Beobachtungen angestellt haben, wird es mir möglich sein, die Zahl der Fälle von unverhütba- rer Selbstinfection zu bestimmen. Sollte aber meinem Ge- suche keine Folge gegeben werden, und sollte ich in meinen gegenwärtigen Localitäten, welche jeder Sanitätsvorschrift Hohn sprechen, verbleiben müssen, so muss ich auf die Er- mittlung dieser Zahl verzichten, und es einem Collegen über- lassen, der, glücklicher als ich, ein Gebärhaus leitet, wel-
verhütet werden können, und dass nur in der Minderzahl der Fälle das Kindbettfieber durch unverhütbare Selbstinfection entstehe, so entsteht nun die Frage, wenn alle Todesfälle ab- gerechnet werden, welche im Wochenbette sich ereignen, aber nicht durch das Kindbettfieber bedingt waren, und wenn in Folge getroffener Massregeln alle Fälle von Infection von aus- sen verhütet werden, wie viele Wöchnerinnen werden dann noch immer in Folge von Selbstinfection sterben?
Auf diese Frage kann ich bis jetzt mit Zahlen deshalb nicht antworten, weil die drei Anstalten, in welchen ich meine Beobachtungen gemacht, nicht den Anforderungen entspre- chen, welche wir in der Prophylaxis des Kindbettfiebers an ein Gebärhaus stellen werden, soll es gelingen, sämmtliche Fälle von Infection von aussen zu verhüten. Oder mit andern Worten: die drei Gebärhäuser, in welchen ich meine Beob- achtungen gemacht, sind derart beschaffen, dass es nicht mög- lich war, immer alle Fälle von Infection von aussen zu ver- hüten.
Das Gesuch, welches ich früher theilweise mitgetheilt, hat den Zweck, mir zu einem neuen Gebärhause zu verhelfen, welches der Anforderung entspricht, die ich später in der Prophylaxis des Kindbettfiebers an ein Gebärhaus stellen werde, wenn es gelingen soll, sämmtliche Fälle von Infection von aussen zu verhüten.
Falls meinem Gesuche Folge gegeben wird, und ich durch eine längere Reihe von Jahren in einem derart beschaf- fenen Gebärhause werde Beobachtungen angestellt haben, wird es mir möglich sein, die Zahl der Fälle von unverhütba- rer Selbstinfection zu bestimmen. Sollte aber meinem Ge- suche keine Folge gegeben werden, und sollte ich in meinen gegenwärtigen Localitäten, welche jeder Sanitätsvorschrift Hohn sprechen, verbleiben müssen, so muss ich auf die Er- mittlung dieser Zahl verzichten, und es einem Collegen über- lassen, der, glücklicher als ich, ein Gebärhaus leitet, wel-
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[109/0121]
verhütet werden können, und dass nur in der Minderzahl der
Fälle das Kindbettfieber durch unverhütbare Selbstinfection
entstehe, so entsteht nun die Frage, wenn alle Todesfälle ab-
gerechnet werden, welche im Wochenbette sich ereignen, aber
nicht durch das Kindbettfieber bedingt waren, und wenn in
Folge getroffener Massregeln alle Fälle von Infection von aus-
sen verhütet werden, wie viele Wöchnerinnen werden dann
noch immer in Folge von Selbstinfection sterben?
Auf diese Frage kann ich bis jetzt mit Zahlen deshalb
nicht antworten, weil die drei Anstalten, in welchen ich meine
Beobachtungen gemacht, nicht den Anforderungen entspre-
chen, welche wir in der Prophylaxis des Kindbettfiebers an
ein Gebärhaus stellen werden, soll es gelingen, sämmtliche
Fälle von Infection von aussen zu verhüten. Oder mit andern
Worten: die drei Gebärhäuser, in welchen ich meine Beob-
achtungen gemacht, sind derart beschaffen, dass es nicht mög-
lich war, immer alle Fälle von Infection von aussen zu ver-
hüten.
Das Gesuch, welches ich früher theilweise mitgetheilt,
hat den Zweck, mir zu einem neuen Gebärhause zu verhelfen,
welches der Anforderung entspricht, die ich später in der
Prophylaxis des Kindbettfiebers an ein Gebärhaus stellen
werde, wenn es gelingen soll, sämmtliche Fälle von Infection
von aussen zu verhüten.
Falls meinem Gesuche Folge gegeben wird, und ich
durch eine längere Reihe von Jahren in einem derart beschaf-
fenen Gebärhause werde Beobachtungen angestellt haben,
wird es mir möglich sein, die Zahl der Fälle von unverhütba-
rer Selbstinfection zu bestimmen. Sollte aber meinem Ge-
suche keine Folge gegeben werden, und sollte ich in meinen
gegenwärtigen Localitäten, welche jeder Sanitätsvorschrift
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/121>, abgerufen am 22.11.2024.
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