Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

werden. Hierin ist wohl die wichtigste Veranlassung des Aus-
bruches des Puerperalfiebers zu suchen, wegen welchen die
hiesige geburtshilfliche Klinik schon zu wiederholten Malen
während des Schuljahres für einige Zeit gesperrt werden
musste. Dass die etwaige Benützung der unter dieser Klinik
befindlichen Räumlichkeiten zu Zwecken des zu creirenden
Operateur-Institutes dem obigen Uebel nur noch ein um so
grösserer Vorschub geleistet würde, bedarf wohl kaum einer
weiteren Erörterung etc. etc. (Ist trotzdem geschehen.)

"Aber nicht blos der Gefertigte und das Professorencolle-
gium theilt die Ansicht von der Sanitätswidrigkeit der Loca-
litäten der geburtshilflichen Klinik, auch die allgemeine Mei-
nung spricht sich im gleichen Sinne aus. Die allgemeine Mei-
nung hat in einem Artikel der "Wiener medicinischen Wo-
chenschrift" vom 18. Juli 1857 ihren Ausdruck gefunden. In
diesem Artikel, welcher die Aufschrift führt: "Die medicini-
sche Lehranstalt zu Pest Nro. V." heisst es:
,Memento nasci.

,X.Y.Z. Grande misere nennt man im Boston-Spiele jene
Partie, wo der Spieler trachten muss, durch rechtzeitiges
Wegwerfen der guten Blätter und namentlich der Trümpfe
sich so zu entblössen, dass es dem Gegner unmöglich wird,
ihn zu einem Stiche zu zwingen. Ein solcher Sieg ist keines-
wegs leicht. An diese Partie wurde ich bei einem Besuche der
hiesigen geburtshilflichen Klinik gemahnt, wo es auch darauf
abgesehen scheint, nicht mit der winzigsten guten Eigenschaft
den Eindruck zu verwischen, den alle die zahlreichen Un-
zweckmässigkeiten und Mängel des Institutes auf den unbe-
fangenen Gast hervorrufen; grande misere auch darum, weil
es wirklich nicht leicht wäre, ein zweites Exemplar dieser An-
häufung von Uebelständen herzustellen. Ich mache mit der
Besprechung dieser Klinik übrigens hauptsächlich aus dem
Grunde den Anfang, weil ihrer bereits mehrmals in diesen
Blättern erwähnt worden ist, was in dem Leser vielleicht den
Gedanken geweckt hat, dass es mit dieser Klinik ein eigenes

werden. Hierin ist wohl die wichtigste Veranlassung des Aus-
bruches des Puerperalfiebers zu suchen, wegen welchen die
hiesige geburtshilfliche Klinik schon zu wiederholten Malen
während des Schuljahres für einige Zeit gesperrt werden
musste. Dass die etwaige Benützung der unter dieser Klinik
befindlichen Räumlichkeiten zu Zwecken des zu creirenden
Operateur-Institutes dem obigen Uebel nur noch ein um so
grösserer Vorschub geleistet würde, bedarf wohl kaum einer
weiteren Erörterung etc. etc. (Ist trotzdem geschehen.)

»Aber nicht blos der Gefertigte und das Professorencolle-
gium theilt die Ansicht von der Sanitätswidrigkeit der Loca-
litäten der geburtshilflichen Klinik, auch die allgemeine Mei-
nung spricht sich im gleichen Sinne aus. Die allgemeine Mei-
nung hat in einem Artikel der »Wiener medicinischen Wo-
chenschrift« vom 18. Juli 1857 ihren Ausdruck gefunden. In
diesem Artikel, welcher die Aufschrift führt: »Die medicini-
sche Lehranstalt zu Pest Nro. V.« heisst es:
‚Memento nasci.

‚X.Y.Z. Grande misère nennt man im Boston-Spiele jene
Partie, wo der Spieler trachten muss, durch rechtzeitiges
Wegwerfen der guten Blätter und namentlich der Trümpfe
sich so zu entblössen, dass es dem Gegner unmöglich wird,
ihn zu einem Stiche zu zwingen. Ein solcher Sieg ist keines-
wegs leicht. An diese Partie wurde ich bei einem Besuche der
hiesigen geburtshilflichen Klinik gemahnt, wo es auch darauf
abgesehen scheint, nicht mit der winzigsten guten Eigenschaft
den Eindruck zu verwischen, den alle die zahlreichen Un-
zweckmässigkeiten und Mängel des Institutes auf den unbe-
fangenen Gast hervorrufen; grande misère auch darum, weil
es wirklich nicht leicht wäre, ein zweites Exemplar dieser An-
häufung von Uebelständen herzustellen. Ich mache mit der
Besprechung dieser Klinik übrigens hauptsächlich aus dem
Grunde den Anfang, weil ihrer bereits mehrmals in diesen
Blättern erwähnt worden ist, was in dem Leser vielleicht den
Gedanken geweckt hat, dass es mit dieser Klinik ein eigenes

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0102" n="90"/>
werden. Hierin ist wohl die wichtigste Veranlassung des Aus-<lb/>
bruches des Puerperalfiebers zu suchen, wegen welchen die<lb/>
hiesige geburtshilfliche Klinik schon zu wiederholten Malen<lb/>
während des Schuljahres für einige Zeit gesperrt werden<lb/>
musste. Dass die etwaige Benützung der unter dieser Klinik<lb/>
befindlichen Räumlichkeiten zu Zwecken des zu creirenden<lb/>
Operateur-Institutes dem obigen Uebel nur noch ein um so<lb/>
grösserer Vorschub geleistet würde, bedarf wohl kaum einer<lb/>
weiteren Erörterung etc. etc. (Ist trotzdem geschehen.)</p><lb/>
        <p>»Aber nicht blos der Gefertigte und das Professorencolle-<lb/>
gium theilt die Ansicht von der Sanitätswidrigkeit der Loca-<lb/>
litäten der geburtshilflichen Klinik, auch die allgemeine Mei-<lb/>
nung spricht sich im gleichen Sinne aus. Die allgemeine Mei-<lb/>
nung hat in einem Artikel der »Wiener medicinischen Wo-<lb/>
chenschrift« vom 18. Juli 1857 ihren Ausdruck gefunden. In<lb/>
diesem Artikel, welcher die Aufschrift führt: »Die medicini-<lb/>
sche Lehranstalt zu Pest Nro. V.« heisst es:<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#i">&#x201A;Memento nasci</hi>.</hi></p><lb/>
        <p>&#x201A;X.Y.Z. <hi rendition="#i">Grande misère</hi> nennt man im Boston-Spiele jene<lb/>
Partie, wo der Spieler trachten muss, durch rechtzeitiges<lb/>
Wegwerfen der guten Blätter und namentlich der Trümpfe<lb/>
sich so zu entblössen, dass es dem Gegner unmöglich wird,<lb/>
ihn zu einem Stiche zu zwingen. Ein solcher Sieg ist keines-<lb/>
wegs leicht. An diese Partie wurde ich bei einem Besuche der<lb/>
hiesigen geburtshilflichen Klinik gemahnt, wo es auch darauf<lb/>
abgesehen scheint, nicht mit der winzigsten guten Eigenschaft<lb/>
den Eindruck zu verwischen, den alle die zahlreichen Un-<lb/>
zweckmässigkeiten und Mängel des Institutes auf den unbe-<lb/>
fangenen Gast hervorrufen; <hi rendition="#i">grande misère</hi> auch darum, weil<lb/>
es wirklich nicht leicht wäre, ein zweites Exemplar dieser An-<lb/>
häufung von Uebelständen herzustellen. Ich mache mit der<lb/>
Besprechung dieser Klinik übrigens hauptsächlich aus dem<lb/>
Grunde den Anfang, weil ihrer bereits mehrmals in diesen<lb/>
Blättern erwähnt worden ist, was in dem Leser vielleicht den<lb/>
Gedanken geweckt hat, dass es mit dieser Klinik ein eigenes<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0102] werden. Hierin ist wohl die wichtigste Veranlassung des Aus- bruches des Puerperalfiebers zu suchen, wegen welchen die hiesige geburtshilfliche Klinik schon zu wiederholten Malen während des Schuljahres für einige Zeit gesperrt werden musste. Dass die etwaige Benützung der unter dieser Klinik befindlichen Räumlichkeiten zu Zwecken des zu creirenden Operateur-Institutes dem obigen Uebel nur noch ein um so grösserer Vorschub geleistet würde, bedarf wohl kaum einer weiteren Erörterung etc. etc. (Ist trotzdem geschehen.) »Aber nicht blos der Gefertigte und das Professorencolle- gium theilt die Ansicht von der Sanitätswidrigkeit der Loca- litäten der geburtshilflichen Klinik, auch die allgemeine Mei- nung spricht sich im gleichen Sinne aus. Die allgemeine Mei- nung hat in einem Artikel der »Wiener medicinischen Wo- chenschrift« vom 18. Juli 1857 ihren Ausdruck gefunden. In diesem Artikel, welcher die Aufschrift führt: »Die medicini- sche Lehranstalt zu Pest Nro. V.« heisst es: ‚Memento nasci. ‚X.Y.Z. Grande misère nennt man im Boston-Spiele jene Partie, wo der Spieler trachten muss, durch rechtzeitiges Wegwerfen der guten Blätter und namentlich der Trümpfe sich so zu entblössen, dass es dem Gegner unmöglich wird, ihn zu einem Stiche zu zwingen. Ein solcher Sieg ist keines- wegs leicht. An diese Partie wurde ich bei einem Besuche der hiesigen geburtshilflichen Klinik gemahnt, wo es auch darauf abgesehen scheint, nicht mit der winzigsten guten Eigenschaft den Eindruck zu verwischen, den alle die zahlreichen Un- zweckmässigkeiten und Mängel des Institutes auf den unbe- fangenen Gast hervorrufen; grande misère auch darum, weil es wirklich nicht leicht wäre, ein zweites Exemplar dieser An- häufung von Uebelständen herzustellen. Ich mache mit der Besprechung dieser Klinik übrigens hauptsächlich aus dem Grunde den Anfang, weil ihrer bereits mehrmals in diesen Blättern erwähnt worden ist, was in dem Leser vielleicht den Gedanken geweckt hat, dass es mit dieser Klinik ein eigenes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/102
Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/102>, abgerufen am 04.05.2024.