Seiler, Georg Friedrich: Ueber das wahre thätige Christenthum. Erlangen, 1789.halten; diese Liebe regiere denn auch mein ganzes Herz. mit
halten; dieſe Liebe regiere denn auch mein ganzes Herz. mit
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0054" n="50"/> halten; dieſe Liebe regiere denn auch mein ganzes Herz.<lb/> Aus Liebe zu Gott will ich meiden, was verbo-<lb/> ten iſt, aus Liebe zu ihm meine Kräfte zu nützlichen<lb/> Werken gebrauchen. Alles haſt du, o Jeſu, gethan, daß<lb/> dein Vater geehret würde; nie ſoll mehr die Begierde<lb/> nach eigenem Ruhm die vornehmſte Abſicht meiner Hand-<lb/> lungen werden; Gott nur will ich mit Worten und<lb/> Werken zu ehren ſuchen. Aus wahrer Menſchenliebe<lb/> haſt du, mein Heiland, deine Kräfte, ja ſelbſt endlich dein<lb/> Blut und Leben willig aufgeopfert; recht oft will<lb/> ich etwas von meinen Gütern, von meiner Zeit,<lb/> von meinen Kräften für meine Mitmenſchen aufzu-<lb/> opfern, mich willig finden laſſen. Du haſt keine ir-<lb/> diſchen Vortheile für deine vielen Bemühungen er-<lb/> wartet; ich darf zwar zeitlichen Nutzen als eine Be-<lb/> lohnung meines Fleißes hoffen, aber ferne ſey von mir<lb/> Lohnſucht und ſchnöde Geldbegierde. Deine Freude war<lb/> es, andern wohlzuthun, ihre Leiden zu lindern und<lb/> ſie glückſelig zu machen; auch ich will mein Vergnü-<lb/> gen darinnen ſuchen, die Wohlfahrt meiner Mitmen-<lb/> ſchen zu vermehren und ihnen in ihren Bekümmerniſ-<lb/> ſen zu Hülfe zu eilen. Mit Sanftmuth haſt du dei-<lb/> ne Jünger zu rechte gewieſen, liebreich und gütevoll<lb/> waren deine Geſpräche; ach möchte mein Betragen<lb/> gegen andere nie rauh und heftig, möchte ich bey ih-<lb/> ren geringen Fehlern nie mehr ungeduldig werden.<lb/> Du vergabſt deinen Feinden, du bateſt für ſie, ja<lb/> du haſt auch für ſie ſogar dein Blut vergoſſen; ach<lb/> wie weit war ich noch von der Vollkommenheit dei-<lb/> ner Tugend entfernt! Gütigſter Jeſu, ändere durch<lb/> deinen Geiſt meine Geſinnungen, heilige meine ganze<lb/> Seele dir und dem Vater; ſchmücke ſie mit Keuſchheit,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [50/0054]
halten; dieſe Liebe regiere denn auch mein ganzes Herz.
Aus Liebe zu Gott will ich meiden, was verbo-
ten iſt, aus Liebe zu ihm meine Kräfte zu nützlichen
Werken gebrauchen. Alles haſt du, o Jeſu, gethan, daß
dein Vater geehret würde; nie ſoll mehr die Begierde
nach eigenem Ruhm die vornehmſte Abſicht meiner Hand-
lungen werden; Gott nur will ich mit Worten und
Werken zu ehren ſuchen. Aus wahrer Menſchenliebe
haſt du, mein Heiland, deine Kräfte, ja ſelbſt endlich dein
Blut und Leben willig aufgeopfert; recht oft will
ich etwas von meinen Gütern, von meiner Zeit,
von meinen Kräften für meine Mitmenſchen aufzu-
opfern, mich willig finden laſſen. Du haſt keine ir-
diſchen Vortheile für deine vielen Bemühungen er-
wartet; ich darf zwar zeitlichen Nutzen als eine Be-
lohnung meines Fleißes hoffen, aber ferne ſey von mir
Lohnſucht und ſchnöde Geldbegierde. Deine Freude war
es, andern wohlzuthun, ihre Leiden zu lindern und
ſie glückſelig zu machen; auch ich will mein Vergnü-
gen darinnen ſuchen, die Wohlfahrt meiner Mitmen-
ſchen zu vermehren und ihnen in ihren Bekümmerniſ-
ſen zu Hülfe zu eilen. Mit Sanftmuth haſt du dei-
ne Jünger zu rechte gewieſen, liebreich und gütevoll
waren deine Geſpräche; ach möchte mein Betragen
gegen andere nie rauh und heftig, möchte ich bey ih-
ren geringen Fehlern nie mehr ungeduldig werden.
Du vergabſt deinen Feinden, du bateſt für ſie, ja
du haſt auch für ſie ſogar dein Blut vergoſſen; ach
wie weit war ich noch von der Vollkommenheit dei-
ner Tugend entfernt! Gütigſter Jeſu, ändere durch
deinen Geiſt meine Geſinnungen, heilige meine ganze
Seele dir und dem Vater; ſchmücke ſie mit Keuſchheit,
mit
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