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Seiler, Georg Friedrich: Ueber das wahre thätige Christenthum. Erlangen, 1789.

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3.

Du hast mich, Herr Jesu! durch deine weisen
Lehren von dem unterrichtet, was recht und gut, was
dem Willen meines Gottes gemäß ist! Du hast mich
durch dein vollkommenes Beyspiel zu allen Tugenden
ermuntert, durch deinen blutigen Tod von den Stra-
fen der Sünden befreyt und vom ewigen Verderben
gerettet; was empfindet mein Herz gegen dich? Ist
es mit dankbarer Liebe dir gänzlich ergeben? Ist es
mein rechter Ernst, meine Begierden zu kreutzigen, al-
le böse Lüste in mir zu tödten und dir zu leben, der
du für mich gestorben bist? Neige mein Herz zu dir,
o mein geliebter Erlöser! Verbinde mich mit dir auf
ewig!

4.

Habe ich die Menschen, mit denen ich lebe, durch
reine herzliche Liebe zu erfreuen, habe ich ihre Glück-
seligkeit aus allen Kräften zu befördern gesucht? Ha-
be ich jeden Schaden, jeden Verdruß, so viel in
meinen Kräften stand, von ihnen abgewendet? Habe
ich das Gesetz der Gerechtigkeit nie übertretten? Habe
ich durch Wohlthun die Armen unterstützt, so viel es
in meinen Vermögen stand! Erfreute ich mich auch
über die Wohlfahrt meines Nebenmenschen? Unter-
drückte ich Zorn und Rache in meiner Seele? Bestreb-
te ich mich langmüthig, menschenfreundlich, geduldig
zu seyn? Erzeuge du doch selbst in mir, güttgster Va-
ter, die rechten Gesinnungen der wahren Menschen-
liebe, daß ich gelinde gegen die Untergebenen, gehor-
fam gegen die Vorgesetzten, milde gegen die Dürfti-

gen,
3.

Du haſt mich, Herr Jeſu! durch deine weiſen
Lehren von dem unterrichtet, was recht und gut, was
dem Willen meines Gottes gemäß iſt! Du haſt mich
durch dein vollkommenes Beyſpiel zu allen Tugenden
ermuntert, durch deinen blutigen Tod von den Stra-
fen der Sünden befreyt und vom ewigen Verderben
gerettet; was empfindet mein Herz gegen dich? Iſt
es mit dankbarer Liebe dir gänzlich ergeben? Iſt es
mein rechter Ernſt, meine Begierden zu kreutzigen, al-
le böſe Lüſte in mir zu tödten und dir zu leben, der
du für mich geſtorben biſt? Neige mein Herz zu dir,
o mein geliebter Erlöſer! Verbinde mich mit dir auf
ewig!

4.

Habe ich die Menſchen, mit denen ich lebe, durch
reine herzliche Liebe zu erfreuen, habe ich ihre Glück-
ſeligkeit aus allen Kräften zu befördern geſucht? Ha-
be ich jeden Schaden, jeden Verdruß, ſo viel in
meinen Kräften ſtand, von ihnen abgewendet? Habe
ich das Geſetz der Gerechtigkeit nie übertretten? Habe
ich durch Wohlthun die Armen unterſtützt, ſo viel es
in meinen Vermögen ſtand! Erfreute ich mich auch
über die Wohlfahrt meines Nebenmenſchen? Unter-
drückte ich Zorn und Rache in meiner Seele? Beſtreb-
te ich mich langmüthig, menſchenfreundlich, geduldig
zu ſeyn? Erzeuge du doch ſelbſt in mir, güttgſter Va-
ter, die rechten Geſinnungen der wahren Menſchen-
liebe, daß ich gelinde gegen die Untergebenen, gehor-
fam gegen die Vorgeſetzten, milde gegen die Dürfti-

gen,
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[24/0028] 3. Du haſt mich, Herr Jeſu! durch deine weiſen Lehren von dem unterrichtet, was recht und gut, was dem Willen meines Gottes gemäß iſt! Du haſt mich durch dein vollkommenes Beyſpiel zu allen Tugenden ermuntert, durch deinen blutigen Tod von den Stra- fen der Sünden befreyt und vom ewigen Verderben gerettet; was empfindet mein Herz gegen dich? Iſt es mit dankbarer Liebe dir gänzlich ergeben? Iſt es mein rechter Ernſt, meine Begierden zu kreutzigen, al- le böſe Lüſte in mir zu tödten und dir zu leben, der du für mich geſtorben biſt? Neige mein Herz zu dir, o mein geliebter Erlöſer! Verbinde mich mit dir auf ewig! 4. Habe ich die Menſchen, mit denen ich lebe, durch reine herzliche Liebe zu erfreuen, habe ich ihre Glück- ſeligkeit aus allen Kräften zu befördern geſucht? Ha- be ich jeden Schaden, jeden Verdruß, ſo viel in meinen Kräften ſtand, von ihnen abgewendet? Habe ich das Geſetz der Gerechtigkeit nie übertretten? Habe ich durch Wohlthun die Armen unterſtützt, ſo viel es in meinen Vermögen ſtand! Erfreute ich mich auch über die Wohlfahrt meines Nebenmenſchen? Unter- drückte ich Zorn und Rache in meiner Seele? Beſtreb- te ich mich langmüthig, menſchenfreundlich, geduldig zu ſeyn? Erzeuge du doch ſelbſt in mir, güttgſter Va- ter, die rechten Geſinnungen der wahren Menſchen- liebe, daß ich gelinde gegen die Untergebenen, gehor- fam gegen die Vorgeſetzten, milde gegen die Dürfti- gen,

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Zitationshilfe: Seiler, Georg Friedrich: Ueber das wahre thätige Christenthum. Erlangen, 1789, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seiler_christentum_1789/28>, abgerufen am 21.11.2024.