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Seiler, Georg Friedrich: Ueber das wahre thätige Christenthum. Erlangen, 1789.

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XII. Vom rechten Gebrauch unserer Lebenszeit und
Kräfte.

Ewiger, gütiger Gott! Schöpfer und Herr mei-
nes Lebens! ich preise dich, daß du mir so manche gu-
te Kräfte Leibes und der Seelen verliehen und sie mir bis-
der nach deiner Gnade erhalten hast. Wie viele von
denen, die mit mir eines Alters waren, liegen bereits
im Moder und Staub, mir aber hast du meine Tage
bisher gefristet und mich zu so manchen nützlichen Wer-
ken gestärkt. Sollte ich nicht billig zurücksehen auf
die Art und Weise, wie ich sie gebrauchte? Habe
ich alle die Stunden, die zu den Geschäften meines
Berufs angewendet werden sollten, getreu und deiner
Absicht gemäs genützt? Hab ich nie mit unnöthigen
Zerstreuungen die kostbaren Augenblicke dieses Lebens
verschwendet, oder in träger Unthätigkeit sie fruchtlos
verstreichen lassen? Habe ich alle die Gaben, die dei-
ne milde Hand mir ertheilte, zum Besten anderer
Menschen, zu meiner eigenen Wohlfahrt und vornehm-
lich zu deiner Verherrlichung recht angewendet? Ach!
wie reuet es mich, daß ich nicht noch mit grösserm
Eifer alles das Gute verrichtet habe, wozu du mich tüch-
tig machtest. Verzeibe mir um Christi willen jeden
Mangel des Eifers, jede Trägheit, dadurch ich dein
gerechtes Misfallen gar wohl verdienet habe. Beve-
stige in mir den Entschluß, alle meine künftigen Ta-
ge nach deinem Willen im Fleiß guter Werke recht
zu gebrauchen. Ach wie so kurz ist unser Leben auf Er-
den, wie bald übereilt uns der Tod; wie unschätzbar
sind die unwiederbringlichen Stunden! Allmächtiger,

gü-
B
XII. Vom rechten Gebrauch unſerer Lebenszeit und
Kräfte.

Ewiger, gütiger Gott! Schöpfer und Herr mei-
nes Lebens! ich preiſe dich, daß du mir ſo manche gu-
te Kräfte Leibes und der Seelen verliehen und ſie mir bis-
der nach deiner Gnade erhalten haſt. Wie viele von
denen, die mit mir eines Alters waren, liegen bereits
im Moder und Staub, mir aber haſt du meine Tage
bisher gefriſtet und mich zu ſo manchen nützlichen Wer-
ken geſtärkt. Sollte ich nicht billig zurückſehen auf
die Art und Weiſe, wie ich ſie gebrauchte? Habe
ich alle die Stunden, die zu den Geſchäften meines
Berufs angewendet werden ſollten, getreu und deiner
Abſicht gemäs genützt? Hab ich nie mit unnöthigen
Zerſtreuungen die koſtbaren Augenblicke dieſes Lebens
verſchwendet, oder in träger Unthätigkeit ſie fruchtlos
verſtreichen laſſen? Habe ich alle die Gaben, die dei-
ne milde Hand mir ertheilte, zum Beſten anderer
Menſchen, zu meiner eigenen Wohlfahrt und vornehm-
lich zu deiner Verherrlichung recht angewendet? Ach!
wie reuet es mich, daß ich nicht noch mit gröſſerm
Eifer alles das Gute verrichtet habe, wozu du mich tüch-
tig machteſt. Verzeibe mir um Chriſti willen jeden
Mangel des Eifers, jede Trägheit, dadurch ich dein
gerechtes Misfallen gar wohl verdienet habe. Beve-
ſtige in mir den Entſchluß, alle meine künftigen Ta-
ge nach deinem Willen im Fleiß guter Werke recht
zu gebrauchen. Ach wie ſo kurz iſt unſer Leben auf Er-
den, wie bald übereilt uns der Tod; wie unſchätzbar
ſind die unwiederbringlichen Stunden! Allmächtiger,

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[17/0021] XII. Vom rechten Gebrauch unſerer Lebenszeit und Kräfte. Ewiger, gütiger Gott! Schöpfer und Herr mei- nes Lebens! ich preiſe dich, daß du mir ſo manche gu- te Kräfte Leibes und der Seelen verliehen und ſie mir bis- der nach deiner Gnade erhalten haſt. Wie viele von denen, die mit mir eines Alters waren, liegen bereits im Moder und Staub, mir aber haſt du meine Tage bisher gefriſtet und mich zu ſo manchen nützlichen Wer- ken geſtärkt. Sollte ich nicht billig zurückſehen auf die Art und Weiſe, wie ich ſie gebrauchte? Habe ich alle die Stunden, die zu den Geſchäften meines Berufs angewendet werden ſollten, getreu und deiner Abſicht gemäs genützt? Hab ich nie mit unnöthigen Zerſtreuungen die koſtbaren Augenblicke dieſes Lebens verſchwendet, oder in träger Unthätigkeit ſie fruchtlos verſtreichen laſſen? Habe ich alle die Gaben, die dei- ne milde Hand mir ertheilte, zum Beſten anderer Menſchen, zu meiner eigenen Wohlfahrt und vornehm- lich zu deiner Verherrlichung recht angewendet? Ach! wie reuet es mich, daß ich nicht noch mit gröſſerm Eifer alles das Gute verrichtet habe, wozu du mich tüch- tig machteſt. Verzeibe mir um Chriſti willen jeden Mangel des Eifers, jede Trägheit, dadurch ich dein gerechtes Misfallen gar wohl verdienet habe. Beve- ſtige in mir den Entſchluß, alle meine künftigen Ta- ge nach deinem Willen im Fleiß guter Werke recht zu gebrauchen. Ach wie ſo kurz iſt unſer Leben auf Er- den, wie bald übereilt uns der Tod; wie unſchätzbar ſind die unwiederbringlichen Stunden! Allmächtiger, gü- B

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Zitationshilfe: Seiler, Georg Friedrich: Ueber das wahre thätige Christenthum. Erlangen, 1789, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seiler_christentum_1789/21>, abgerufen am 16.06.2024.