pse_640.001 ganzen Zusammenhangs erst recht fühlbar. Wieder ist das pse_640.002 besonders an der Gestalt des Ödipus deutlich.
pse_640.003 Im Ende erreicht also die tragische Erschütterung ihre Höhe pse_640.004 und zugleich die Wende in die Erhebung durch die Möglichkeit pse_640.005 des Durchhaltens. Hier geschieht der Durchbruch in die pse_640.006 tieferen Hintergründe, die Seinserhellung, die jedem Kunstwerk pse_640.007 aufgegeben ist, die aber der Tragödie in ganz besonderem pse_640.008 Maße eignet: Durch alles Grauen, alle Erschütterung die pse_640.009 Tatsache eines tiefen, erhellenden und erhebenden Erlebnisses, pse_640.010 das dem Menschen neue Kräfte gibt. In diesem Schluß zeigt pse_640.011 sich die ganze menschliche Bedeutung der Tragödiendichtung. pse_640.012 Sie taucht den Menschen am tiefsten in die Abgründe und pse_640.013 reißt ihn trotzdem und dadurch zugleich in die Höhe, er wird pse_640.014 sich der Gefährlichkeit und der Möglichkeiten des Menschseins pse_640.015 bewußt.
pse_640.016 Wir haben bei der Betrachtung der menschlich-dichterischen pse_640.017 Auffassungsweisen der Welt über Humor und Komik pse_640.018 gesprochen (S. 109 ff., 114 ff.) und dabei beide Haltungen pse_640.019 unterschieden. Der Humor ist eine besondere Form heiterer pse_640.020 Weltsicht: man sieht lächelnd über die Unzulänglichkeiten pse_640.021 der Welt hinweg, vielleicht -- und das ist der tiefere Humor -- pse_640.022 weil man alles Schwere der Welt schon durchgekostet hat. pse_640.023 Aus hoher Überschau wird alles Irdische klein, verliert seine pse_640.024 bedrückende Nähe und erhält so den Schimmer des Liebenswürdigen. pse_640.025 Der Humor muß nicht bloß zart und still-heiter pse_640.026 sein; er kann derb sein und von der Vitalität, dem Lebensübermut pse_640.027 zeugen, die der gesunde Mensch besitzt. Gerade diese pse_640.028 kraftstrotzende Art, sich über das Schwere hinwegsetzen zu pse_640.029 können, ist für die Dramatik auch wichtig. Die Komik dagegen pse_640.030 ist nicht unmittelbar eine menschliche Haltung wie der pse_640.031 Humor, sondern die Farbe, die Gegenstände und Vorgänge pse_640.032 um uns bekommen können, wenn wir sie aus einer bestimmten pse_640.033 inneren Einstellung heraus betrachten: etwas wird komisch pse_640.034 erst durch unsere Sicht darauf. Mit dem Spiel des überlegenen pse_640.035 Geistes entlarven wir Angemaßtes und stürzen es auf seine pse_640.036 Ebene herab. Der Humorist lacht oder lächelt, der Mensch, pse_640.037 der etwas komisch findet, macht es lächerlich. Auch hier gibt pse_640.038 es Spielarten von derbem Spott und überschäumender Ausgelassenheit
pse_640.001 ganzen Zusammenhangs erst recht fühlbar. Wieder ist das pse_640.002 besonders an der Gestalt des Ödipus deutlich.
pse_640.003 Im Ende erreicht also die tragische Erschütterung ihre Höhe pse_640.004 und zugleich die Wende in die Erhebung durch die Möglichkeit pse_640.005 des Durchhaltens. Hier geschieht der Durchbruch in die pse_640.006 tieferen Hintergründe, die Seinserhellung, die jedem Kunstwerk pse_640.007 aufgegeben ist, die aber der Tragödie in ganz besonderem pse_640.008 Maße eignet: Durch alles Grauen, alle Erschütterung die pse_640.009 Tatsache eines tiefen, erhellenden und erhebenden Erlebnisses, pse_640.010 das dem Menschen neue Kräfte gibt. In diesem Schluß zeigt pse_640.011 sich die ganze menschliche Bedeutung der Tragödiendichtung. pse_640.012 Sie taucht den Menschen am tiefsten in die Abgründe und pse_640.013 reißt ihn trotzdem und dadurch zugleich in die Höhe, er wird pse_640.014 sich der Gefährlichkeit und der Möglichkeiten des Menschseins pse_640.015 bewußt.
pse_640.016 Wir haben bei der Betrachtung der menschlich-dichterischen pse_640.017 Auffassungsweisen der Welt über Humor und Komik pse_640.018 gesprochen (S. 109 ff., 114 ff.) und dabei beide Haltungen pse_640.019 unterschieden. Der Humor ist eine besondere Form heiterer pse_640.020 Weltsicht: man sieht lächelnd über die Unzulänglichkeiten pse_640.021 der Welt hinweg, vielleicht — und das ist der tiefere Humor — pse_640.022 weil man alles Schwere der Welt schon durchgekostet hat. pse_640.023 Aus hoher Überschau wird alles Irdische klein, verliert seine pse_640.024 bedrückende Nähe und erhält so den Schimmer des Liebenswürdigen. pse_640.025 Der Humor muß nicht bloß zart und still-heiter pse_640.026 sein; er kann derb sein und von der Vitalität, dem Lebensübermut pse_640.027 zeugen, die der gesunde Mensch besitzt. Gerade diese pse_640.028 kraftstrotzende Art, sich über das Schwere hinwegsetzen zu pse_640.029 können, ist für die Dramatik auch wichtig. Die Komik dagegen pse_640.030 ist nicht unmittelbar eine menschliche Haltung wie der pse_640.031 Humor, sondern die Farbe, die Gegenstände und Vorgänge pse_640.032 um uns bekommen können, wenn wir sie aus einer bestimmten pse_640.033 inneren Einstellung heraus betrachten: etwas wird komisch pse_640.034 erst durch unsere Sicht darauf. Mit dem Spiel des überlegenen pse_640.035 Geistes entlarven wir Angemaßtes und stürzen es auf seine pse_640.036 Ebene herab. Der Humorist lacht oder lächelt, der Mensch, pse_640.037 der etwas komisch findet, macht es lächerlich. Auch hier gibt pse_640.038 es Spielarten von derbem Spott und überschäumender Ausgelassenheit
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pse_640.003
Im Ende erreicht also die tragische Erschütterung ihre Höhe pse_640.004
und zugleich die Wende in die Erhebung durch die Möglichkeit pse_640.005
des Durchhaltens. Hier geschieht der Durchbruch in die pse_640.006
tieferen Hintergründe, die Seinserhellung, die jedem Kunstwerk pse_640.007
aufgegeben ist, die aber der Tragödie in ganz besonderem pse_640.008
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das dem Menschen neue Kräfte gibt. In diesem Schluß zeigt pse_640.011
sich die ganze menschliche Bedeutung der Tragödiendichtung. pse_640.012
Sie taucht den Menschen am tiefsten in die Abgründe und pse_640.013
reißt ihn trotzdem und dadurch zugleich in die Höhe, er wird pse_640.014
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pse_640.016
Wir haben bei der Betrachtung der menschlich-dichterischen pse_640.017
Auffassungsweisen der Welt über Humor und Komik pse_640.018
gesprochen (S. 109 ff., 114 ff.) und dabei beide Haltungen pse_640.019
unterschieden. Der Humor ist eine besondere Form heiterer pse_640.020
Weltsicht: man sieht lächelnd über die Unzulänglichkeiten pse_640.021
der Welt hinweg, vielleicht — und das ist der tiefere Humor — pse_640.022
weil man alles Schwere der Welt schon durchgekostet hat. pse_640.023
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kraftstrotzende Art, sich über das Schwere hinwegsetzen zu pse_640.029
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Humor, sondern die Farbe, die Gegenstände und Vorgänge pse_640.032
um uns bekommen können, wenn wir sie aus einer bestimmten pse_640.033
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 640. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/656>, abgerufen am 23.11.2024.
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