pse_527.001 Lage zurück. Es bleibt ein Rest, der eben die Erzählerpersönlichkeit pse_527.002 ist.
pse_527.003 Das im Epos erzählte Geschehen ist durch ganz bestimmte pse_527.004 Merkmale gekennzeichnet. Vor allem: dieses Geschehen pse_527.005 wird in reinster Form erzählt. Auch dort, wo der Dichter pse_527.006 Gespräche bringt, sind sie durch die Einleitung und die Überleitung pse_527.007 immer in den Erzählvorgang eingefügt. Die ständigen pse_527.008 homerischen Formeln der Redeeinleitung sind eindeutige pse_527.009 Zeichen des fortlaufenden Erzählens. Das Geschehen vollzieht pse_527.010 sich in einem deutlichen Zeitablauf: die Sonne geht auf pse_527.011 und unter, die Nacht bricht herein, es vergehen Tage, Monate, pse_527.012 Jahre. Meist könnte man den Inhalt als Fahrt des Helden durch pse_527.013 die Welt bezeichnen. Aber dabei entwickelt sich der Held pse_527.014 selbst nicht. Er wird nicht älter und macht auch keine innere pse_527.015 seelische Entwicklung mit. Achilles, Nestor, Odysseus, Aeneas pse_527.016 sind in sich ruhende Persönlichkeiten, die sich im Epos einfach pse_527.017 in ihrem Dasein entfalten. In Dantes Werk allerdings macht pse_527.018 der Ich-Held reiche Erfahrungen, aber hier tritt er als Persönlichkeit pse_527.019 stark zurück, er ist mehr der Beobachtende. Im pse_527.020 Nibelungenlied bleiben sich Hagen, Siegfried, Gunther, Giselher pse_527.021 (das Kind) immer gleich, nur bei Kriemhild ist eine Wandlung pse_527.022 gestaltet. Ganz anders wieder Parzival, der deutlich seelisch pse_527.023 geformt wird. Es scheint also, daß hier verschiedene pse_527.024 Möglichkeiten des Epos vorliegen, wohl entsprechend der pse_527.025 Kulturstufe, in der es entstanden ist. Aber die Fahrt des Helden pse_527.026 hat eine besondere Bedeutung: das Weltbild entfaltet sich pse_527.027 ununterbrochen in immer größere Weite, der sinnvolle Kosmos, pse_527.028 in dem sich der großepische Vorgang abspielt, wird immer pse_527.029 reicher, vollständiger und bedeutsamer. Diese Weltweitung pse_527.030 ist ein besonders vordringliches Anliegen des Epikers: pse_527.031 deshalb vermag er auch leicht, den Vorgang oft an einer sehr pse_527.032 erregenden Stelle abzubrechen und einen Blick zurück oder pse_527.033 ins Weite einzuschalten. Wenn in den Kämpfen der "Ilias" pse_527.034 ein neuer Held auftritt, so wird mitten in der spannenden pse_527.035 Handlung die Geschichte des Helden und meist auch seiner pse_527.036 Vorfahren erzählt. Wenn im 15. Gesang Poseidon von Zeus pse_527.037 den Befehl bekommt, sich vom Kampf zurückzuziehen, so pse_527.038 erzählt der Meergott trotz aller Empörung die Geschichte der
pse_527.001 Lage zurück. Es bleibt ein Rest, der eben die Erzählerpersönlichkeit pse_527.002 ist.
pse_527.003 Das im Epos erzählte Geschehen ist durch ganz bestimmte pse_527.004 Merkmale gekennzeichnet. Vor allem: dieses Geschehen pse_527.005 wird in reinster Form erzählt. Auch dort, wo der Dichter pse_527.006 Gespräche bringt, sind sie durch die Einleitung und die Überleitung pse_527.007 immer in den Erzählvorgang eingefügt. Die ständigen pse_527.008 homerischen Formeln der Redeeinleitung sind eindeutige pse_527.009 Zeichen des fortlaufenden Erzählens. Das Geschehen vollzieht pse_527.010 sich in einem deutlichen Zeitablauf: die Sonne geht auf pse_527.011 und unter, die Nacht bricht herein, es vergehen Tage, Monate, pse_527.012 Jahre. Meist könnte man den Inhalt als Fahrt des Helden durch pse_527.013 die Welt bezeichnen. Aber dabei entwickelt sich der Held pse_527.014 selbst nicht. Er wird nicht älter und macht auch keine innere pse_527.015 seelische Entwicklung mit. Achilles, Nestor, Odysseus, Aeneas pse_527.016 sind in sich ruhende Persönlichkeiten, die sich im Epos einfach pse_527.017 in ihrem Dasein entfalten. In Dantes Werk allerdings macht pse_527.018 der Ich-Held reiche Erfahrungen, aber hier tritt er als Persönlichkeit pse_527.019 stark zurück, er ist mehr der Beobachtende. Im pse_527.020 Nibelungenlied bleiben sich Hagen, Siegfried, Gunther, Giselher pse_527.021 (das Kind) immer gleich, nur bei Kriemhild ist eine Wandlung pse_527.022 gestaltet. Ganz anders wieder Parzival, der deutlich seelisch pse_527.023 geformt wird. Es scheint also, daß hier verschiedene pse_527.024 Möglichkeiten des Epos vorliegen, wohl entsprechend der pse_527.025 Kulturstufe, in der es entstanden ist. Aber die Fahrt des Helden pse_527.026 hat eine besondere Bedeutung: das Weltbild entfaltet sich pse_527.027 ununterbrochen in immer größere Weite, der sinnvolle Kosmos, pse_527.028 in dem sich der großepische Vorgang abspielt, wird immer pse_527.029 reicher, vollständiger und bedeutsamer. Diese Weltweitung pse_527.030 ist ein besonders vordringliches Anliegen des Epikers: pse_527.031 deshalb vermag er auch leicht, den Vorgang oft an einer sehr pse_527.032 erregenden Stelle abzubrechen und einen Blick zurück oder pse_527.033 ins Weite einzuschalten. Wenn in den Kämpfen der »Ilias« pse_527.034 ein neuer Held auftritt, so wird mitten in der spannenden pse_527.035 Handlung die Geschichte des Helden und meist auch seiner pse_527.036 Vorfahren erzählt. Wenn im 15. Gesang Poseidon von Zeus pse_527.037 den Befehl bekommt, sich vom Kampf zurückzuziehen, so pse_527.038 erzählt der Meergott trotz aller Empörung die Geschichte der
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Lage zurück. Es bleibt ein Rest, der eben die Erzählerpersönlichkeit pse_527.002
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Das im Epos erzählte Geschehen ist durch ganz bestimmte pse_527.004
Merkmale gekennzeichnet. Vor allem: dieses Geschehen pse_527.005
wird in reinster Form erzählt. Auch dort, wo der Dichter pse_527.006
Gespräche bringt, sind sie durch die Einleitung und die Überleitung pse_527.007
immer in den Erzählvorgang eingefügt. Die ständigen pse_527.008
homerischen Formeln der Redeeinleitung sind eindeutige pse_527.009
Zeichen des fortlaufenden Erzählens. Das Geschehen vollzieht pse_527.010
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seelische Entwicklung mit. Achilles, Nestor, Odysseus, Aeneas pse_527.016
sind in sich ruhende Persönlichkeiten, die sich im Epos einfach pse_527.017
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stark zurück, er ist mehr der Beobachtende. Im pse_527.020
Nibelungenlied bleiben sich Hagen, Siegfried, Gunther, Giselher pse_527.021
(das Kind) immer gleich, nur bei Kriemhild ist eine Wandlung pse_527.022
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erregenden Stelle abzubrechen und einen Blick zurück oder pse_527.033
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 527. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/543>, abgerufen am 23.11.2024.
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