pse_370.001 Ordnungsschema nicht einfügen, ohne daß sie an Wert pse_370.002 verlieren. Besonders seit der Romantik sind solche Verschwebungen pse_370.003 zu beobachten.
pse_370.004 Bildung von Typen
pse_370.005 Während wir im Vorangehenden aus dem Bereich allgemeiner pse_370.006 Einsichten in immer vorhandene dichterische Möglichkeiten pse_370.007 zu den geschichtlichen Bedingtheiten übergegangen pse_370.008 sind, wollen wir jetzt noch einmal aus dem Geschichtlichen pse_370.009 zu den dauernden Typen aufsteigen. Die Gewinnung solcher pse_370.010 nun eben wieder zeitlosen Typen stellt uns vor methodische pse_370.011 Schwierigkeiten. Es handelt sich darum, aus Dichtungen, die pse_370.012 zu einer bestimmten Gattung oder Art gehören, das Typische, pse_370.013 das Grundlegende und Wesenhafte, das die Dichtungen einer pse_370.014 solchen Gattung oder Art verbindet, herauszuschälen. Das pse_370.015 könnte zunächst auch einmal aus einer einzelnen Dichtung pse_370.016 gewonnen werden, wenn wir tief genug in ihre Eigenart pse_370.017 hinunterschauen, um gleichsam das Wesentliche ihrer künstlerischen pse_370.018 Gestaltung in den Blick zu bekommen. Aber zuerst pse_370.019 müßte feststehen, ob diese Dichtung ein wesentlicher Vertreter pse_370.020 des Typs ist. Homers Epen sind Beispiele für eine bestimmte pse_370.021 Art epischer Gestaltung, kaum für alle; man denke pse_370.022 an die altgermanischen Heldenlieder. Hier bestünde also die pse_370.023 Gefahr, einen engeren als den gesuchten Typus zu finden. pse_370.024 Ein anderer Weg ist es, aus einem Blick über alle zur Gattung pse_370.025 gehörenden Einzelwerke, also durch Abstraktion, auf die pse_370.026 gemeinsamen Wesenszüge zu kommen. Aber abgesehen von pse_370.027 der Fülle der Werke gibt sich sofort die Schwierigkeit, daß pse_370.028 man also doch schon die bestimmenden Merkmale der Gattung pse_370.029 haben müßte, wenn man wissen will, welche Werke zur pse_370.030 Gattung gehören. Auch eine Gattungsgeschichte ist nur möglich, pse_370.031 wenn man zuvor einen Einblick in die Wesenszüge der pse_370.032 Gattung hat. So bleibt nur der Weg der gegenseitigen Korrektur: pse_370.033 durch die Betrachtung einer Fülle von Dichtungen pse_370.034 gelangt man immer mehr zum Wesen, und je mehr wir das pse_370.035 Wesen erfassen, desto besser werden wir die Zugehörigkeit
pse_370.001 Ordnungsschema nicht einfügen, ohne daß sie an Wert pse_370.002 verlieren. Besonders seit der Romantik sind solche Verschwebungen pse_370.003 zu beobachten.
pse_370.004 Bildung von Typen
pse_370.005 Während wir im Vorangehenden aus dem Bereich allgemeiner pse_370.006 Einsichten in immer vorhandene dichterische Möglichkeiten pse_370.007 zu den geschichtlichen Bedingtheiten übergegangen pse_370.008 sind, wollen wir jetzt noch einmal aus dem Geschichtlichen pse_370.009 zu den dauernden Typen aufsteigen. Die Gewinnung solcher pse_370.010 nun eben wieder zeitlosen Typen stellt uns vor methodische pse_370.011 Schwierigkeiten. Es handelt sich darum, aus Dichtungen, die pse_370.012 zu einer bestimmten Gattung oder Art gehören, das Typische, pse_370.013 das Grundlegende und Wesenhafte, das die Dichtungen einer pse_370.014 solchen Gattung oder Art verbindet, herauszuschälen. Das pse_370.015 könnte zunächst auch einmal aus einer einzelnen Dichtung pse_370.016 gewonnen werden, wenn wir tief genug in ihre Eigenart pse_370.017 hinunterschauen, um gleichsam das Wesentliche ihrer künstlerischen pse_370.018 Gestaltung in den Blick zu bekommen. Aber zuerst pse_370.019 müßte feststehen, ob diese Dichtung ein wesentlicher Vertreter pse_370.020 des Typs ist. Homers Epen sind Beispiele für eine bestimmte pse_370.021 Art epischer Gestaltung, kaum für alle; man denke pse_370.022 an die altgermanischen Heldenlieder. Hier bestünde also die pse_370.023 Gefahr, einen engeren als den gesuchten Typus zu finden. pse_370.024 Ein anderer Weg ist es, aus einem Blick über alle zur Gattung pse_370.025 gehörenden Einzelwerke, also durch Abstraktion, auf die pse_370.026 gemeinsamen Wesenszüge zu kommen. Aber abgesehen von pse_370.027 der Fülle der Werke gibt sich sofort die Schwierigkeit, daß pse_370.028 man also doch schon die bestimmenden Merkmale der Gattung pse_370.029 haben müßte, wenn man wissen will, welche Werke zur pse_370.030 Gattung gehören. Auch eine Gattungsgeschichte ist nur möglich, pse_370.031 wenn man zuvor einen Einblick in die Wesenszüge der pse_370.032 Gattung hat. So bleibt nur der Weg der gegenseitigen Korrektur: pse_370.033 durch die Betrachtung einer Fülle von Dichtungen pse_370.034 gelangt man immer mehr zum Wesen, und je mehr wir das pse_370.035 Wesen erfassen, desto besser werden wir die Zugehörigkeit
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pse_370.004
Bildung von Typen pse_370.005
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Einsichten in immer vorhandene dichterische Möglichkeiten pse_370.007
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nun eben wieder zeitlosen Typen stellt uns vor methodische pse_370.011
Schwierigkeiten. Es handelt sich darum, aus Dichtungen, die pse_370.012
zu einer bestimmten Gattung oder Art gehören, das Typische, pse_370.013
das Grundlegende und Wesenhafte, das die Dichtungen einer pse_370.014
solchen Gattung oder Art verbindet, herauszuschälen. Das pse_370.015
könnte zunächst auch einmal aus einer einzelnen Dichtung pse_370.016
gewonnen werden, wenn wir tief genug in ihre Eigenart pse_370.017
hinunterschauen, um gleichsam das Wesentliche ihrer künstlerischen pse_370.018
Gestaltung in den Blick zu bekommen. Aber zuerst pse_370.019
müßte feststehen, ob diese Dichtung ein wesentlicher Vertreter pse_370.020
des Typs ist. Homers Epen sind Beispiele für eine bestimmte pse_370.021
Art epischer Gestaltung, kaum für alle; man denke pse_370.022
an die altgermanischen Heldenlieder. Hier bestünde also die pse_370.023
Gefahr, einen engeren als den gesuchten Typus zu finden. pse_370.024
Ein anderer Weg ist es, aus einem Blick über alle zur Gattung pse_370.025
gehörenden Einzelwerke, also durch Abstraktion, auf die pse_370.026
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der Fülle der Werke gibt sich sofort die Schwierigkeit, daß pse_370.028
man also doch schon die bestimmenden Merkmale der Gattung pse_370.029
haben müßte, wenn man wissen will, welche Werke zur pse_370.030
Gattung gehören. Auch eine Gattungsgeschichte ist nur möglich, pse_370.031
wenn man zuvor einen Einblick in die Wesenszüge der pse_370.032
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/386>, abgerufen am 22.11.2024.
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