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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959.

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ist die Einigung des Spontanen, des unmittelbaren Impulses pse_309.002
und wohlüberdachter Planmäßigkeit, des Besonderen und pse_309.003
des Allgemeinen, Willkürlichen und Gesetzlichen, jene pse_309.004
Einigung also, die sich am deutlichsten in der klassischen Sitte pse_309.005
bewährt, wo alles, was die Pflicht gebietet, aus Neigung, aus pse_309.006
Liebe geleistet wird. Und klassisch ist die Steigerung des individuellen pse_309.007
Daseins zum Typus, so daß der einzelne Künstler pse_309.008
zum Repräsentanten des ganzen Geschlechts wird." Vollendet pse_309.009
scheint das Klassische in allen seinen Zügen in der folgenden pse_309.010
Stelle der "Iphigenie": in der Fülle und Harmonie der sprachlichen pse_309.011
Bilder, in der erhabenen Gestaltungsebene, die natürlich pse_309.012
dem Klassischen zukommt, in der breiten Bewegung, im pse_309.013
Lebendigen, in der Verschmelzung des Konkreten und des pse_309.014
Wesenhaften:

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Ihr Götter, die mit flammender Gewalt pse_309.016
Ihr schwere Wolken aufzuzehren wandelt pse_309.017
Und gnädig-ernst den lang' erflehten Regen pse_309.018
Mit Donnerstimmen und mit Windesbrausen pse_309.019
In wilden Strömen auf die Erde schüttet, pse_309.020
Doch bald der Menschen grausendes Erwarten pse_309.021
In Segen auflöst und das bange Staunen pse_309.022
In Freudeblick und lauten Dank verwandelt, pse_309.023
Wenn in den Tropfen frisch erquickter Blätter pse_309.024
Die neue Sonne tausendfach sich spiegelt pse_309.025
Und Iris freundlich bunt mit leichter Hand pse_309.026
Den grauen Flor der letzten Wolken trennt: pse_309.027
O laßt mich auch in meiner Schwester Armen, pse_309.028
An meines Freundes Brust, was ihr mir gönnt, pse_309.029
Mit vollem Dank genießen und behalten! pse_309.030
Es löset sich der Fluch, mir sagt's das Herz. pse_309.031
Die Eumeniden ziehn, ich höre sie, pse_309.032
Zum Tartarus und schlagen hinter sich pse_309.033
Die ehrnen Tore fernabdonnernd zu. pse_309.034
Die Erde dampft erquickenden Geruch pse_309.035
Und ladet mich auf ihren Flächen ein, pse_309.036
Nach Lebensfreud und großer Tat zu jagen.
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   (Schluß dritter Aufzug)

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Mit Recht wird beobachtet, daß solche klassische Kunst pse_309.039
nur immer in wenigen höchsten Augenblicken gelingt. pse_309.040
Wenn aber versucht wird, diesen Augenblicken Dauer zu pse_309.041
verleihen, werden aus den schöpferischen Leistungen Normen

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ist die Einigung des Spontanen, des unmittelbaren Impulses pse_309.002
und wohlüberdachter Planmäßigkeit, des Besonderen und pse_309.003
des Allgemeinen, Willkürlichen und Gesetzlichen, jene pse_309.004
Einigung also, die sich am deutlichsten in der klassischen Sitte pse_309.005
bewährt, wo alles, was die Pflicht gebietet, aus Neigung, aus pse_309.006
Liebe geleistet wird. Und klassisch ist die Steigerung des individuellen pse_309.007
Daseins zum Typus, so daß der einzelne Künstler pse_309.008
zum Repräsentanten des ganzen Geschlechts wird.« Vollendet pse_309.009
scheint das Klassische in allen seinen Zügen in der folgenden pse_309.010
Stelle der »Iphigenie«: in der Fülle und Harmonie der sprachlichen pse_309.011
Bilder, in der erhabenen Gestaltungsebene, die natürlich pse_309.012
dem Klassischen zukommt, in der breiten Bewegung, im pse_309.013
Lebendigen, in der Verschmelzung des Konkreten und des pse_309.014
Wesenhaften:

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Ihr Götter, die mit flammender Gewalt pse_309.016
Ihr schwere Wolken aufzuzehren wandelt pse_309.017
Und gnädig-ernst den lang' erflehten Regen pse_309.018
Mit Donnerstimmen und mit Windesbrausen pse_309.019
In wilden Strömen auf die Erde schüttet, pse_309.020
Doch bald der Menschen grausendes Erwarten pse_309.021
In Segen auflöst und das bange Staunen pse_309.022
In Freudeblick und lauten Dank verwandelt, pse_309.023
Wenn in den Tropfen frisch erquickter Blätter pse_309.024
Die neue Sonne tausendfach sich spiegelt pse_309.025
Und Iris freundlich bunt mit leichter Hand pse_309.026
Den grauen Flor der letzten Wolken trennt: pse_309.027
O laßt mich auch in meiner Schwester Armen, pse_309.028
An meines Freundes Brust, was ihr mir gönnt, pse_309.029
Mit vollem Dank genießen und behalten! pse_309.030
Es löset sich der Fluch, mir sagt's das Herz. pse_309.031
Die Eumeniden ziehn, ich höre sie, pse_309.032
Zum Tartarus und schlagen hinter sich pse_309.033
Die ehrnen Tore fernabdonnernd zu. pse_309.034
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Und ladet mich auf ihren Flächen ein, pse_309.036
Nach Lebensfreud und großer Tat zu jagen.
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Mit Recht wird beobachtet, daß solche klassische Kunst pse_309.039
nur immer in wenigen höchsten Augenblicken gelingt. pse_309.040
Wenn aber versucht wird, diesen Augenblicken Dauer zu pse_309.041
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Zitationshilfe: Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/325>, abgerufen am 22.11.2024.